Der Sieg der Schweiz in der WM-Qualifikation gegen die Färöer wird nicht als glanzvolles Produkt in die Geschichte eingehen - aber die Art und Weise, wie sauber und konzentriert die Mannschaft sich der unangenehmen Aufgabe entledigte, macht Hoffnung. Ebenso wie die Statistik.

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Vladimir Petkovic hat Wort gehalten. Vor dem Spiel gegen die Färöer hatte sich der Schweizer Nati-Trainer in der ihm sachlichen Art geäussert, er würde es schön finden, wenn seine Mannschaft zum Abschluss des Jahres noch einmal gewänne.

Als dann die Fans aus der "Swissporarena" in Luzern strömten und Petkovic vor den Journalisten Platz nahm, sagte er genau das: "Es ist schön, mit einem Sieg in die Pause zu gehen."

Die Schweizer Nationalmannschaft hat das Jahr 2016 mit einem 2:0-Sieg über die Färöer beschlossen. Das war zu erwarten, wenngleich die Kicker vom Archipel längst nicht mehr so klein sind, wie sie von manch einem noch gehalten werden.

Die Spieler von der Schafinsel können recht biestig und widerborstig sein, die vier Punkte aus den drei Spielen zuvor in der WM-Qualifikation haben sie nicht gestohlen, sondern ehrbar erspielt.

Solide, nüchterne Arbeit

Aber die Schweiz ist eben auch die Schweiz, und sie hat sich nicht einlullen lassen von den Understatements des Gegners und der vermeintlich übergrossen eigenen Stärke. Vielleicht hat auch das mühselige 2:1 zuletzt gegen Andorra - tatsächlich eine Fussball-Nation, die noch winziger wirkt als die Färöer - die Sinne zusätzlich geschärft.

Also durften 14.800 Fans im Stadion im Prinzip von der ersten Minute an nur über die Höhe des Sieges debattieren. Die Schweiz spielte kühl, konzentriert und unprätentiös. Es war kein Platz für Zauberfussball oder Kunststückchen. In diesem Spiel ging es um solide Arbeit, und die lieferte die Mannschaft ab.

Trainer Petkovic bewies einmal mehr ein gutes Näschen bei der Aufstellung. Angreifer Haris Seferovic musste etwas überraschend auf der Bank Platz nehmen, dafür kam Eren Derdiyok nach über einem Jahr mal wieder zu einem Startelfeinsatz. Nach ein paar vergebenen Chancen war es dann der Galatasaray-Star, der die Mannschaft mit seinem Führungstreffer zusätzlich beruhigte.

Die paar Sequenzen zuvor beim Torabschluss behagten Petkovic nicht, was der Trainer danach auch offen zugab: "Wir hätten viel mehr Tore erzielen müssen. Aber offenbar waren wir teilweise etwas überheblich."

Dreimal visierten seine Spieler das Aluminium an, vergaben zudem eine gute Handvoll anderer Gelegenheiten und mussten deswegen bis in die Schlussphase auch immer ein wenig zittern.

Warnungen wurden gehört

Dann köpfte ein Aussenverteidiger, Captain Stephan Lichtsteiner, eine Flanke des anderen Aussenverteidigers, Ricardo Rodriguez, aus sechs Metern ins Tor und beseitigte auch die restlichen Zweifel. Denn wirklich gefährlich wurden die Gäste nicht, was an der konzentrierten Defensivleistung der Schweizer lag, die Petkovic an erster Stelle goutierte. "Wir waren gegen den Ball sehr wach und aufmerksam. Wir haben kaum etwas zugelassen, das war der Grundstein zum Sieg."

Seine und die Warnungen von etwa Valon Behrami vor dem Spiel kamen offenbar bei der Mannschaft an. "Im Kopf" würden solche Spiele in erster Linie entschieden, sagten beide unisono. 110 Prozent Respekt und 120 Prozent Leistung seien notwendig.
Nun, ganz so doll musste sich die Mannschaft dann auch nicht anstrengen. Aber das Team legte trotzdem einen unaufgeregten, sehr stabilen Auftritt hin, ganz im Stile einer Spitzenmannschaft. Und als eine solche darf sich die Schweiz immerhin in ihrem Mikrokosmos der Gruppe B sehen.

Quali-Rekord eingestellt

Der vierte Sieg im vierten Spiel bedeutet die Verteidigung der Tabellenspitze. Die Schweiz hat fast die komplette Range an Siegen eingefahren: den Sensationstriumph gegen Portugal, den Last-Minute-Genuss gegen Ungarn, die abgewandte Schmach gegen Andorra und nun eben den Arbeitssieg gegen die Färöer. Als nächster Gegner wartet im Frühjahr Lettland. Das dürfte für diese Schweizer Mannschaft eigentlich kein Stolperstein werden.

Den Rekord von vier Siegen in Folge zum Start einer Qualifikationskampagne hat die Mannschaft schon eingestellt. Nur 1970 gelang dies im Rahmen der Qualifikation für die EM 1972, am Ende verpasste die Nati aber trotzdem die Endrunde in Deutschland.

Das dürfte dieses Mal etwas anders kommen. Portugal bleibt der schärfste Kontrahent. Aber wenn die Schweiz weiter fleissig ihre Pflichtaufgaben löst, lässt es sich mit einem 2:0-Vorsprung im Kreuz in knapp einem Jahr gut gewappnet zum vermeintlichen Showdown in Portugal reisen.

Denn dass die Mannschaft sich erinnern könnte, wie sich eine Niederlage in der WM-Quali anfühlt, scheint fraglich. Aus den letzten 22 Partien gab es seit 2008 bärenstarke 17 Siege und fünf Remis. Aber eben keine Niederlage mehr. Die letzte setzte es im September 2008 zu Hause gegen Luxemburg (1:2). Danach hielten sich Schweizer Mannschaften stets schadlos.

Und sollte bis zum Portugal-Spiel doch noch etwas nicht nach Plan laufen, kann sich Petkovic auf die Widerstandskraft seiner Mannschaft verlassen. "Das Team hat einen sehr starken Charakter. Wir mussten schon einige schwierige Situationen überstehen. Jetzt stehen wir verdient bei zwölf Punkten."

Das Spiel gegen die Färöer war ein Fortschritt. Nicht des Ergebnisses oder der überschwänglichen Spielweise wegen. Sondern weil die Mannschaft gezeigt hat, dass sie Ausfälle (Shaqiri, Embolo) kompensieren kann und auch mit einem sehr destruktiven Gegner (wieder besser) zurechtkommt. Denn das ist es, was ordentliche von sehr guten Mannschaften unterscheidet: die Gabe, sich auf die jeweiligen Gegebenheiten anzupassen und die Aufgaben zu lösen.

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