Bitterer geht es kaum: Deutschland spielt im vierten Spiel der Basketball-Europameisterschaft gegen Italien lange Zeit gross auf, verliert den Krimi aber in der Verlängerung. Dennis Schröder legt eine glänzende Performance aufs Parkett, trägt aber auch Schuld an der Pleite. Doch wer ist dieser Typ eigentlich, der es sogar wagt, sich nach der Niederlage öffentlich mit seinem Trainer anzulegen?
Deutschland führt mit drei Punkten. Nicht mal eine Minute ist in der regulären Spielzeit noch zu absolvieren. Italien hat den Ball. Und Deutschland begeht ein absichtliches Foul, um den Gegner an die Freiwurflinie zu schicken - auf Anweisung des Trainers Chris Fleming. Es ist eine strittige Entscheidung des DBB-Coaches. Vor allem im Nachhinein, da sein Plan nicht aufgeht und die EM-Partie am Mittwoch gegen die Italiener schlussendlich in der Verlängerung mit 82:89 verloren geht. "Ich habe dem Coach abgeraten, kurz vor Schluss absichtlich zu foulen", kritisierte Aufbauspieler Dennis Schröder seinen Trainer öffentlich nach dem Match: "Das war nicht smart."
Harte Worte. Und das von einem 21-Jährigen. Immerhin hat sich
Allerdings wären Fleming ohnehin die Hände gebunden. Denn auf Schröder, der gegen Italien 29 Punkte und damit doppelt so viele wie der zweitbeste Scorer des deutschen Teams (
Die zwei Gesichter des Dennis Schröder
Auch wenn Nowitzki immer noch den grösseren Namen hat, ist Schröder mittlerweile der wichtigste Spieler im DBB-Team. "Dennis war fantastisch heute", lobte auch der mittlerweile 37-jährige Nowitzki den gut 16 Jahre jüngeren Point Guard nach der Niederlage gegen Italien: "Unser Plan war, dass er die Italiener attackieren und über das ganze Feld verteidigen muss. Das hat er grossartig gemacht."
Doch zu den vielen starken Aktionen gesellen sich auch immer wieder Schlampigkeiten im Spiel des Sohnes eines deutschen Vaters und einer gambischen Mutter. In der Schlussphase der regulären Spielzeit gegen Italien, der sogenannten "Crunch Time", vertändelte Schröder den Ball durch zu risikoreiche Pässe beinahe, vergab zudem einen wichtigen Freiwurf. Und in der Verlängerung war es sein Ballverlust - als er foulverdächtig beim Zug zum Korb gestoppt wurde - der am Ende die Niederlage besiegelte.
Diese Aktionen verdeutlichen, dass Schröder noch kein Star ist. Und sie geben den Kritikern, die Schröder eine zu arrogante und eigensinnige Spielweise unterstellen, neue Nahrung. "Ich spiele nicht für die Galerie, das habe ich noch nie gemacht", rechtfertigte sich Schröder bereits vor einigen Monaten in einem Interview mit der "Welt am Sonntag" für seine Spielweise. "Ich war früher halt etwas anders als der Durchschnitt. Und einen Typen wie mich kannten die Trainer noch nicht", sagt der deutsche Aufbauspieler, der im Team als "Fashion Victim" verschrien ist, eine eigene Kleidungskollektion hat und eigenen Aussagen zufolge etwa 250 bis 300 Paar Schuhe besitzt.
Schicksalsschlag mit 16 Jahren
Im selben Interview spricht Schröder auch über einen Schicksalsschlag, den er mit 16 Jahren zu bewältigen hatte: den Tod seines Vaters. Durch diesen sei er zu dem Spieler gereift, der er heute ist: "Eine Woche bevor er starb, gab ich ihm dann das Versprechen, dass ich es schaffen werde. Nach seinem Tod wurde ich ein anderer Dennis Schröder. Meine Einstellung änderte sich radikal. Ich trainierte wie ein Wahnsinniger, war bei jedem Training früher da. Ich wollte zu meinem Wort stehen."
Und das hat sich ausgezahlt. Schröder, der mit seinem Markenzeichen, dem blonden Tupfer im Haar, bis zu seinem Karriereende spielen möchte, schaffte den Sprung von Braunschweig über den grossen Teich in die beste Basketball-Liga der Welt. Bei den Atlanta Hawks, die im vergangenen Mai erst im NBA-Halbfinale an den Cleveland Cavaliers scheiterten, ist Schröder der erste Ersatzmann für Aufbauspieler Jeff Teague. Der deutsche Point Guard sucht immer wieder den direkten Weg zum Korb, lebt seine Schnelligkeit und Athletik voll aus. Auch an seiner wohl immer noch grössten Schwäche, dem Distanzwurf, hat Schröder hart gearbeitet.
Schröder ist mit seinen 21 Jahren noch längst nicht am Ende seiner Entwicklung angekommen. Und auch ein Nowitzki war in diesem Alter noch kein Superstar. Dass Schröder in der "Crunch Time", die er in der NBA noch meist auf der Bank erlebt, nicht immer die besten Entscheidungen trifft, sollte dem Point Guard in diesem Alter zugestanden werden.
Sollte Deutschland die Partie gegen Spanien offen gestalten können, stehen vielmehr die erfahrenen Spieler wie Nowitzki oder der 31-jährige Heiko Schaffartzik in der Pflicht, ihrem Mitspieler die Last von den Schultern zu nehmen. Denn so talentiert Schröder auch ist: Alleine kann er ein Spiel nicht gewinnen. Erst Recht nicht heute gegen diese weltklasse besetzte spanische Mannschaft.
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