Die Nachricht hat eingeschlagen wie eine Bombe: Boris Becker wird der neue Trainer von Novak Djokovic. Bei all der in den Medien ausgelösten Euphorie bleibt eine wichtige Frage: Was kann Boris Becker dem aktuell Zweiten der ATP-Weltrangliste noch beibringen und wie fest ist die deutsche Legende in das aktive Training eingebunden? Dazu haben wir mit Ex-Tennis-Profi und Eurosport-Kommentator Markus Zoecke gesprochen.
Am Mittwoch ging ein Raunen durch die internationale Tennisszene. Zur Überraschung vieler vermeldete das Team um den serbischen Tennisprofi
"Ich bin total begeistert, die Möglichkeit zu haben, mit Boris zu arbeiten. Er ist eine wahre Legende", verkündete Djokovic in einer gestern veröffentlichten Pressemitteilung. Auch Boris Becker zeigt sich euphorisch: "Ich bin stolz, dass Novak mich gefragt hat, sein Coach zu sein".
Aber wie kann Boris Becker, der bisher kaum Trainer-Erfahrung vorweisen kann, einem der besten Spieler der Welt helfen?
Experte sieht Becker in Beraterfunktion
Ex-Tennis-Profi und Eurosport-Kommentator Markus Zoecke sieht Becker in seiner neuen Rolle anders als gedacht: "Einen Trainer mit langjähriger Erfahrung hat Djokovic in Marian Vajda. Der bleibt ja auch im Trainerstab. Deswegen sehe ich Herrn Becker nicht in einer Trainerfunktion, sondern eher als Berater. Er wird für den Feinschliff zuständig sein. Hier geht es viel mehr um Erfahrungswerte für Situationen wie das Finale eines Grand-Slam-Turnieres, die ein Boris Becker sicherlich vermitteln kann."
Zudem fügt der Experte an, sich kaum vorstellen zu können, dass Becker auch tatsächlich auf dem Trainingsplatz steht: "Sind wir doch mal ehrlich. Boris ist einfach nicht mehr in der Verfassung für lange Trainingseinheiten. Aber dafür gibt es Sparringspartner. Auch ein Ivan Lendl steht ja beim Training kaum noch auf dem Platz".
In den Medien wird der Grund für die Becker-Verpflichtung vor allem wegen seiner Erfahrung im Netzspiel gesehen. Eurosport-Mann Markus Zoecke will dieser Ansicht nicht all zu viel Glauben schenken: "Djokovic kann doch schon alles, auch am Netz spielen. Vielleicht kann ihm Boris noch ein Paar Tipps bezüglich der Unterschiede zum Volley auf Sand und Rasen geben. Aber das war es auch schon. Ausserdem geht doch heutzutage kaum noch ein Spieler ans Netz."
Zoecke sieht den Grund hinter der Becker-Verpflichtung eher im psychologischen Bereich: "Boris Becker war die Nummer Eins im Tennis, er hat den Sport gelebt. Djokovics bisheriger Trainer Marian Vajda war das nie. Becker kann dem "Djoker" andere Sachen vermitteln. Da geht es um Gefühle, um Schritte, um Situationen in denen bisher wenige Spieler vorher waren. Deswegen ist Becker in dieser Funktion auch so wichtig. Es geht hier weniger um die Trainingsarbeit, sondern um den psychologischen Aspekt."
Alt-Stars als Trainer neuer Trend
Der Tennis-Experte sieht in dem neuen Trend, Altstars mit Spitzenspielern zu kombinieren, eine positive Entwicklung: "Profis wie Nadal, Murray und auch Djokovic sind natürlich immer dabei sich zu verbessern. Bei der Liaison zwischen Lendl und Murray hat man gesehen wie weit ein ehemaliger Tennisspieler einen aktuellen Topspieler nach vorne bringen kann", sagt Zoecke und sieht die gleichen Vorteile auch bei dem neuen Duo: "Ich denke, dass ein Boris Becker auch einen Vollprofi wie Djokovic nach vorne bringen kann, auch wenn es "nur" darum geht sich in der Weltrangliste einen Platz nach vorne zu verbessern."
Auch für Becker selbst könnte sich sein neuer Job positiv auswirken, glaubt Zoecke: "Ich sehe es als sehr positiv dass Becker auf die Tennisbühne zurückkehrt. Nach den vergangenen Monaten [in der Becker viel negative Presse machte; Anm.d.Red.], hat er jetzt die Chance sich mal wieder in einem anderen Licht zu präsentieren", sagt der Experte und vermutet, dass Becker vielleicht sogar längerfristig plant: "Boris Becker kennt und lebt Tennis. Zuerst als Spieler, jetzt als Trainer. Vielleicht wird das seine neue Bestimmung."
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