Frithjof Seidel wechselte mit 24 Jahren vom Wasserspringen zum Synchronschwimmen. Für einen Mann alles andere als gewöhnlich. Doch Seidel hat sich durchgebissen und in der von Frauen dominierten Sportart Respekt verschafft. Im Doppel-Interview sprechen er und Duett-Partnerin Michelle Zimmer über ein ungeliebtes Wertungssystem, blaue Flecken und die Freude an einer Vorreiterrolle.
Es ist in Vergessenheit geraten, dass das Synchronschwimmen in seinen Anfängen Ende des 19. Jahrhunderts den Männern vorbehalten war. Es nannte sich "Wasserballett" oder "Reigenschwimmen". Dieses zu betreiben, schickte sich für Frauen nicht. Sie durften erst ab 1907 an Wettkämpfen teilnehmen, verdrängten die Männer aber mit der Zeit so konsequent, dass deren Auftreten als Synchronschwimmer im zweiten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts als Sensation angesehen wurde.
International sind Männer seit 2015 durch den internationalen Schwimm-Verband Fina für Wettkämpfe zugelassen. In Deutschland hat nach dem Rücktritt von Niklas Stoepel der frühere Wasserspringer Frithjof Seidel Geschichte geschrieben. Als erster deutsche Synchronschwimmer errang er eine Medaille, Silber im Team bei den Europaspielen 2023 in Krakau.
Bei denen stand er 2015 noch mit seinem damaligen Partner Nico Herzog als Bronzemedaillengewinner im Synchronspringen vom Drei-Meter-Brett auf dem Podium. Neun Jahre später will er gemeinsam mit
Herr Seidel und Frau Zimmer, Sie haben mehrere Küren für die WM in Japan einstudiert. Wie viele genau?
Frithjof Seidel: Ich starte bei der WM mit drei Küren. Zwei im gemischten Duett, technisch und frei. Dazu kommt eine Team-Kür im Wettbewerb Acrobatic Routine.
Michelle Zimmer: Bei mir sind es vier Küren. Ich schwimme zusätzlich noch die Freie Kür in der Gruppe.
Sich so viele verschiedene Elemente zu merken, muss schwer sein.
Seidel: Es ist tatsächlich schwer. Deswegen ist unser Sport auch so zeitintensiv. Wir müssen im Training viele Stunden investieren, damit eine Kür richtig sitzt, damit die Bewegungen sitzen. Man ändert in dem Entstehungsprozess auch viel. Dann muss man bereits gelernte Muster wieder aufbrechen und neu einstudieren. Das dauert.
Zimmer: Vor allem in der laufenden Saison ändert sich die Kür eigentlich nach jedem Wettkampf komplett. Das hängt mit dem neuen Wertungssystem zusammen. Wir passen unsere Choreografien deshalb sehr an den Schwierigkeitsgrad der Konkurrenz an und legen im Zweifel an Schwierigkeiten drauf. Das erfordert sehr viel Zeit und Gehirnschmalz.
Reden wir in dem Zusammenhang eher von den technischen oder von den künstlerischen Elementen?
Seidel: Es geht eher um die technischen Elemente, die in diesem Zusammenhang relevant sind. An denen arbeiten wir viel. Gerade bei mir. Weil ich noch so jung in diesem Sport bin, habe ich diesbezüglich auch noch ein grosses Defizit.
Zimmer: Der Schwierigkeitsgrad lehnt sich an die technischen Elemente an. Dabei geht es um die Beinbewegungen, die wir zeigen. Auf dem künstlerischen Aspekt liegt nicht mehr der grosse Schwerpunkt.
Bedauern Sie, dass mit dem neuen Wertungssystem mehr Wert auf die Technik als auf die Kunst gelegt wird?
Zimmer: Ja, das bedauere ich sehr. Das Gute am neuen System ist, dass der Weg für andere Nationen, auch mal Medaillen zu gewinnen, frei gemacht wurde. Sie gehen jetzt im Wettkampf ein höheres Risiko, auch wenn man dadurch tief fallen kann. Bei guten Nationen wird – anders als früher – in deren Bewertung kein Auge mehr zugedrückt, wenn mal was nicht so gut läuft. Das Negative am neuen System ist, dass wir uns nicht mehr die Zeit wie früher nehmen, am künstlerischen Ausdruck zu arbeiten, um eine Kür schön aussehen zu lassen. Der Fokus liegt auf dem Schwierigkeitsgrad. Wir gehen anders an den Aufbau der Choreografien heran. Gefühlt ist das Synchronschwimmen dadurch eine komplett andere Sportart geworden.
Heisst: Mehr Muskelkater nach dem Training, im Vergleich zu früher.
Zimmer: (lacht) Er ist anders. Früher habe ich es mehr in den Beinen gespürt, jetzt mehr in den Armen, weil es deutlich technischer ist.
Wo spüren Sie denn das Training besonders, Herr Seidel?
Seidel: Überall! Das Training ist vor allem mental sehr anstrengend. Es benötigt viel Kapazität, die neuen Bewegungen zu erlernen und einzustudieren. Und weil meine Defizite noch so gross sind, verwenden wir darauf besonders viel Energie. Das zehrt an den Kräften. Rein muskulär schmerzen meine Beine und die Arme gleichermassen. Ich werde aber auch konditionell sehr gefordert.
Sie kommen als früherer Wasserspringer aus dem Leistungssport und der Sportart, sind aber noch ein relativer Neuling im Synchronschwimmen. Es muss eine immense Herausforderung sein, die Technik zu erlernen, die Koordination, sich richtig zur Musik zu bewegen, und das alles noch gemeinsam mit einer Partnerin im Wasser.
Seidel: Sie sagen es richtig: Ich komme aus einem Einzelsport. Ich musste mich aber weniger an den Aspekt gewöhnen, im Team zu arbeiten. Ich musste mich mehr daran gewöhnen, beim Sport Körperkontakt zu haben. Das war ich gar nicht gewohnt. Das fiel mir am Anfang auch sehr schwer. Ich habe mich für jeden Tritt, den ich unter Wasser aus Versehen verteilt habe, entschuldigt. Die Mädels meinten dann: "Gewöhne dich dran, das ist normal. Die blauen Flecken kommen nicht von ungefähr."
Frau Zimmer, werden Tritte auch mal absichtlich verteilt?
Zimmer: (lacht laut auf) Nein, niemals, wirklich nicht. Wer einen bösen Tritt abbekommt und das jemandem übel nimmt, sagt: "Ey, du hast mich getreten." Aber das passiert niemals absichtlich. Wir sind ja ein Team. Wir wollen gemeinsam etwas erreichen.
Was ich meinte: Dass vielleicht unter Wasser mit einem absichtlichen Tritt etwas korrigiert wird. Denn Sie müssen sich ja synchron zueinander bewegen. Oder verlassen Sie sich blind aufeinander?
Zimmer: Im Duett kann man besser aufeinander Rücksicht nehmen. Da passieren Tritte weniger. Im Team ist es gerade am Anfang, wenn man eine neue Choreografie lernt und die Hebefigur noch nicht ganz so gut passt, schon so, dass man mal jemanden unter Wasser auf seinen Platz schiebt. Da wird aber auch nicht absichtlich getreten. Man versucht, so gut wie möglich die Choreografie noch ausführen zu können.
Seidel: Und wenn es dann doch mal im Training einen Tritt gibt, fragt man: "Hey, wie hältst du deine Beine? Wie kann ich meine halten?" Man versucht, sich anzugleichen und eine gemeinsame Lösung zu finden. Je weniger wir uns treten, desto besser ist die Formation in der Kür. Und diese Harmonie spiegelt sich auch über Wasser wider.
Wie viel von solchen Tritten oder Berührungen bekommen denn die Kampfrichterinnen und Kampfrichter mit?
Zimmer: Gar nichts. Das passiert alles unter Wasser. Wir haben zwar, gerade bei internationalen Wettkämpfen, auch jemanden, der unter Wasser schaut und kontrolliert. Das passiert aber aus dem Grund, dass wir den Boden nicht als Stütze benutzen dürfen.
Seidel: Grundsätzlich wird nur bewertet, was über dem Wasser stattfindet. Und da wird von den Kampfrichterinnen und Kampfrichtern inzwischen sehr rigoros bestraft. Leider wurde ein sehr negativ orientiertes System etabliert.
Zimmer: Man kann es sich vorstellen wie im Eiskunstlaufen. Auch dort wird vorher angegeben, welche Schwierigkeiten gezeigt werden. Und wenn die Position, das Element oder die Übung nicht richtig ausgeführt werden, dann wird sie nicht bewertet. Und bei uns ist das genauso. Wenn ein kleiner Fehler passiert, dann wird diese Übung komplett aus der Schwierigkeit rausgenommen. Deshalb kann man dann in der Wertung sehr tief fallen.
Sie sind also mit diesem neuen Wertungssystem nicht so zufrieden? Doch Sie können als Athletinnen oder Athleten daran nicht viel ändern, richtig?
Seidel: Das ist beides richtig. Wir mussten in dieser Saison bereits einige Niederlagen einstecken. Aber das ist der neue Sport. Die Besten passen sich schnellstmöglich an. Dieses Rennen läuft.
Zimmer: Wie Frithjof schon gesagt hat: Es ist die erste Saison mit dem neuen Wertungssystem. Noch ist alles sehr ungewohnt. In den nächsten Jahren wird es sich einspielen. Und dann werden wir besser damit klarkommen. Für den Moment aber ist es eine grosse Umstellung gewesen. Es ist schwierig, damit klarzukommen, dass wir so viele Abzüge bekommen. Man lernt daraus und muss an sich arbeiten.
Herr Seidel, wie viel dürfen Sie als Neuling denn schon mitreden, wenn es um die Kür und deren Gestaltung geht?
Seidel: Michelle und meine Trainerin hören schon sehr viel auf mein Feedback. Sie versuchen, meine Stärken zu betonen und meine Schwächen zu vertuschen. Dafür wird viel von meiner Meinung eingeholt. In der Team-Kür spiele ich aufgrund meiner körperlichen Voraussetzungen als Mann gerade bei Hebefiguren eine Schlüsselrolle. Im Wasserspringen habe ich gewisse Grundlagen gelernt, was das Turnerische angeht.
Ihr Vorteil ist also die Kraft. Wo liegen denn Ihre Schwächen?
Seidel: Ich habe ehrlicherweise noch nicht so einen starken Ausdruck wie die Mädels.
Zimmer: (aus dem Hintergrund) Dein Ausdruck ist ganz gut.
Seidel: (lacht) Okay, mein Ausdruck ist offensichtlich ganz gut. Grosse Defizite habe ich konditionell. Diese Fähigkeit muss man über viele Jahre aufbauen.
Zimmer: Ich möchte ergänzen: Mit viel Kraft kommen viele Muskeln. Und mit vielen Muskeln ist man viel schwerer. Frithjof muss also deutlich mehr arbeiten, um mit den Beinen über Wasser zu bleiben. Eine leichtere Person muss deutlich weniger arbeiten und schwebt eher über dem Wasser.
Seidel: Das Synchronschwimmen wurde sehr, sehr lange Zeit nur von Frauen betrieben. Der weibliche Körper hat eine andere Aufteilung, was den Körperschwerpunkt angeht. Ich muss an die technischen Elemente anders herangehen als die Sportlerinnen.
Welche Rolle spielt die Beschaffenheit des Wassers? Bei der WM in Japan wird Sie ein anderes Wasser erwarten als jenes, in dem Sie zuletzt in Heidelberg trainiert haben.
Zimmer: Das merken wir. Oft hängt es mit der Temperatur zusammen. Je wärmer das Wasser ist, desto weicher ist es und desto weniger gut können wir es greifen. Wenn das Wasser zu kalt ist, ist es auch nicht gut, weil man dann zu schnell auskühlt. Das passiert vor allem im Training. Eine grosse Rolle spielt für uns auch das Becken, weil wir uns im ganzen Becken bewegen, einmal rundherum schwimmen. Bei Elementen wie Schrauben orientieren wir uns dann oft an den Seitenwänden. Eine grosse Umstellung ist es, wenn der Wettkampf in einem quadratischen Becken stattfindet, wir aber immer in einem rechteckigen Becken trainieren.
Kennen Sie das WM-Becken von Fukuoka?
Zimmer: Nein. Das ist ein temporärer Pool.
Seidel: Er wurde in einer Messehalle in Fukuoka aufgebaut. Er ist für alle Neuland.
Niemand hat also einen Vorteil?
Zimmer: Genau, aber vielleicht die Japaner. Vielleicht haben sie darin ihre Vorbereitung gemacht.
Was hat Sie, Herr Seidel, am meisten überrascht, seitdem Sie mit dem Synchronschwimmen begonnen haben?
Seidel: Es hat mich so vieles überrascht... Vor allem hat es mich überrascht, dass ich in diesen Sport so schnell hineingefunden habe. Dass ich mich so wohl darin fühle. Und dass ich dadurch bereit war, diesen relativ kurzen, aber auch anstrengenden Weg zu gehen. Ich wurde von dem Mädelsteam in meinem Verein supergut aufgenommen, aber auch in der Nationalmannschaft. Ich finde es schön, dass es so eine Gemeinschaft gibt, die zusammenhält. Wir können uns aber auch sagen, wenn Dinge nicht stimmen. Wir ziehen gemeinsam an einem Strang.
Frau Zimmer, waren Sie skeptisch?
Zimmer: (lacht) Eigentlich war ich nie skeptisch. Ich hatte zwar die Ambitionen, international zu schwimmen, als Frithjof anfing, habe mir selbst aber keinen Druck gemacht. Und es hat mit Frithjof immer geklappt. Ich wurde nie enttäuscht. Ich wusste, dass Frithjof als ehemaliger Wasserspringer sehr viele Vorteile mitbringt für unsere Sportart.
Wie müssen Sie sich umstellen, wenn Sie jetzt im Wasser mit einem Mann harmonieren müssen?
Zimmer: Gar nicht viel. Die grösste Umstellung ist nicht, dass er ein Mann ist, sondern dass er die Sportart erst seit ungefähr zwei Jahren betreibt. Dadurch ist noch nicht so vieles selbstverständlich. Ich erkläre Frithjof noch oft, wie es einfacher gehen kann, eine Übung auszuführen. Das war für mich die grösste Umstellung.
Herr Seidel, Sie waren Wasserspringer, hatten aber keine Aussicht auf eine Olympia-Teilnahme, die sich nun hoffentlich erfüllt. Wären Sie noch ein Schwimmsportler, wenn es das Synchronschwimmen nicht gegeben hätte?
Seidel: Nein, ich hatte meine leistungssportliche Karriere schon beendet. Erst dann kam Michelle auf mich zu. Ich hatte mit dem Leistungssport abgeschlossen und wollte mich auf mein Studium konzentrieren. Ich war im Prozess des Abtrainierens. Dann kam Michelle und fragte mich, ob ich nicht Lust hätte, das Synchronschwimmen mal auszuprobieren.
Damit ist es vor allen Dingen eine Kopfsache, sich mental auf die Herausforderung umzustellen. Vor allem, als Sie gemerkt haben, wie viel Einsatz Sie jetzt plötzlich wieder bringen müssen.
Seidel: Das auf jeden Fall, zumal die Belastung eine andere ist als im Wasserspringen. Ich tue mich aber immer schwer, die Sportarten zu vergleichen, weil sie in verschiedenen Aspekten anstrengend sind. Aber gerade diesen konditionellen Part, an diese Grenze zu gehen, an der man eigentlich aufhören will, aber weitermachen muss, das musste ich lernen. Das wäre auch ohne das Ende meiner Karriere im Wasserspringen eine grosse Herausforderung gewesen.
Frau Zimmer, was sagt es über das Synchronschwimmen aus, wenn man es offensichtlich so schnell lernen kann?
Zimmer: Ich glaube, nicht jede Person kann das so schnell lernen. Frithjof bringt durch seine vorherige Sportart schon sehr viel Körpergefühl mit, sehr viel Haltung. Und er hat auch sehr viel Disziplin. Gerade in der Anfangszeit hat er sehr viel alleine gemacht, um sich weiterzuentwickeln. Er hat mit unseren Anfängern begonnen, um die Grundlagen zu lernen. Und das hat er in einem Rekordtempo geschafft.
Seidel: Fairerweise muss man aber auch sagen, dass ich in eine relativ junge Disziplin gekommen bin.
Zimmer: Stimmt.
Seidel: Für Männer gibt es das Synchronschwimmen bei Weltmeisterschaften erst seit 2015. Unsere Hoffnung war ja auch, so schnell Zugriff auf internationale Wettbewerbe zu bekommen. Manchmal muss man die Nischen und die Chancen nutzen. Diesen Weg haben wir gefunden.
Wie alt, Herr Seidel, waren denn die Anfängerinnen und Anfänger, mit denen Sie es zuerst zu tun hatten? Und wie haben diese auf Sie geschaut?
Seidel: Die Mädels, mit denen ich in den Anfängergruppen trainiert habe, waren zwischen sechs und acht Jahren alt. Die waren überrascht und haben, so denke ich, häufig die Situation nicht verstanden. Wenn sie sich getraut haben, zu fragen, warum denn der junge Mann da mit im Wasser ist, dann wurde das meinerseits, aber auch seitens der Trainerinnen und Trainer erklärt, dass ich den Sport lernen möchte.
Konnten Sie sich dann mit den jungen Mädchen austauschen, weil sie sportlich noch auf einem Niveau waren, was das Synchronschwimmen angeht?
Seidel: Als Austausch würde ich es nicht beschreiben. Ich habe am Anfang sehr schnell sehr grosse Leistungssprünge gemacht. Innerhalb weniger Monate bin ich im Training immer eine Altersklasse hochgerutscht. Ich habe ein ganz anderes Pensum trainiert als die kleinen Mädchen. Wenn sie zweimal pro Woche zum Training kamen, habe ich zwischen fünf- und siebenmal pro Woche trainiert, häufig auch im Einzeltraining und in speziellen Sessions mit Michelle. Ich würde es als gezielte Förderung beschreiben.
Wie sehr sehen Sie sich denn als Vorreiter, oder dass Sie gerade etwas Historisches leisten?
Seidel: Die Vorreiterrolle ist mir persönlich sehr wichtig. Es gab aber vor mir auch schon einen deutschen Synchronschwimmer, der international gestartet ist, Niklas Stoepel. Ich finde es wichtig, Sichtbarkeit zu schaffen, weil es das Bewusstsein von Menschen beeinflusst. Viele sind sich nicht bewusst, dass das Synchronschwimmen ein Sport für alle ist. Es liegt mir viel daran, dass alle Menschen diesen Sport betreiben können, der sehr schön, aber auch anspruchsvoll ist.
Was ist aus Niklas Stoepel geworden?
Zimmer: Er ist 2017 die WM geschwommen. Das war sein grosses Ziel. Dann hat er aufgehört. Aber er war schon etwas älter. Er hat gesagt: "Ich habe erreicht, was ich erreichen wollte", und dann hat er sich auf sein Studium konzentriert.
Seidel: Fairerweise muss man sagen, Niklas hatte den Sport seit dem Kindheitsalter betrieben, also schon über viele Jahre. Ich habe ihn nie persönlich kennengelernt, aber bei der WM damals gesehen. Aber gerade bei dem Trainingspensum hat man irgendwann die Nase voll.
Gutes Stichwort: Sie haben die Lücke geschlossen, die Stoepel hinterlassen hat. Aber wie lange trauen Sie sich das Synchronschwimmen zu?
Seidel: Wir gucken von Saison zu Saison, so ist unsere Verabredung. Wir sind in einem Alter, in dem man ein Studium abschliessen oder in der Lebensplanung vorankommen möchte. Ein grosser Bestandteil davon ist auch der finanzielle Aspekt. Ich wurde lange von meinen Eltern unterstützt.
Wie wichtig ist im Wettkampf der optische, der äusserliche Aspekt? Verwenden Sie die berühmte Gelatine für die Haare, Herr Seidel?
Seidel: Ich trage natürlich eine Kür-Badehose, die Mädels haben ihren Kür-Badeanzug. Darauf sind dann teilweise Pailletten oder Glitzersteinchen. Für unsere freie Kür haben wir uns eine Badehose und einen Badeanzug speziell schneidern lassen. Den Männern aber lässt man relativ freie Hand. Manche machen sich Gelatine ins Haar. Das ist für mich keine Option. Deswegen trage ich meine Haare sehr, sehr kurz. Damit es mich nicht stört. Schminke wird bei den Männern nicht eingesetzt, von den Frauen aber erwartet.
Und die Wettkampfkleidung tragen Sie im Training noch nicht?
Seidel: Nein, gerade die Küranzüge sind sehr empfindlich. Die Steinchen fallen sehr schnell ab. Und da es in einer Kür – wie gesagt – auch mal ruppig zugeht, muss man mit der Kleidung sorgsam umgehen.
Wie ist es mit dem Luftanhalten? Sie kommen vom Wasserspringen. Da kommen Sie nach dem Eintauchen schnell hoch und schwimmen zum Beckenrand. Fertig. Wie gut haben Sie das inzwischen im Griff?
Seidel: Das ist stets eine Herausforderung. Ich bin nach jeder Kür am Ende und muss für fünf bis zehn Minuten locker schwimmen, damit mein Körper sich wieder beruhigt. Gerade am Anfang hatte ich mit dem Anhalten der Luft mehr Probleme. Und es wird immer ein Problem bleiben. Man merkt aber, dass die Leistung sich steigert. Unsere Trainerin sagt, wenn wir entspannt durch eine Kür kommen, dann haben wir sie falsch aufgebaut. Wir gehen bewusst an unsere Limits.
Zimmer: Wenn die Leistung sich steigert, steigert sich auch die Schwierigkeit der Kür.
Frau Zimmer, verknüpfen Sie Ihre Karriere mit der von Herrn Seidel?
Zimmer: Ich mache es schon davon abhängig, ob wir im Mixed-Duett schwimmen oder nicht. Das ist, neben dem Team, meine Hauptdisziplin. Bis zum Jahr 2022 hatte ich noch eine Partnerin im Duett, Marlene Bojer. Ich mache meine weitere Karriere davon abhängig, ob und wie Frithjof und ich weitermachen wollen.
Und wann wäre die WM in Japan ein Erfolg?
Zimmer: Wenn wir uns für das Finale qualifizieren würden, wären wir sehr zufrieden.
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