Wird Björn Werner für American Football einmal das, was Dirk Nowitzki heute für Basketball ist? Als erster Deutscher ist Werner in der ersten Runde der NFL-Draft von den Indianapolis Colts gezogen worden und könnte der Sportart in Deutschland zum Durchbruch verhelfen. Jetzt ist der "Germinator", wie ihn US-Boulevardmedien prompt tauften, mit seinem neuen Team im Trainingslager. Head Coach Chuck Pagano lobt seine neue Verteidigungs-Hoffnung bereits in den höchsten Tönen. Wir sprachen mit Werner am Rande eines der knüppelharten Trainings der Indianapolis Colts.

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Herr Werner, wie kommt man als junger Mann in Berlin eigentlich zu der Randsportart American Football?

Ich war 12 Jahre alt und spielte eigentlich Fussball, war aber schon immer der etwas grössere und breitere Typ, der seinen Körper gerne und gut eingesetzt hat. Viele kamen beim Fussball damit nicht so klar. Beim Football war es aber das genaue Gegenteil, es war sogar erwünscht. Deshalb habe ich direkt bei den Berlin Adlern angefangen. Ich habe dann dort viele Freunde gefunden und sehr viel Spass gehabt und so ging es los.

Wie ging es für Sie weiter, nachdem sie bei den Berlin Adlern das Footballspielen gelernt hatten und erfolgreich wurden? Wurden Späher aus den USA auf Sie aufmerksam?

Mein Head Coach von den Berlin Adlern hat mir gesagt: "Du bist gut genug, du kannst es drüben schaffen, geh nach Amerika." Normalerweise macht man dann ein Austauschjahr – das kostet aber viele tausend Euro, die ich aber nicht hatte. Ich habe mich dann im Internet informiert und das International Student Program gefunden, dass fünf bis sechs Spieler nimmt, und bei dem man nur die Flüge und Versicherung zahlen musste. Das hat dann zum Glück geklappt und die Reise ging los. Gab es in den USA viele Vorurteile gegen den Deutschen, der jetzt plötzlich hier Football spielen will? Immerhin gelten wir als ein Volk von Fussballspielern.

Naja, ein bisschen schief angeguckt wurde man schon. Immerhin hatte meine damalige High School gerade die Meisterschaft gewonnen und wieso sollte ausgerechnet ein Deutscher die Mannschaft jetzt verbessern!? Nach dem ersten Training haben sie aber gesagt: "Wow, der Deutsche kann ja Football spielen!"

Was glauben Sie, wie sich Ihr Leben als Football-Profi verändern wird? Sie werden jetzt auf einen Schlag zum mehrfachen Millionär.

Football ist jetzt mein Beruf und genauso werde ich es auch sehen und angehen. Natürlich ist es super, dass ich jetzt erst einmal eine finanzielle Sicherheit habe und mich absolut auf Football konzentrieren kann, aber ich bin überhaupt nicht der Typ, der sich jetzt protzige Autos kauft oder in einer Riesenvilla wohnen will. Wir sind bisher immer mit wenig zurecht gekommen und von heute auf morgen sind wir ja nicht zu anderen Menschen geworden – das ist auch gut so.

Bei den Colts wird gerade Ersatz gesucht für die Legende Dwight Freeney, der auf ihrer Position spielte. Können Sie bald in seine Fussstapfen treten? Wie sind Ihre Ziele für die erste Saison bei den Colts?

Im Training gebe ich seit dem ersten Tag Gas, um den Coaches zu zeigen, dass sie auf mich setzen können, dass sie mich zurecht in der ersten Runde gewählt haben. Ich kann es kaum abwarten in der NFL zu spielen. Je mehr Spielminuten ich bekomme, desto besser. Aber so oder so werde ich in meiner ersten Saison sehr viel lernen, die erfahrenen Teamkollegen vieles fragen und ihnen zuhören. Allein dadurch kann ich zu einem besseren Footballspieler werden. Alles Weitere kommt dann von selbst.

Die Colts haben es in der letzten Saison noch ohne Sie und mit dem jungen Quarterback Andrew Luck in die Playoffs geschafft. Wann spielen Sie um den Superbowl mit?

Haha – hoffentlich schon sehr bald! Nein, im Ernst: Wir haben in der Mannschaft eine gute Mischung aus erfahrenen Spielern und jungen Talenten. Die sportliche Perspektive ist also sehr gut, wir haben tolle Coaches und ein super Management. Ich bin gespannt, wie wir uns in der ersten Saison schlagen werden.

Mit NBA-Spieler Jasons Collins hat sich gerade der erste aktive US-Profisportler als schwul geoutet. Es gibt Gerüchte, dass auch mehrere NFL-Spieler ihr coming out planen. Wie würden Sie reagieren, wenn einer ihrer Teamkameraden schwul wäre?

Das würde keine Rolle spielen, für mich würde alles beim Gleichen bleiben. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass es deshalb in der Mannschaft negative Kommentare geben würde.

Viel wird diskutiert über die schweren Verletzungen nach mehreren Gehirnerschütterungen von Spielern. Viele NFL-Veteranen leiden an starken Kopfschmerzen und von Selbstmorden ist die Rede. Glauben Sie, dass die NFL genug für den Schutz der Spieler unternimmt und wie schützen Sie sich vor solchen Verletzungen?

Klar, als NFL-Profi geht man ein Risiko ein, aber das körperbetonte Spiel gehört nun einmal zum Football dazu und jeder Footballspieler weiss darüber Bescheid. Die Schutz-Rüstungen sind heutzutage so gut und auch am Spielfeldrand sind für den Fall der Fälle immer Vereinsärzte dabei.

Haben Sie als junger Spieler Angst vor den möglichen Folgen solcher Kopfverletzungen?

Nein, wenn man mit solchen Negativ-Gedanken auf das Feld geht, hast du schon verloren. Es gibt aber auch noch Spieler, die viel mehr als ich auf meiner Position aushalten müssen.

Glauben oder hoffen Sie, dass Sie American Football einen ähnlichen Schub in Deutschland geben könnten, wie es Dirk Nowitzki beim Basketball getan hat?

Ich hoffe es natürlich. In den letzten Wochen wurde in den Medien ja schon viel mehr berichtet als sonst. Das hat mich und bestimmt auch viele Football-Fans in Deutschland sehr gefreut. Ich freue mich auf vieles mehr!

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