Elena Semechin hat nicht einfach nur einen Weltmeistertitel errungen. Die Para-Schwimmerin hat mit viel mentalem und körperlichem Aufwand ein Schicksal besiegt - zumindest vorläufig.
Para-Schwimmerin Elena Semechin hat den ersten grossen Titel nach ihrer Krebserkrankung gewonnen.
Die 29-Jährige holte bei den Weltmeisterschaften in Manchester Gold über 100 Meter Brust. Die Paralympicssiegerin von 2021 schlug nach 1:13,13 Minuten als Erste an. "Ich habe es mir ein bisschen schneller erhofft. Aber ich bin trotzdem zufrieden, dass ich dieses Jahr wieder Weltmeisterin geworden bin. Das ist jetzt eine grosse Erleichterung", sagte die sehbehinderte Berlinerin, die auf ihrer Paradestrecke schon 2013 und 2019 den WM-Titel geholt hatte.
Ein Hirntumor bremst Elena Semechin aus
Bei Semechin war kurz nach dem Gewinn der Goldmedaille in Tokio - damals noch unter ihrem Mädchennamen Krawzow - ein bösartiger Hirntumor festgestellt worden. Sie nennt es das "Ding in meinem Kopf". Nach einer erfolgreichen Operation im November 2021 folgte die Chemotherapie. Diese hatte sie im Februar beendet und sich danach auf die Wettkämpfe vorbereitet. Es sei "schwierig", die Balance zwischen Trainingseifer und Ruhephasen zu finden, gab die Para-Sportlerin zu, "gerade jetzt so frisch nach der Chemo. Aber ich glaube, mit der Zeit werde ich mehr und mehr lernen, damit umzugehen. Ich glaube, das macht mich nur stärker".
Für Semechin ist es nichts Neues, mit schweren gesundheitlichen Rückschlägen fertigwerden zu müssen. Als Kind erkrankte sie an Morbus Stargardt, ihre Sehfähigkeit ist seither stark eingeschränkt. Dennoch ging sie unbeirrt ihren Weg. Das WM-Gold von Manchester ist ein weiteres leuchtendes Beispiel für ihre Widerstandsfähigkeit und ihren Ehrgeiz, dem Schicksal immer wieder aufs Neue die Stirn zu bieten.
Gesundheitlich gehe es ihr zwar gut, doch sie wolle realistisch mit der Krankheit umgehen. "Ich habe den Krebs nicht besiegt. Ich habe den Krebs erst mal besänftigt, aber früher oder später wird er zurückkommen. Das ist Fakt. Aber ich bin weiterhin motiviert und positiv und gehe mit voller Freude meinen Weg weiter", hatte die gebürtige Kasachin Ende April der Deutschen Presse-Agentur gesagt.
Im Trainingslager in Spanien hatte sie kürzlich eine Angststörung. "Da kam zum ersten Mal die Sorge, die Angst, ich könnte wieder Krebs haben", sagte sie dem SID: "Es ist ein Auf und Ab." Meistens sei ihr Himmel blau, aber dieses eine Mal in Spanien sei es "die Hölle" gewesen, "mental und körperlich".
Für Semechin hat der Krebs die Lebenswahrnehmung intensiviert
Aber Jammern ist nicht das Ding Semechins, die fest entschlossen ist, ihr Leben jetzt "noch mehr als vor dem Krebs" zu geniessen. Viele Dinge nehme sie intensiver und bewusster wahr, und mittlerweile hat sie auch ganz gut gelernt, mit ihrer Situation umzugehen. (dpa/sid/hau)
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