• Nach fünf Jahren haben die Opfer im Missbrauchsskandal um den Ex-Turnarzt Larry Nassar einen grossen Erfolg erzielt.
  • Ein Gericht bestätigte eine Entschädigung in dreistelliger Millionenhöhe.
  • Die Einigung hat auch Folgen für den US-Turnverband.

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Im Missbrauchsskandal um den verurteilten ehemaligen US-Turnarzt Larry Nassar haben seine Opfer eine Entschädigung von 380 Millionen Dollar (337 Millionen Euro) zugesprochen bekommen. Die Entscheidung im mehrjährigen Rechtsstreit zwischen dem US-Turnverband sowie dem Nationalen Olympischen und Paralympischen Komitee auf der einen und den Opfern auf der anderen Seite traf am Montag ein Gericht in Indianapolis, wie der US-Turnverband mitteilte. Die Summe decke Forderungen von "Hunderten Frauen" ab, schrieb der Sender ESPN, darunter die Olympiasiegerinnen Simone Biles, Alexandra Raisman und McKayla Maroney.

Nach einem Bericht der "New York Times" wird der Grossteil des Geldes von Versicherern des US-Turnverbandes (USA Gymnastics) und des Nationalen Olympischen und Paralympischen Komitee (USOPC) aufgebracht. Das USOPC steuert demnach 34 Millionen Dollar bei und gewährt USA Gymnastics ein Darlehen von sechs Millionen Euro. Das Geld soll nach Verbandsangaben treuhänderisch verwaltet und in Abstimmung mit der Vereinigung Survivors' Committee an die Opfer ausgezahlt werden.

Verband entschuldigte sich

"Kein Geldbetrag wird jemals den Schaden reparieren, der angerichtet wurde und was diese Frauen durchgemacht haben", sagte Rachael Denhollander, die 2016 als erste frühere Turnerin gegen Nassar ausgesagt hatte. "Aber irgendwann müssen die Verhandlungen enden, denn diese Frauen brauchen Hilfe – und sie brauchen sie jetzt." Nach ihren Angaben steht noch nicht fest, wie gross die Summe für jedes der Opfer sein wird. Ein unabhängiger Mediator werde bei der Berechnung zahlreiche Faktoren wie Länge und Schwere des Missbrauchs berücksichtigen.

Turnverbands-Präsidentin Li Li Leung entschuldigte sich im Namen des Verbandes für den von ihm verursachten Schmerz. "Alleine und als Gruppe haben sich die Überlebenden für einen nachhaltigen Wandel in diesem Sport eingesetzt", sagte sie. Neben der finanziellen Entschädigung hat sich der Verband auch dazu verpflichtet, durch verschiedene Massnahmen und die Einbindung von Überlebenden in Entscheidungsgremien zukünftig die Sicherheit der Sportlerinnen und Sportler zu garantieren.

Die am Montag vom US-Insolvenzgericht in Indianapolis bestätigte Einigung war bereits am 19. November erzielt worden. Bis zu diesem Tag hatten Gläubiger von USA Gymnastics einem Insolvenzplan des Verbandes zustimmen müssen. Der Verband hatte angesichts der Millionenklage der Missbrauchsopfer am 5. Dezember 2018 Insolvenzschutz beantragt. Mit der Einigung endet dieses Verfahren. USA Gymnastics werde in den kommenden Wochen den Konkurs beenden, teilte der Verband mit.

Hunderte Turnerinnen sollen missbraucht worden sein

Die ersten Missbrauchsfälle waren 2016 bekannt geworden, unter anderem durch Rachael Denhollander. Gegen Nassar waren seit Sommer 2017 insgesamt drei Urteile gefällt worden, wegen seiner kriminellen Übergriffe auch gegen Minderjährige bekam er Gefängnisstrafen von bis zu 175 Jahren auferlegt. Er hatte sich in den Verfahren schuldig bekannt, mehrere Mädchen sexuell misshandelt zu haben.

Insgesamt hatten hunderte Turnerinnen und ihre Eltern gegen ihn geklagt. 2018 hatte die Michigan State University bereits eine Entschädigung von 500 Millionen Dollar zugesagt. Nassar hatte dort Medizin gelehrt und als Arzt gearbeitet und soll dort die meisten der bekannten Missbräuche begangen haben.  © dpa

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