Simone Biles ist die Frau, die sich über die Schwerkraft hinwegzusetzen scheint. Zwei Turnelemente sind bereits nach ihr benannt, bald könnte ein drittes hinzukommen. Der "Triple-Double" hat es aber in sich.
Mit ihrem gehockten Doppelrückwärtssalto inklusive dreifacher Schraube hat
Nicht nur für Turn-Laien ist schwer begreifbar, wie ein Mensch derart durch die Luft wirbeln kann. Was aber macht den "Triple-Double" so schwierig?
Nur die Hälfte mitbekommen, weil es so schnell ging? Noch einmal in Zeitlupe:
Ein "Triple-Double" ist ein doppelter Rückwärtssalto mit dreifacher Schraube. Das bedeutet eine doppelte Drehung um die horizontale Achse, während man gleichzeitig dreimal um die vertikale Achse rotiert. Klingt nicht nur schwer, ist es auch.
Twitter-Nutzerin Suzanne Boswell hat in einem mehr als 20.000-mal geteilten Thread erklärt, was Biles' Leistung so beeindruckend macht. Sie fängt mit den Grundlagen an und zerlegt die Übung in Einzelteile.
Da wäre zunächst der Rückwärtssalto, eine relativ einfache Aufgabe für Bodenturnerinnen, die in der Wertung einem Schwierigkeitsgrad von A oder 0,1 Punkten entspricht.
In den 1970er Jahren hielt der Doppelsalto Einzug ins moderne Bodenturnen. Der doppelte Salto entspricht dem Schwierigkeitsgrad D oder 0,4 Punkten.
1978 ergänzte Jelena Muchina den Doppelsalto um eine Schraube. Die Bewegung ist ein E oder 0,5 Punkte wert. Simone Biles und Larisa Iordache springen beide erst den Salto mit Schraube mit einem normalen Salto hinterher:
Zehn Jahre später stand Daniela Silivas den ersten "Double-Double" auf internationalem Parkett, weshalb die Bewegung nach ihr benannt wurde: einen doppelten Rückwärtssalto mit zweifacher Schraube. Der "Silivas" entspricht dem Schwierigkeitsgrad H oder 0,8 Punkten.
Simone Biles turnt in einer eigenen Kategorie
Den Doppelsalto um eine Schraube zu ergänzen, dauerte nur wenige Jahre. Bis zur zweiten Schraube vergingen zehn Jahre. Für die dritte Schraube hingegen brauchte es 31 weitere Jahre. Und Simone Biles.
Eigentlich reichen die Schwierigkeitsgrade beim professionellen Bodenturnen von A bis I. Für den "Triple-Double" verlangt das US-Team jedoch die Einführung eines neuen Grads J, wie das "Wall Street Journal" meldet. "Nach Meinung der USA, unserer Trainingsgemeinschaft und unseren Richtern ist das ein J", sagte US-Teamkoordinator Tom Forster. In anderen Worten: Der internationale Turnerbund FIG möge für Biles eine neue Kategorie schaffen.
Kaum ein Mann beherrscht den "Triple-Double"
Zwar gibt es männliche Turner, die den "Triple-Double" bereits gezeigt haben, technisch sauberer springt ihn aber Simone Biles.
Kenzo Shirai hält nicht nur die Beine gestreckter ...
... sondern landet auch weit weniger aufrecht als Biles. Was bedeutet: Sie dreht sich so schnell, dass sie viel mehr Zeit hat für die Landung.
Absprunggeschwindigkeit von 20 km/h
Wie viel Zeit das ist, hat "Wired" ausgerechnet: Biles erreichte beim "Triple-Double" demnach eine Absprunggeschwindigkeit von 5,78 Metern pro Sekunde (rund 20 km/h) und befand sich 1,18 Sekunden in der Luft.
Wer einen Sprung bei einem internationalen Turnier - einer WM oder Olympischen Spielen - als erstes steht, nach dem wird er benannt. Zwei Turnelemente tragen bereits Biles' Namen - der Doppelsalto rückwärts gestreckt mit halber Schraube am Boden und am Sprung der Yurchenko mit halber Drehung in der ersten Flugphase und dem gestreckten Vorwärtssalto mit zwei Schrauben.
Der "Triple-Double" könnte im Oktober dazukommen: Vom 3. bis zum 13. Oktober kämpfen die Athleten in Stuttgart bei der Turn-WM um Medaillen. Und Simone Biles wird antreten, um sich den dritten "Biles" zu sichern.
Verwendete Quellen:
- The Wall Street Journal: Simone Biles Tests the Boundaries of Gymnastics With Her New Moves
- Wired: The Twisty Physics of Simone Biles' Historic Triple-Double
- THV Kunstturnen: Wertungsvorschriften
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