Judd Trump hat das Zeug, den Snooker-Sport über Jahre zu dominieren und auf ein noch nie dagewesenes Niveau zu heben. Der Engländer deklassiert Vierfach-Weltmeister John Higgins und wird selbst zum ersten Male Weltmeister. Higgins verneigt sich. Und die Fachwelt sucht nach Superlativen für Trump.
Den verbalen Ritterschlag des Snooker-Sports erhielt Judd Trump von allerhöchster Stelle.
Der fünfmalige Weltmeister Ronnie O'Sullivan pries den neuen Champion nach dessen Machtdemonstration im WM-Finale: "Er kann das Spiel auf ein anderes Niveau bringen. Was er heute gezeigt hat, ist besser als alles, was ich gezeigt habe", sagte "The Rocket" ohne jede Form von Neid über Trump.
Weltmeister Trump fehlen die Worte
Nach der erstmaligen Titel-Krönung von Sheffield genoss Trump im Crucible Theatre seinen Moment des Glücks.
Eingerahmt von seiner Familie präsentierte er im blau-weiss-roten Konfettiregen stolz den wichtigsten Snooker-Pokal der Welt. "Es ist unglaublich. Ich kann es nicht in Worte fassen", sagte Trump.
Das furiose 18:9 gegen den schottischen Vierfach-Weltmeister John Higgins befreite den 29 Jahre alten Engländer nicht nur von seinem WM-Makel, sondern brachte ihm auch knapp 600.000 Euro Preisgeld und Lobeshymnen von allen Seiten ein.
Unterlegener Higgins: "Brillant und faszinierend"
"Das war brillant und faszinierend. Das war der erste WM-Titel von vielen für ihn", sagte der geschlagene Higgins voraus.
Obwohl er das dritte WM-Endspiel in Serie verlor, wahrte der "The Wizard of Wishaw" genannte Higgins seinen Humor: "Ich habe Glück gehabt, dass ich nicht für das Ticket bezahlen musste. Es war übermenschlich."
Auch Topfavorit und Ranglistenprimus O'Sullivan, der überraschend in Runde eins gescheitert war, geht vom Beginn einer Ära von Trump aus, der den Spitznamen "The Ace" trägt.
"Er kann die nächsten zehn, zwölf Jahre den Sport dominieren. Es gibt keinen anderen, der diese Art des Snooker spielt", sagte O'Sullivan, der bisher als begabtester Profi der Snooker-Geschichte gilt, beim TV-Sender Eurosport.
Für Linkshänder Trump, der 2011 bereits im Finale der Snooker-WM gestanden und gegen Higgins verloren hatte, war es auch ein Stück Genugtuung. "Ich werde die nächste Saison mit dem gleichen Hunger angehen. Und es wird super sein, dass Leute mich nicht immer fragen, wann ich die grossen Majors gewinne", sagte Trump.
Beim ersten WM-Finalduell (15:18) habe ihm nach eigener Erkenntnis noch die nötige Erfahrung und die taktische Raffinesse gefehlt, doch 2019 lief alles perfekt.
"Das war das Beste, was ich jemals gespielt habe. Mir fehlen die Worte, wie gut ich gespielt habe", sagte Trump, sonst eher unverdächtig für Eigenlob.
Seine Selbstwahrnehmung deckte sich mit den Einschätzungen der Snooker-Fachleute. Der seit Jahrzehnten als Kommentator aktive Rolf Kalb befand: "Diese Klasse über die gesamte Matchdauer, das habe ich noch nie erlebt."
Trump ging nicht auf Sauftour
In sich gekehrt und breit grinsend absolvierte Trump nach dem WM-Sieg einen Marathon an Interviews. "Ich habe den WM-Titel nie so wenig erwartet wie in diesem Jahr", gestand der Engländer, der in seinem Auftaktmatch schon kurz vor dem Aus gestanden hatte.
Anders als Vorjahres-Champion Mark Williams aus Wales verzichtete er auf eine Pressekonferenz ohne Kleidung und eine öffentlich zur Schau gestellte Sauftour.
Trump freute sich stattdessen mit Bruder Jack und den Eltern. Vater Steve bezeichnete er als "Inspiration", am Montagabend machte der Sohn ihm schon elf Tage vor dessen 60. Geburtstag das beste Geschenk.
"Das ist der speziellste Geburtstag, den er jemals erleben wird", sagte Judd Trump. (dpa/hau)
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