Laut mehreren Ex-Turnerinnen soll es am Bundesstützpunkt in Stuttgart zu "systematischen körperlichen und mentalen Missbrauch" gekommen sein. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart und das LKA Baden-Württemberg ermittelt nun gegen einen Trainer wegen des Verdachts der Nötigung in mehreren Fällen eingeleitet.

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Vor dem Hintergrund der jüngst erhobenen Vorwürfe ehemaliger Turnerinnen zu mutmasslichen Missständen am Kunst-Turn-Forum Stuttgart hat die Staatsanwaltschaft Stuttgart ein Ermittlungsverfahren und das LKA Baden-Württemberg wegen des Verdachts der Nötigung in mehreren Fällen eingeleitet. Dieses richte sich "gegen einen Beschuldigten, der vormals als Trainer am Kunst-Turn-Forum Stuttgart tätig war", heisst es in einer gemeinsamen Mitteilung von Staatsanwaltschaft und Landeskriminalamt Baden-Württemberg.

Kunst Turn Forum Stuttgart
Gegen einen ehemaligen Trainer am Kunst-Turn-Forum Stuttgart hat die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Nötigung in mehreren Fällen eingeleitet. © IMAGO/Pressefoto Rudel/Herbert Rudel

Am Donnerstag sei es im Zuge dessen zu "Durchsuchungsmassnahmen in mehreren Objekten" gekommen: "Hierbei wurden Unterlagen sichergestellt, die nun ausgewertet werden." Ehemalige und aktive Turnerinnen sowie Personen, die "sachdienliche Hinweise" geben können, werden gebeten, sich beim Landeskriminalamt Baden-Württemberg zu melden.

Ermittlungsverfahren nicht gegen Turner-Bund

Das laufende Ermittlungsverfahren richte sich "nicht gegen den STB und auch nicht gegen Verantwortliche des STB. Von dem Verfahren betroffen ist eine andere Person", teilte der Schwäbische Turnerbund mit. Der STB unterstütze "die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Stuttgart und hat sich ihr bislang gegenüber kooperativ gezeigt. Diese Kooperation wird der STB fortsetzen, der die strafrechtliche Aufarbeitung des in Rede stehenden Komplexes ausdrücklich begrüsst."

Auch der Deutsche Turner-Bund (DTB) erklärte, dass weder der Verband noch Verantwortliche des DTB "Beschuldigte des laufenden Ermittlungsverfahrens" seien. Es sei "folgerichtig, dass die Staatsanwaltschaft bei ihrer Prüfung des im Raum stehenden Stuttgarter Sachverhalts alle verfügbaren Informationen berücksichtigt, also auch die dem DTB vorliegende Informationslage".

Auch in Absprache mit der Staatsanwaltschaft werde der DTB die bereits eingeleitete "unabhängige anwaltliche Untersuchung der das Kunst-Turn-Forum Stuttgart betreffenden Vorwürfe fortsetzen". Hieran werde sich eine weitergehende Aufarbeitung durch einen Expertenrat anschliessen. Der DTB erklärte weiter: "Soweit die gewonnenen Erkenntnisse dies rechtfertigen, sind die erforderlichen Konsequenzen zu ziehen. Dies gilt auch für etwaige personelle Konsequenzen."

Zahlreiche Spitzenturnerinnen äusserten sich

Kurz vor dem Jahreswechsel hatten mehrere zumeist zurückgetretene Auswahl-Turnerinnen schwerwiegende Vorwürfe gegen die Arbeit am Bundesstützpunkt in Stuttgart erhoben, unter anderem beklagten sie "systematischen körperlichen und mentalen Missbrauch".

Die ehemalige Spitzenturnerin Kim Bui, seit dem vergangenen Jahr Mitglied im Internationalen Olympischen Komitee (IOC), forderte jüngst im Interview mit der Bild am Sonntag ein "Ende der Angstkultur". Die 36-Jährige kritisierte, dass sich trotz zahlreicher Hinweise von Athletinnen über Jahre hinweg im deutschen Turnen "nichts verändert" habe. "Es wurde verdeckt, verleugnet und verdrängt", schilderte Bui, "viele Verantwortliche haben sich gegenseitig geschützt."

Der DTB kündigte daraufhin eine externe und unabhängige Klärung an und beauftragte eine Frankfurter Kanzlei "mit der umgehenden Untersuchung der Vorwürfe". Der STB hatte Ende Januar die Zusammenarbeit mit einer Trainerin und einem Trainer beendet. Diese waren zuvor vorläufig freigestellt worden. (sid/bearbeitet von jum)

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