Auch wenn wir in Deutschland nur wenig davon mitbekommen, findet gerade eines der grössten Sportereignisse der Welt statt: die Rugby-Weltmeisterschaft in Japan. Wir beantworten die wichtigsten Fragen zu diesem Event.

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Mag der Sport mit den kräftigen Männern und dem eiförmigen Ball bei uns lediglich ein Nischendasein tristen, so ist die Begeisterung in Ländern wie Australien, Neuseeland, Südafrika, England oder Frankreich riesengross.

Weltweit gesehen gilt die Rugby-WM nach der Fussball-Weltmeisterschaft und den Olympischen Spielen als das drittgrösste Sportereignis der Welt. Schätzungen zufolge lockt dieses Event rund 400.000 Besucher nach Japan. Der wirtschaftliche Effekt der WM wird auf rund vier Milliarden Dollar geschätzt.

Wie funktioniert Rugby überhaupt?

Im Rugby Union treffen zwei Mannschaften mit jeweils 15 Spielern aufeinander. Das Ziel ist es, das gegnerische Malfeld, also die gegenüberliegende Endzone, zu erreichen und den Ball dort abzulegen. Dies nennt man einen Versuch. Der bringt fünf Punkte.

Der Ball darf nach vorne getragen oder geschossen werden. Per Hand geworfene Pässe hingegen dürfen lediglich nach hinten oder diagonal gespielt werden.

Nach einem erfolgreichen Versuch bekommt die angreifende Mannschaft die Chance auf eine sogenannte Erhöhung. Dazu muss sie den Ball durch die Torstangen bzw. über die Querlatte schiessen. Dafür gibt es dann zwei zusätzliche Punkte.

Schiesst eine Mannschaft den Ball aus dem Spiel heraus zwischen die Torstangen, gibt es drei Punkte. Nach schweren Regelverstössen bekommt die geschädigte Mannschaft einen Straftritt zugesprochen. Das heisst: Ein Spieler darf den Ball vom Punkt des Regelverstosses aus zwischen die Torstangen schiessen und bekommt dafür im Erfolgsfall ebenfalls drei Punkte.

Die Verteidiger dürfen den balltragenden Spieler tackeln, um ihn zu stoppen. Danach muss der Angreifer den Ball freigeben, und die übrigen Spieler dürfen darum kämpfen.

Warum wird im Rugby nie mit dem Schiedsrichter diskutiert?

Das Respektverhältnis zwischen Spielern und Schiedsrichter ist im Rugby ein völlig anderes als im Fussball. Rudelbildungen? Diskussionen? So etwas gibt es im Rugby nicht. Der deutsche Nationaltrainer Peter Ianusevici sagte einmal, dass der Schiedsrichter im Rugby gleich hinter dem lieben Gott kommt.

Entscheidungen des Unparteiischen sind Gesetz und werden akzeptiert. Ohnehin dürfen lediglich die Kapitäne der beiden Mannschaften mit dem Unparteiischen sprechen. Und alles, was der Schiedsrichter dann sagt, kann der Zuschauer dank des Mikrofons hören.

Bei aller Brutalität dieses Sports hat Fairness gegenüber dem Schiedsrichter, aber auch gegenüber dem Gegner, höchste Priorität. Oscar Wilde sagte daher einmal: "Fussball ist ein Spiel für Gentlemen, das von Rowdys gespielt wird und Rugby ist ein Spiel für Rowdys, gespielt von Gentlemen."

Wie funktioniert der WM-Modus?

Gespielt wird zunächst in vier Gruppen mit jeweils fünf Mannschaften, wobei jeder gegen jeden antritt. Vier Punkte gibt es für einen Sieg, zwei Punkte für ein Unentschieden.

Gelingen einer Mannschaft in einem Spiel mindestens vier Versuche, gibt es einen Bonuspunkt. Auch bei einer Niederlage mit maximal sieben Punkten gibt es für die Gesamtwertung einen Bonuspunkt.

Die jeweiligen beiden Gruppenbesten ziehen in das Viertelfinale ein und sind zudem für die WM 2023 qualifiziert. Für den Gruppendritten ist das Turnier zwar beendet. Aber auch er hat seine Teilnahme an der WM 2023 sicher.

Wer sind die Favoriten?

Die "All Blacks" aus Neuseeland gelten im Rugby als die stärkste Nation. Sie gewannen die vergangenen beiden Weltmeisterschaften und blicken auf insgesamt drei WM-Titel zurück. Weltbekannt wurden sie nicht zuletzt durch den "Haka" – einen Kriegstanz, den die Neuseeländer vor jedem Spiel aufführen.

Südafrika zählt ebenfalls zu den Favoriten. Die sogenannten "Springboks" blicken auf zwei WM-Siege zurück. Im Juli / August gewannen sie den Rugby Championship 2019 – ein jährlich stattfindendes Turnier mit den vier stärksten Nationen der südlichen Hemisphäre.

Die europäischen Spitzennationen sind vor allem England, Irland und Wales. Letztere gewannen in diesem Jahr das Six Nations Turnier – praktisch eine inoffizielle Europameisterschaft. Irland führt aktuell die Weltrangliste an. Und England erlebte 2015 mit dem Vorrundenaus bei der Heim-WM zwar ein Debakel, nahm seitdem aber einen Trainerwechsel vor und zählt nun ebenfalls wieder zum Kreis der Titelanwärter.

Wo kann ich die Weltmeisterschaft verfolgen?

Der Fernsehsender ProSieben MAXX überträgt insgesamt 31 Partien live mit deutschem Kommentar und deutschen Experten. Zudem sind alle 48 Partien auf ran.de kostenlos zu sehen.

Und was ist eigentlich mit der deutschen Nationalmannschaft?

Deutschland ist im Rugby ein Entwicklungsland und weit von der Weltspitze entfernt. In der Weltrangliste steht Deutschland aktuell nur auf Platz 28. "Die Spitzennationen sind Profinationen. Wir haben meist Amateur-Spieler und Amateur-Trainer", erklärte Ex-Bundestrainer Peter Ianusevici einmal.

Sebastian Ferreira, der Kapitän der deutschen Nationalmannschaft, sagte gegenüber dem "Tagesspiegel": "In Deutschland gibt es mit Fussball, Handball und Leichtathletik die grossen bekannten Sportarten. Dann gibt es halt noch eine kleine Nische, in der ein paar gute Jungs Rugby spielen. Die Unterstützung mit Sponsoren für Spieler ist ganz, ganz klein, im Gegensatz zum Fussball."

Allerdings wäre der Traum von der ersten WM-Teilnahme diesmal fast zur Realität geworden. Deutschland nahm im November 2018 an einer interkontinentalen Qualifikationsrunde teil, scheiterte aber an Kanada.

Verwendete Quellen:

  • Stimme.de: Erstmals Rugby-WM in Asien - Japan setzt auf "Kirschblüten"
  • fr.de: Erst der liebe Gott, dann gleich der Schiedsrichter
  • ran.de: Rugby live auf ProSieben MAXX und ran.de
  • world.rugby: Ranking
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