• Kim Bui war über fast zwei Jahrzehnte eine der prägenden Turnerinnen in Deutschland.
  • Nun spricht sie erstmals offen über ihr dunkles Geheimnis: Bui litt jahrelang unter Bulimie.
  • Mit ihrer Geschichte will sie andere Betroffene dazu bringen, sich Hilfe zu suchen.

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Ihr Buch, das auch eine jahrelange Essstörung thematisiert, erscheint am 4. März, einen Tag später (17.00 Uhr) sendet die ARD eine Dokumentation mit dem Titel "Hungern für Gold". So lange wollte Kim Bui mit ihrem mutigen Bekenntnis nun aber doch nicht mehr warten.

Bei Instagram öffnete sich Bui am 15. Februar ihren Fans. Neben mehreren Bilder, die sie beim Turnen zeigen, schreibt sie: "Was haben alle diese Bilder gemeinsam?? Es sind Momente, in denen ich Höchstleistungen abgerufen habe, nach aussen hin strahlte, aber ein dunkles Geheimnis mit mir rumtrug."

Sie habe in der Vergangenheit an einer Esstörung - Bulimie gelitten. Es habe lange gebraucht, dass sie damit offener umgehen könne. "Zu viel Scham, Ekel und Schuldgefühle plagten mich."

Bui warnt auch, dass nicht nur Turnen sondern auch andere Sportarten gefährdet seien für die Entwicklung einer Essstörung. Unter anderem nennt sie Eiskunstlauf, Skispringen oder auch "Sportarten, wo es um Gewichtsklassen geht".

Auch mit SWR Sport spricht Bui offen über ihre Erkrankung und vor allem auch ihren Genesungsprozess.

"Für meine ganze Bulimie-Erkrankung hat es etwa sechs, sieben Jahre gebraucht, bis ich komplett drüber war und sagen konnte, dass es vorbei ist", erzählte die 34-Jährige im Interview mit SWR Sport.

Bui fühlte sich unter Druck gesetzt

Stark und beherrscht hat die Stuttgarterin während ihrer langen Karriere über fast zwei Jahrzehnte gewirkt. Und doch: Die in Tübingen geborene Tochter einer Vietnamesin und eines Laoten fühlte sich zu Beginn ihrer Laufbahn von den Trainern unter Druck gesetzt, Gewicht zu verlieren: "Irgendwann war der Moment da, in dem ich mir sagte: Ich kann das nur, indem ich mich erbreche."

Mit Hilfe einer neuen Trainerin habe sie den Weg in eine Therapie geschafft, doch offen damit umgehen konnte Bui erst Jahre nach ihrer Genesung. Bei der Verarbeitung der Krankheit half der Technischen Biologin ihr Engagement als Aktivensprecherin des Deutschen Turner-Bundes (DTB).

Dass sie nun mit ihrer Geschichte in die Öffentlichkeit geht, hat für Bui einen zentralen Grund: "Ich möchte damit sagen, dass ihr, die davon betroffen seid, nicht alleine seid", schreibt sie bei Instagram.

Bui treibende Kraft hinter Ganzkörperanzügen

Die EM-Dritte von 2011 am Stufenbarren war auch eine treibende Kraft bei der Initiative der deutschen Nationalriege, die bei den Europameisterschaften 2021 in Basel erstmals in Ganzkörperanzügen antrat - als Alternative zum tradierten knappen Dress. Bui war und ist es wichtig, dass die Athletinnen die Wahl haben: "Wir wollten nichts vorschreiben, es ging immer nur um Selbstbestimmtheit."

Selbst gewählt war auch ihr aktueller couragierter Schritt in die Öffentlichkeit. Doch wer in ihrem Buch "45 Sekunden" - so lange dauerte ihre allerletzte Übung am Stufenbarren - eine Generalabrechnung mit dem Kunstturnen erwartet, wird enttäuscht werden: "Ich beschreibe vor allem, was Turnen für mich faszinierend macht. Aber ich benenne eben auch Missstände in dieser Sportart." (afp/ska)

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