Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist ein drängendes gesellschaftliches Thema. Wie schön wäre es, wenn der Sport es schafft, hier voranzugehen!

Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Mara Pfeiffer dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Wenn Fussballer Väter werden, wiederholt sich oftmals eine ähnliche Anekdote: Rund um den Termin der Geburt verpasst der Spieler einen wichtigen Termin, worauf Trainer und andere Vereinsverantwortliche wortreich erklären, das sei doch selbstverständlich. Immerhin gebe es im Leben Momente, die man(n) nicht verpassen wolle, wie die Geburt des eigenen Kindes.

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Der Spieler selbst grinst, Tage später auf das Thema angesprochen, verschmitzt in die Kameras der beeindruckten Sportreporter und erklärt, was für ein unglaubliches Erlebnis das gewesen sei. Er bedankt sich artig bei seinem Verein für die Möglichkeit, diesen Moment zu erleben – und geht fürderhin wie gewohnt seinem Job auf und neben dem Platz nach.

Als ich vor einiger Zeit einen Spieler danach gefragt habe, ob es ihm je in den Sinn gekommen sei, Elternzeit zu nehmen, hat dieser sich fast verschluckt vor Lachen. Es folgte ein peinlicher Augenblick, als ihm bewusst wurde, dass meine Frage nicht als Scherz gemeint gewesen war. Dann klärte er mich mit freundlichem Nachdruck darüber auf, dass er Profisportler sei.

Wohl denjenigen, die das Privileg haben, Elternschaft geniessen können, ohne zuvor ihren Körper zu teilen – und anschliessend mit den Nachwirkungen der Schwangerschaft zu tun zu haben. "Was können cis Männer denn dafür, dass sie die Schwangerschaft nicht übernehmen können?", mag nun der eine oder die andere empört fragen. Die Antwort ist simpel: nichts.

Wofür wir als Gesellschaft aber sehr wohl etwas können, ist die Selbstverständlichkeit, mit der in vielen Berufen immer noch davon ausgegangen wird, die Geburt eines Kindes solle nur für die gebärende Person etwas verändern. Wieso ist ein cis Mann in Elternzeit so unvorstellbar? Und warum gilt das besonders im Sport? Während Mutterschaft in der Vergangenheit vielfach ein automatisches Karriereende bedeutete, werden Väter fürs absolute Minimum gefeiert.

Vorbilder im Sport sind wichtig

Jede Sportlerin, die nach der Babypause in ihren Traumberuf zurückkehrt, zumal auf höchstem Leistungsniveau, ist deswegen etwas ganz Wunderbares: Sie zeigt die Wahlfreiheit, die dabei eine noch viel grössere Selbstverständlichkeit werden sollte. Aktuell geht diesen Weg Melanie Leupolz, die nach der Geburt ihres Kindes zurück ist im Training und zudem ihren Vertrag bei Chelsea verlängert hat. Solche Vorbilder sind, auch im Sport, enorm wichtig.

Den eigenen Beruf auszuüben und als Familie zu leben, sollte sich nicht ausschliessen. Das ist im Sport natürlich nicht exklusiv so, hat aber durch die hohe Sichtbarkeit gerade im Fussball eine besondere Bedeutung.

Deswegen ist der Eingangspunkt auch absolut ernst gemeint, will heissen: Elternzeit für Väter im Leistungssport ist ebenso ein wichtiges Thema wie die Rückkehr von Sportlerinnen in ihren Beruf. Auch Leistungssportler sollten schliesslich die Chance haben, diese so besondere Zeit mit dem Nachwuchs zu verbringen, wenn sie denn möchten.

Wenn sich der Sport hier mehr bewegt, kann er zu einem echten Vorbild werden.

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