- Der ehemalige NFL-Profi Sebastian Vollmer gewann als einziger Deutscher mit den New England Patriots zweimal den Super Bowl.
- Heute ist der 37-Jährige als Botschafter für die NFL tätig und kümmert sich um die Expansion nach Deutschland.
- Im Interview spricht Vollmer über den Super Bowl, den Rücktritt von Tom Brady und das erste NFL-Saisonspiel auf deutschem Boden.
Das Finale der NFL steht bevor. Im Super Bowl in der Nacht von Sonntag auf Montag (live auf ProSieben und DAZN) treffen die Los Angeles Rams auf die Cincinnati Bengals. Sebastian Vollmer weiss, wie sich solche Spiele anfühlen. Dreimal stand er mit den New England Patriots im Finale, zweimal gewann er die Vince Lombardi Trophy.
Herr Vollmer, was für zwei Mannschaften treffen im Super Bowl aufeinander?
Sebastian Vollmer: Die Los Angeles Rams bestreiten den Super Bowl im eigenen Stadion und haben in dieser Saison alles auf eine Karte gesetzt. Sie haben sehr viel Geld ausgegeben, um sich mit vielen erfahrenen Top-Spielern zu verstärken – allen voran Quarterback Matthew Stafford.
Der Cincinnati Bengals haben hingegen mit Joe Burrow einen jungen Quarterback, der aber sehr cool rüberkommt. Die Bengals sind die grosse Cinderella-Story in diesem Jahr. Niemand hat wirklich an diese Mannschaft geglaubt. Aber sie haben im Halbfinale mit den Kansas City Chiefs den grossen Favoriten besiegt.
Wie lautet Ihr Tipp, wer das Spiel gewinnen wird?
Wenn man nach den Namen der Spieler geht, müsste Los Angeles eigentlich gewinnen. Aber Cincinnati war bislang in allen Playoff-Spielen der Aussenseiter und hat trotzdem immer gewonnen. Von daher darf man sich als Bengals-Fan durchaus Hoffnung machen.
Super Bowl: "Eine riesige Show"
Die Halftime-Show, in der diesmal unter anderem die Rapper
Für mich als Spieler hat das überhaupt keine Rolle gespielt. Man sitzt als Spieler in den Katakomben und bekommt von der ganzen Show überhaupt nichts mit.
Aber insgesamt ist der Super Bowl natürlich das grösste Einzelsport-Ereignis der Welt. Das ist eine riesige Show. Ob nun ehemalige Sportler, Musiker oder Hollywood-Stars – viele bekannte Leute sind dort. Ich erwarte in Los Angeles eine tolle Atmosphäre.
Der siebenmalige Super-Bowl-Gewinner
Nein. Die Tom-Brady-Fans werden natürlich darunter leiden. Aber es sind viele junge Quarterbacks wie Patrick Mahomes, Joe Burrow, Justin Herbert oder Josh Allen nachgekommen. Die nächste Generation ist längst in der NFL angekommen.
Trotzdem ist es schade, dass wir nun einen Sportler verloren haben, der in seinem Sport eine ähnlich grosse Bedeutung hat wie Michael Jordan im Basketball oder Tiger Woods im Golf. Aber es gibt ein Sprichwort: Nothing is bigger than the game – also nichts ist grösser als das Spiel selbst. Der Sport wird nicht darunter leiden.
Während in Deutschland beim Fussball Zuschauer-Einschränkungen gelten und es kürzlich sogar noch Geisterspiele gab, wurde in den USA durchweg in vollbesetzten Stadien gespielt. Wie erleben Sie den Umgang mit Corona?
Das ist von Bundesstaat zu Bundesstaat verschieden. In Kalifornien, wo der Super Bowl stattfindet und ich auch selber vor Ort sein werde, gibt es schon genaue Vorgaben bezüglich Impfung und Maske. In Florida sieht das zum Beispiel ganz anders aus. Die USA ist eben ein grosses Land. Da gibt es unterschiedliche Vorstellungen von den richtigen Schutzmassnahmen – ähnlich wie in Europa.
Die NFL kommt nach Deutschland
Die NFL wird in diesem Jahr erstmals ein reguläres Saisonspiel in Deutschland austragen – und zwar in München, danach in Frankfurt. Was erhofft sich die Liga davon?
Die NFL möchte das Spiel international weiterverbreiten. Deutschland ist der stärkste und am schnellsten wachsende Markt. Die Fans haben das verdient. Football ist bereits in den Medien sehr präsent und wird im Free-TV übertragen. Ein Spiel in Deutschland, welches jährlich stattfinden wird, ist der nächste Schritt, um den Sport weiter aufzubauen. Weitere Massnahmen, zum Beispiel Sport-Akademien der NFL, könnten folgen.
Kann man sein Kind überhaupt mit gutem Gewissen zum American Football schicken, wenn immer wieder Ex-Profis von den Folgen wie CTE (eine Erkrankung des Gehirns) betroffen waren? Wie denken Sie als dreifacher Vater darüber?
Mir persönlich hat Football sehr viel gebracht. Überhaupt ist das ein Sport, der einem viel mitgibt. Aber natürlich gibt es potenzielle Konsequenzen. Bevor ich meine Kinder zum Football anmelde, würde ich ihnen erklären, dass das ein Kontaktsport mit gewissen Risiken ist – genauso wie Boxen, Eishockey oder Fussball zum Beispiel auch.
Ich spüre heute die körperlichen Folgen des Sports. Aber das ist vermutlich bei jedem Leistungssportler so. Ich war mit zwölf Operationen vielleicht etwas mehr betroffen als andere. Aber ich würde alles wieder genauso machen.
Genauso wie American Football Europa erobern möchte, möchte der Fussball die USA erobern. Stars wie Bastian Schweinsteiger oder Zlatan Ibrahimovic haben bereits in der Major League Soccer gespielt. Die Fussball-Weltmeisterschaft 2026 findet unter anderem in den USA statt. Welche Rolle spielt Fussball bereits in den USA?
Ich würde sagen, Fussball hat in den USA eine ähnliche Bedeutung wie American Football in Deutschland. Beide Sportarten wollen den Markt erobern. Fussball wächst in den USA auf jeden Fall. Es gibt Städte wie Atlanta, in denen der Sport bereits sehr populär ist. Dort kommen rund 50.000 Zuschauer zu den Spielen.
Aber der Fussball kommt am American Football nicht vorbei – genauso wie der Football in Deutschland nicht am Fussball vorbeikommt.
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