Eurosport betreibt bei der Übertragung der Olympischen Spiele einen enormen Aufwand und sendet von früh bis spät. Dabei macht der private Sportsender einen guten Job und punktet schon bei der Eröffnungsfeier. Nur beim Spiel der DFB-Frauen wird eine Chance verpasst.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Christian Stüwe dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Der wilde Ritt durch das olympische Programm beginnt bei Eurosport 1 am frühen Morgen. Am Sonntag ist es noch nicht einmal 9 Uhr, als Moderatorin Birgit Nössing und Experte Fabian Hambüchen das Publikum aus einem Freiluftstudio über den Dächern von Paris begrüssen.

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Das Duo plaudert über den anstehenden Sporttag, im Hintergrund ragt der Eiffelturm in die Höhe. Es geht um Beachvolleyball, um Schiessen und um das mit Spannung erwartete Spiel der deutschen Fussballerinnen am Abend gegen die USA.

Zu diesem Thema wird mit Ex-Nationalspielerin Navina Omilade eine weitere Expertin und frühere Olympionikin zugeschaltet, die ihre Einschätzungen mit dem Duo teilt. "Bonjour Paris" heisst das Frühstücks-Format sinnigerweise und es macht Lust auf einen langen Sporttag auf dem Free-TV-Kanal der Senderfamilie Eurosport.

Die "Medal Zone" holt das Publikum ab und fasst das Geschehen zusammen

In der folgenden Konferenz, die den Namen "Medal Zone" trägt und bis in die Nacht dauert, wird zwischen den Sportarten in schneller Folge hin- und hergeschaltet. Ruhender Pol im Olympia-Trubel ist Moderator Wolfgang Nadvornik im Münchner Studio, er moderiert die Wettbewerbe an, plaudert zwischendurch mit Expertinnen und Experten oder führt Interviews.

Unterstützt wird Nadvornik von Antonia Wisgickl, die in kurzen "News Updates" das Publikum immer wieder über das Geschehen des Tages auf Stand bringt und so auch die Menschen abholt, die nicht den ganzen Tag zuschauen können oder nur zufällig in die Olympia-Übertragungen reingezappt haben.

Abgerundet wird der Tag von Moderator Thomas Wagner, der in "Bonsoir Paris" das Geschehen des Tages aus Paris zusammenfasst. Was auf jeden Fall sinnvoll ist, denn angesichts der vielen Ereignisse eines Olympia-Tages kann man am Abend schon mal vergessen haben, was am Vormittag passiert ist.

Die Stadt Paris wird zum Star der Übertragungen

Eurosport 1 präsentiert die Olympischen Spiele in ihrer ganzen Vielfalt, ob es nun der erste Auftritt des "Dream Team" der US-Basketballer ist, das olympische Mountainbike-Rennen oder das Finale der Männer im Luftpistolenschiessen.

Durch den schnellen Wechsel der Sportarten ist es gar nicht mal so einfach, den Überblick zu behalten, wer gerade kommentiert oder als Experte am Mikrofon sitzt. Aber kaum eine Übertragung fällt ab, die Begeisterung für das gigantische und vielfältige Sportereignis ist jederzeit spürbar.

Am Sonntagvormittag sind es Kommentator Axel Chur und Experte Paul Becker, die emotional mit den deutschen Beachvolleyballerinnen Cinja Tillmann und Svenja Müller mitfiebern und die Sportart, die sonst selten ein so grosses Publikum erreicht, feiern. Immer wieder verweist das Duo auch auf das wunderschöne, am Fuss des Eiffelturms temporär errichtete Stadion.

Wenig später wird das Vielseitigkeitsreiten im Château de Versailles zu einem fast schon meditativen Erlebnis. Die Stadt Paris ist zweifellos selbst ein Star der Übertragungen und wird immer wieder spektakulär in Szene gesetzt.

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Fabian Hambüchen macht als Reporter einen guten Job

Als Reporter und Experte ist Fabian Hambüchen in der französischen Hauptstadt unterwegs, er nimmt eine grosse Rolle in den Übertragungen ein. Der vierfache Olympia-Teilnehmer und Goldmedaillengewinner ist immer noch nah dran an den Sportlerinnen und Sportlern, schreckt trotzdem aber nicht vor kritischen Fragen und Einschätzungen zurück.

Auch Boris Becker taucht längst nicht nur beim Tennis auf, sondern steht zum Beispiel beim Handball neben Pascal Hens in der Halle. Becker zeigt sich dabei gewohnt meinungsstark und polarisierend, nach der Eröffnungsfeier erklärte er, dass ihm die Inszenierung stellenweise "zu woke" gewesen sei.

Deutlich begeisterter von dem Spektakel war TV-Urgestein Sigi Heinrich, der mit seinem Kommentar zur Eröffnungsfeier für ein Highlight bei Eurosport sorgte. Der Auftritt von Céline Dion am Eiffelturm berührte Heinrich derart, dass er zu schluchzen und zu philosophieren begann.

"Die Welt ist nicht schön momentan, aber man kann sie ein bisschen verbessern", sagte der ergriffene Heinrich. Während die ARD und Kommentator Tom Bartels in den sozialen Medien teilweise heftig kritisiert wurden, bekam Heinrich viel Lob.

Eurosport verpasst Chance beim Spiel der DFB-Frauen

Für Eurosport wurde die Eröffnungsfeier somit zum Punktsieg gegen die Konkurrenz von ARD und ZDF, mit denen der private Sportsender um die Gunst des Olympia-TV-Publikums kämpft. Während viele Menschen fast schon aus Gewohnheit ARD und ZDF einschalten, lohnt es sich auf jeden Fall, auch bei Eurosport reinzuschauen.

Nicht nur, weil die Übertragungen qualitativ hochwertig sind, sondern auch weil oft etwas andere Schwerpunkte gesetzt und andere Sportarten gezeigt werden. Eine Chance verpasste Eurosport dabei am Sonntagabend, als nicht wenige Sportfans das Spiel der DFB-Frauen gegen die USA sehen wollten. Eurosport übertrug zunächst aber wie die ARD das Tennis-Match von Alexander Zverev im Free-TV, die Fussballerinnen gab es nur im Stream. Hier hätte man sich von der Öffentlichen-Rechtlichen absetzen können.

Übrigens streamt Eurosport auf der kostenpflichtigen Plattform "discovery+" tatsächlich jeden einzelnen Wettbewerb der Olympischen Spielen von Anfang bis Ende, insgesamt werden rund 3.800 Stunden übertragen. Angesichts dieses enormen Angebots bleibt eigentlich nur eine Frage offen: Wer soll sich das nur alles anschauen?

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