Am Sonntagabend erlösen die Schwimmer die deutsche Mannschaft bei den Paralympics in Paris. Doch es gibt auch Wermutstropfen wie den schwachen Auftritt von Leon Schäfer.
Ein patzender Sportler des Jahres, der Fahnenträger in der Warteschleife - und urplötzlich doch noch ein goldener Doppelschlag durch die Schwimmer: Tanja Scholz und Josia Tim Alexander Topf haben das deutsche Team nach einem Wochenende mit Licht und Schatten innerhalb von zehn Minuten mit den ersten beiden Paralympics-Siegen erlöst.
Scholz weinte nach ihrem Triumph am Sonntagabend unter tosendem Applaus der über 15.000 Zuschauer in der La Defense Arena. Als die Freudentränen der Elmshornerin noch nicht einmal getrocknet waren, legte der Erlanger Topf nach - und heizte dann mit coolen Siegerposen die Halle noch mehr an.
Probleme mit der niedrigen Wassertemperatur
Scholz war bei ihren ersten beiden Starts in der La Defense Arena in der Startklasse S5 der weniger eingeschränkten Athletinnen bereits jeweils ins Finale geschwommen, hatte dabei aber Probleme mit der niedrigen Wassertemperatur und bekam während des Rennens Spastiken. Doch am Sonntag liess sie bereits am Morgen mit der zweitbesten Zeit im Vorlauf aufhorchen. Im Finale schwamm sie auf der abschliessenden Freistilstrecke an die Spitze und war nochmals vier Sekunden schneller.
Im Juni 2020 hatte Scholz einen Reitunfall, seitdem hat sie inkomplette Querschnittslähmung. Die Lähmung sei zu hoch für Aktivität im Wasser, befanden zunächst Betreuer in der Reha-Klinik. Doch Scholz wollte es trotzdem probieren und etablierte sich nur zwei Jahre später in der Weltspitze.
Tanja Scholz überwältigt: "Vor vier Jahren war ich noch in der Klinik"
Scholz siegte in der Startklasse SM4 über die 150 m Lagen in persönlicher Bestzeit von 2:51,31 Minuten und feierte ihren grössten Karriereerfolg. Nach zuvor sechs Weltmeistertiteln und insgesamt elf Medaillen war es bei der Paralympics-Premiere im dritten Rennen der erste Podestplatz. "Vor vier Jahren war ich noch in einer Klinik und dachte, mein Leben ist vorbei. Und jetzt bin ich hier und habe Gold gewonnen", sagte die emotionale Scholz.
Josia Topf mit starkem Endspurt
Auch der mit dem TAR-Syndrom auf die Welt gekommene Topf schwamm über die 150 m Lagen der Startklasse SM3 in 3:00,16 Minuten zum Sieg. Auf der Schlussbahn fing er die Australier Grant Patterson und Ahmed Kelly noch mit einem starken Endspurt ab. Der 21-jährige Topf hatte 2022 bereits zwei WM-Medaillen gewonnen, im April bei der Europameisterschaft war er dreimal Zweiter geworden. Nun krönte er seine Karriere.
"Man kann nicht verhehlen, dass alle nach Gold schauen", hatte Friedhelm Julius Beucher dem SID noch am Mittag gesagt. Das Wort des Präsidenten des Deutschen Behindertensportverbands (DBS) fand Gehör.
Leon Schäfer enttäuscht
Eigentlich sollte der Para Sportler des Jahres den deutschen Gold-Bann schon am Samstagabend brechen, doch es kam ganz anders. Leichtathlet Leon Schäfer stand vor fast ausverkauftem Haus ohne Medaille da. In der Startklasse T63 der Oberschenkel-Amputierten landete der Weitspringer mit 6,93 m nur auf Rang vier. "Ich konnte es einfach nicht abrufen", erklärte der anfangs wortlos geflüchtete 27-Jährige Stunden nach dem Wettkampf.
Ihre erste gemeinsame paralympische Medaille holten Ulbricht und Pilot Förstemann, der 2012 als olympischer Athlet bereits Bronze im Teamsprint geholt hatte. Die WM-Dritten fuhren am Sonntagmittag im Finale der Startklasse B über 1000 m im Velodrome Nationale in 59,862 Sekunden hinter den beiden britischen Duos auf Rang drei. "Ich denke, wir können stolz und zufrieden sein", sagte Ulbricht: "Aber wir sind auch enttäuscht, Gold wäre drin gewesen."
Ruder-Zweier stolz
Mit der vergebenen Goldchance haderte auch das Tischtennis-Doppel Baus und Schmidberger nach dem 0:3 im Finale gegen China. Deutlich glücklicher über die Medaille war der Ruder-Zweier Jan Helmich und Hermine Krumbein. Helmich und die "unfassbar stolze" Krumbein holten in der Startklasse PR3 bei der Premiere gleich die erste Paralympics-Medaille.
Die "überwältigte" Hausberger fuhr im Zeitfahren über 500 m auf Rang drei und holte in persönlicher Bestzeit von 38,358 Sekunden ihre Premierenmedaille. Am überraschendsten kam der Podestplatz von Maack, die sich ihre Medaille mit deutschem Rekord über 100 m Freistil sicherte.
Fahnenträger Martin Schulz war bei seiner Mission Gold-Hattrick im Triathlon am frühen Morgen von einer Absage überrascht worden. Die Wasserqualität in der Seine war plötzlich doch wieder zu schlecht fürs Schwimmen - neuer Versuch am Montag. (SID/bearbeitet von cgo)
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