Die Seine ist zu schmutzig, um die olympischen Athletinnen und Athleten darin bedenkenlos schwimmen zu lassen. Der Medaillenkampf im Triathlon muss verschoben werden. Der Zeitplan gerät durcheinander. Eine deutsche Triathlon-Legende hält dies jedoch für richtig. Denn er hat das warnende Beispiel seiner Ehefrau vor Augen.

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Neun Tage vor der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele stieg die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo in die Seine. Sie wollte beweisen, dass der unter grossem finanziellen, technischen und personellen Aufwand gereinigte Fluss rechtzeitig Badequalität erreicht habe. Doch keine zwei Wochen danach sieht es ganz anders aus. Der Triathlon-Wettbewerb der Männer wurde wenige Stunden vor dem angesetzten Termin um einen Tag verschoben.

Triathlon-Legende Jan Frodeno warnt angesichts des Grads der Verschmutzung des Seine-Wassers vor den Folgen für die Gesundheit der Athletinnen und Athleten. "Meine Frau Emma hat ihre Karriere aufgrund der Wasserverschmutzung bei einem Weltcup beenden müssen, und das wünscht man keinem", wird der ZDF-Olympia-Experte in der "Bild"-Zeitung zitiert.

Verschmutztes Wasser führte zu Emma Frodenos Karriereende

Emma Frodeno wurde das Wasser im südkoreanischen Seoul, Olympiaort von 1988, zum Verhängnis. Ihr Mann Jan schildert anhaltende Magenprobleme. Seine Frau, wie er 2008 in Peking Olympiasiegerin und zudem dreimalige Weltmeisterin, habe nie wieder ihr volles Leistungsvermögen erreicht. Emma Frodeno, geborene Snowsill, beendete 2014 ihre Laufbahn.

Der Triathlon mit den Schwimm-, Rad- und Laufstrecken mitten in Paris soll eines der vielen Highlights der Spiele sein. Um den Fluss sauberer - und damit auch wettkampftauglich für Olympia - zu machen, investierte Paris in den vergangenen Jahren 1,4 Milliarden Euro in Kläranlagen und das Abwassersystem. Neben den Triathleten sollen auch die Freiwasserschwimmer in der Seine antreten.

In der Pariser Seine soll der Triathlon der Olympischen Spiele stattfinden
Die Seine in Paris ist vier Tage nach der Eröffnungsfeier Olympias zu dreckig, um darin zu schwimmen. Darunter leiden die angesetzten Triathlon-Wettbewerbe. (Archivbild) © dpa / Sven Hoppe

Das Wetter aber machte den Veranstaltern zu Beginn der Spiele einen dicken Strich durch die Rechnung. Es regnete am Tag der Eröffnungsfeier und danach heftig. Die Niederschläge verschmutzen den Fluss, sodass die mikrobiologischen Tests bislang nicht die vom Triathlon-Weltverband geforderten Werte erreichten.

Nun sollen die Wettbewerbe der Männer und der Frauen am selben Tag stattfinden, am 31. Juli. Startzeit für die Männer: 10:45 Uhr. Bereits um 8:00 Uhr sind die Frauen an der Reihe. Bleibt die Wasserqualität weiter zu schlecht, ist eine weitere Verlegung auf den 2. August geplant. Für den 5. August ist die Mixed-Staffel vorgesehen.

Lasse Lührs war um 4:00 Uhr morgens startklar

Der Sportdirektor der Deutschen Triathlon Union, Martin Veith kommentierte die Verschiebung des Männer-Wettbewerbs so: "Die Entscheidung ist nachvollziehbar, aber für die Athleten maximal unglücklich. Das bedeutet, dass sie aus dem Fokus raus müssen." Lasse Lührs, einer der drei deutschen Olympia-Starter, erzählte, dass er um 4:00 Uhr wach gewesen sei, schon seine Tasche für den Wettkampf gepackt habe und gerade frühstücken wollte, als die Nachricht von der vorläufigen Absage kam. "Jetzt muss man möglichst schnell umdenken", sagte er. "Aber es hilft nichts, sich lange darüber zu ärgern."

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Frankreichs Sportministerin Amélie Oudéa-Castéra äusserte sich beim Sender CNews zuversichtlich. Die aktuellen Schwierigkeiten seien durch die Regenfälle zu erwarten gewesen. Doch das Wetter sei inzwischen ja wieder blendend, sodass sie keine Sorgen um die Events habe.

Die Strömung der Seine ist das zweite Problem

Die Sauberkeit der Seine ist das eine Thema. Mehr Gedanken machen sich die Athletinnen und Athletinnen um die Strömung. Die ist nämlich - ebenfalls wegen der Regenfälle - deutlich höher als erhofft und als die Sportler beim olympischen Testwettkampf im Jahr 2023 erlebt hatten.

Bundestrainer Thomas Möller erklärte: "Wir haben hier aktuell Fliessgeschwindigkeiten im Hauptstrom von einem Meter pro Sekunde." Freizeitschwimmer kämen dagegen nicht an. Aber auch die Topsportler müssen kämpfen. "Unsere Athleten schwimmen etwa eineinhalb Meter pro Sekunde. Entscheidend ist, dass es in den Randbereichen der Seine eher weniger Gegenströmung gibt. Da wird es dann einfacher sein."

"Meine Vorfreude auf Olympia mindert sich dadurch nicht."

Laura Lindemann

Die zweimalige Europameisterin Laura Lindemann geht mit der für alle Beteiligten unbefriedigenden Situation pragmatisch um. Sie steht nach Rio de Janeiro 2016 und Tokio 2021 vor ihrem dritten Start bei Olympia. "Die Situation ist für alle gleich. Und meine Vorfreude auf Olympia mindert sich dadurch nicht."

Im Zweifel wird der Triathlon auf einen Duathlon reduziert

Frodeno aber gibt zu bedenken: "Wenn es nochmal verschoben wird, wird es wirklich kritisch", betonte Frodeno. Er hätte sich schon gewünscht, dass die Veranstalter angesichts des verschmutzten Wassers einen "Plan B" vorbereitet hätten. Was es gibt, ist das Notfallszenario, einen Duathlon auszutragen. Das Schwimmen fiele weg. Es würde zwei Einheiten Laufen geben - und dazwischen ginge es aufs Rad. (hau)

Verwendete Quellen

Die Seine in Paris soll Schauplatz von Triathlon und Freiwasser-Schwimmen sein

Olympischer Triathlon der Männer ist verschoben worden

Die Seine als Austragungsort der Triathlon- und auch der Freiwasser-Wettbewerbe der Schwimmerinnen und Schwimmer bleibt aufgrund ihrer schwankenden Wasserqualität ein grosses Problem für die Olympia-Veranstalter. Sie geraten in Termin-Nöte.
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