Der frühere deutsche Leichtathlet Wojtek Czyz tritt bei den paralympischen Spielen jetzt für Neuseeland im Badminton an. Unterstützung bekommt er dabei von niemand geringeren als Jürgen Klopp. Die Freundschaft der beiden hat eine lange Geschichte.

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Jürgen Klopp fieberte mit wie bei grossen Spielen von Borussia Dortmund oder des FC Liverpool, vor Aufregung hielt es ihn nicht auf dem Sitz. Der 57-Jährige klatschte in die Hände, fletschte die Zähne, schüttelte den Kopf, gab immer wieder den Motivator - doch es half alles nichts: Sein guter Freund Wojtek Czyz verlor bei seiner Premiere im Para Badminton bei den Spielen von Paris deutlich gegen die Nummer eins der Welt.

Klopp war als Edelfan des mittlerweile für Neuseeland startenden 44-Jährigen auf der Tribüne mit Leib und Seele dabei. "Ich hatte Tränen in meinen Augen. Im Sport geht es immer ums Ergebnis, aber manchmal geht es um mehr. Es war so berührend für mich", sagte Klopp: "Seine Geschichte hat erzählt zu werden. Es ist inspirierend als Geschichte für sich selbst, kein Vergleich zum Fussball. Das ist so speziell, das hätte ausser ihm keiner geschafft."

Jürgen Klopp
Jürgen Klopp fiebert im Para-Badminton mit seinem guten Freund Wojtek Czyz mit. © picture alliance / empics/Zac Goodwin

Klopp bekannte sich bei einem Besuch in Paris als grosser Fan der Paralympischen Spiele. "Ich habe es schon oft geschaut. Aber es ist leider eine Herausforderung, paralympischen Sport im Fernsehen zu finden, das geht oft nur über Streaming", sagte er in der Arena Porte de la Chapelle: "Ich denke, dass wir alle bereit sind, mehr zu schauen, als bislang angeboten wird. Bei Olympia waren sicher viel mehr Kameras hier."

Er sehe sich nun als eine Art Botschafter der paralympischen Bewegung. "Irgendwann muss irgendeiner den Startschuss geben. Ich finde, es sollte mehr gezeigt werden. Es ist so ermutigend und bewundernswert, was hier für Leistungen gezeigt werden."

Klopp und Czyz lernten sich vor 20 Jahren kennen

Klopp sei "Familie", schwärmte Czyz wiederum: "Seine Anwesenheit ist ein Statement, dass der paralympische Sport braucht." Die beiden waren sich vor mehr als 20 Jahren zufällig erstmals begegnet - und pflegen seitdem eine ganz besondere Beziehung. Czyz hatte damals einen Profivertrag als Fussballer unterzeichnet, zog sich dann aber auf seiner Abschiedstournee bei seinem Amateurverein VfR Grünstadt eine schwere Knieverletzung zu. Einige Behandlungsfehler und Fehleinschätzungen später wurde ihm das linke Bein oberhalb des Knies amputiert.

Das Schicksal wollte es, dass er während seiner Reha auf Klopp traf. Czyz lief wenige Monate nach seiner Amputation im Juni 2002 bei einem Benefizspiel im Trikot des 1.FC Kaiserslautern auf. Mit dem Erlös der Partie wurde unter anderem seine erste Sportprothese finanziert. Gegner? Der FSV Mainz 05 mit dem damals noch frischen Trainer Jürgen Klopp. Aus dieser Begegnung entstand eine tiefe Freundschaft, Klopp nutzte die Geschichte von Czyz in seinen Vereinen als Motivationshilfe für seine Spieler.

"Die besten und ehrlichsten Geschichten passieren im Para-Sport", argumentierte Klopp: "Jemand wie ich wäre dafür gar nicht tapfer genug." Schon sechs Monate nach seiner Amputation wurde Czyz deutscher Para-Leichtathletikmeister über 100 Meter und im Weitsprung, zwei Jahre später holte er in Athen drei Titel bei den Sommerspielen. Bei den Spielen in Peking und London legte der Pfälzer mit polnischen Wurzeln je einmal Gold und Silber sowie zweimal Bronze nach. Danach zog er sich aus der Para-Leichtathletik zurück.

Czyz scherzt: "Klopp ist kein Glücksbringer"

Stattdessen startete Czyz 2015 mit seiner Frau Elena eine Weltumsegelung mit einer Prothesenwerkstatt an Bord, um Prothesen in Entwicklungsländern bereitzustellen. Nach fünf Jahren des Projekts sass er wegen der Corona-Pandemie in Neuseeland fest und liess sich in Folge dort nieder. Nun tritt er nur zwei Jahre nach seinem internationalen Debüt für die neue Heimat als erster Spieler überhaupt auf grösster Bühne im Badminton an.

Und trotz der Auftaktniederlage bleibt in Paris noch eine Chance aufs Weiterkommen. Edelfan Klopp drückt sicher die Daumen - auch wenn er "kein Glücksbringer ist", wie Czyz laut lachend feststellte. (sid/bearbeitet von jum)

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