Angelique Kerber war dicht dran, bei ihrem letzten Turnier die Chance auf eine Olympia-Medaille zu haben. In einem dreistündigen Krimi unterliegt die 36-Jährige aber am Ende in ihrem letzten Match der Chinesin Zheng Qiwen.

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Angelique Kerber hielt noch einmal inne, liess ihren Blick über die Ränge des riesigen Court Philippe Chatrier schweifen, winkte tapfer ins Publikum - und verschwand unter riesigem Jubel in den Katakomben. Die grosse Karriere der grössten deutschen Tennisspielerin seit Steffi Graf hat im Viertelfinale der Olympischen Spiele geendet. In einem letzten grossen Kampf unterlag die 36-Jährige der Chinesin Zheng Qinwen 7:6 (7:4), 4:6, 6:7 (6:8) und verpasste damit ein märchenhaftes Happy End. Doch auch ohne Medaille kann Kerber Paris voller Stolz verlassen.

"Ich habe alles auf dem Platz gelassen. Mehr kann ich nicht machen. Ich habe mein Herz hier in Paris gelassen. Es ist vorbei. Aber ich liebe es, Tennis zu spielen und diese Atmosphäre: Besser hätte man sich kein letztes Spiel vorstellen können", sagte Kerber bei Eurosport.

In einem dramatischen Match über drei Stunden, in dem Kerber drei Matchbälle abwehrte, hatten nur Kleinigkeiten zum Halbfinal-Einzug gefehlt – sie wäre die älteste Tennispielerin gewesen, die dies bei Olympia im Einzel geschafft hat. Kerber geht dennoch auf einem Höhepunkt, das gelang nicht jeder grossen Sportlerin. Und wie an jedem Tag in Paris folgte sie auch beim Schlussakt ihrem Credo.

Kerbers Kampf gegen die 15 Jahre jüngere Kontrahentin

"Der Sieg gehört den Wagemutigsten" - der berühmte Wahlspruch von Roland Garros prangt in riesigen Lettern oben an der Tribüne des "Chatrier". So ging Kerber dort auch gegen die fast 15 Jahre jüngere Zheng ins erste Viertelfinale seit 26 Monaten - im Mai 2022 hatte sie in Strassburg danach ihren 14. und letzten Turniersieg auf der WTA-Tour gefeiert.

"Ich will hier wieder alles auf dem Platz lassen", sagte Kerber, die tags zuvor eine Zweifach-Schicht geschoben hatte: Erst das kraftraubende Achtelfinal-Einzel gegen Leylah Fernandez, dann in der grössten Nachmittagshitze die Doppel-Niederlage mit Laura Siegemund. Die Hoffnung, am Mittwoch einmal ausspannen und regenerieren zu können, zerschlug sich mit der Veröffentlichung des Spielplans am Dienstagabend.

"Ich nehme alles so, wie es kommt, und mache da kein grosses Tamtam mehr", sagte Kerber angesichts ihres vierten Einzels binnen fünf Tagen. Zheng hatte auf ihren Mixed-Einsatz am Dienstag verzichtet, dennoch zeigte sich Kerber zunächst frischer, startete mit einem Break und knüpfte an ihre bemerkenswerten Paris-Vorstellungen an.

Vier Tage nach ihrem Erstrundensieg gegen die viermalige Grand-Slam-Siegerin Naomi Osaka war Kerber auf "Chatrier" zurückgekehrt. Diesen mag sie - auch wenn sie es in ihrer Karriere in Roland Garros nicht einmal bis ins Halbfinale geschafft hatte. Das wollte Kerber nun ändern, doch Zheng stellte sich quer.

Kerber verpasst es, den Deckel drauf zu machen

Die Weltranglistensiebte fand besser ins Spiel. Kerber, die das zuvor einzige Duell mit Zheng 2022 in Indian Wells gewonnen hatte, reagierte, agierte dann variabler, streute immer wieder lästige Mondbälle ein und nahm Zheng den Spielfluss. Nach 53 Minuten ging Satz eins an Kerber.

Kerber zeigte sich bei drückender Schwüle lange topfit, verpasste es aber im zweiten Satz, den Deckel drauf zu machen. Stattdessen ging das Dach zu, draussen schüttete es. Und in der "Halle" war Kerber auf einmal wieder obenauf, führte 4:1 – doch letztlich reichte es nicht.

Kerbers Karriere hatte 21 Jahre zuvor begonnen, im Mai 2003 schlug die damals 15-Jährige in der Qualifikation des ITF-Turniers in Berlin die spätere Wimbledon-Siegerin Marion Bartoli. Nun endete diese absolut runde Karriere gegen Zheng, eine Spielerin die damals gerade einmal acht Monate alt war. "Es gibt für alles eine Zeit", sagte Kerber. Für sie bricht nun eine neue, spannende an. (SID/lh)

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