• US-Turnstar Simone Biles verlässt die olympische Bühne mitten im Kampf um Mannschafts-Gold.
  • Sofort geraten die sozialen Netzwerke in helle Aufregung.
  • Der US-Verband spricht offiziell von "medizinischen Gründen" für den Ausstieg seines Aushängeschilds.
  • Biles selbst meldet sich unter Tränen zu Wort. Die Russinnen profitieren und gewinnen den Wettkampf vor den USA.

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Das Team des Russischen Olympischen Komitees ist erstmals seit 29 Jahren wieder Mannschafts-Olympiasieger im Turnen. Die russische Riege gewann in Tokio das Finale mit 169,528 Punkten vor den USA und Grossbritannien. Die ganze Welt aber spricht nur vom Wettkampf-Abbruch des US-Superstars Simone Biles.

Unter Tränen erklärte die 24-Jährige die Beweggründe für ihren plötzlichen Ausstieg. "Ich musste tun, was richtig für mich ist und mich auf meine mentale Gesundheit fokussieren und nicht mein Wohlbefinden gefährden. Wenn ich turne, habe ich weniger Selbstvertrauen, weniger Spass und bin nervöser. Es ist Mist, wenn man mit seinem eigenen Kopf kämpft."

Die grosse Show von Biles war daher zu Ende, noch bevor sie richtig begonnen hatte. Die Goldmedaillen gingen an die ROC-Athletinnen, die die personelle Schwächung der US-Girls nutzten und ihnen die erste Niederlage seit elf Jahren zufügten. Nach der Entscheidung suchte sogar IOC-Präsident Thomas Bach ein tröstendes Gespräch mit Biles.

Die Ausnahmeathletin war nach dem ersten von vier Geräten ausgestiegen - "aus medizinischen Gründen", wie der US-Verband offiziell mitteilte. Umgehend wurde über mentale Probleme spekuliert.

Fabian Hambüchen vermutet einen "Blackout"

Eine Ansicht, die auch Fabian Hambüchen vertrat, der Reck-Olympiasieger vermutete bei der Analyse ihres misslungenen Sprungs einen Blackout. "Vielleicht wollte man sie deshalb davor schützen, sich an den anderen Geräten zu verletzen", sagte der Ex-Weltmeister bei Eurosport.

Biles hatte die Halle nach einem verpatzten Abgang beim Sprung und anschliessenden Diskussionen mit ihrer Trainerin plötzlich verlassen. Als sie rund zehn Minuten später zurückkehrte, gab das US-Team das vorzeitige Ausscheiden der Rekord-Weltmeisterin bekannt.

Ersatzfrau Jordan Chiles muss für Simone Biles zuende turnen

Damit startete die Gold-Mission der viermaligen Olympiasiegerin von Rio 2016 mit einer riesigen Enttäuschung. In die Medaillenentscheidung griff Biles nicht mehr ein, die Übungen am Stufenbarren, Schwebebalken und Boden turnte ihre überforderte Ersatzfrau Jordan Chiles.

Ob die Rekord-Weltmeisterin in Tokio überhaupt noch an den Start gehen kann, blieb zunächst offen. Während des Wettbewerbs am Dienstagabend im Ariake Gymnastics Center wurde Biles immer wieder von ihrer Trainerin in den Arm genommen. Auch ihre Teamkolleginnen streichelten ihr die Wange.

Biles nächster Auftritt ist eigentlich beim Mehrkampf-Finale am Donnerstag (12:50 Uhr/MESZ) geplant. Biles steht aber auch in allen vier Gerätefinals, die zwischen dem 1. und 3. August ausgetragen werden. Zunächst aber, teile die US-Mannschaftsleitung mit, werde der Mittwoch einer "mentalen Ruhepause" der Athletinnen dienen.

Die Erwartungen erdrücken Simone Biles

Biles, die schon in der Qualifikation für sie ungewöhnliche Wackler gezeigt hatte, ist in Tokio einem enormen Druck ausgesetzt, die Last auf den Schultern der 24-Jährigen ist riesig. In der Heimat wird dieser Tage nicht weniger als die Wiederholung ihrer vier Rio-Goldmedaillen von Biles erwartet.

"Im Moment habe ich wirklich das Gefühl, dass ich das Gewicht der ganzen Welt auf den Schultern trage", offenbarte Biles nach der Qualifikation bei Facebook, nachdem eine unsaubere Landung am Boden und ein verstolperter Abgang vom Schwebebalken für Diskussionen nicht nur in den turnverrückten USA gesorgt hatten.

Diese enorme Erwartungshaltung formulierte Teamkoordinator Tom Forster unmissverständlich: "Die Vorrunde war ein Weckruf, wir müssen daraus lernen. Wir müssen uns dringend darauf konzentrieren, die Fehler zu beheben." Zwar waren auch Biles' Teamkolleginnen nicht ohne Patzer geblieben, doch Adressatin der Kritik war zweifellos in erster Linie die 1,42 Meter kleine Ausnahmeathletin.

Simone Biles: "Olympia ist kein Spass"

Genau so jedenfalls kamen diese Vorhaltungen auch bei ihr an: "Ich weiss, dass ich den Druck beiseite schieben kann, und dann sieht es so aus, als ob ich ihn nicht mehr spüre. Aber manchmal ist das verdammt hart. Olympia ist kein Spass." Zwei Stunden vor dem Team-Finale hatte sie allerdings noch einen Videoclip auf Instagram gepostet, der sie im Turndress vor einem Spiegel in der Toilette zeigte. (AFP/dpa/lh/dh/hau)

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