• Alexander Zverev holt Gold und spricht von "unbeschreiblichen Gefühlen".
  • Durch die Goldmedaille könnte sich auch sein Image in Deutschland verbessern, das durch einige Fehler in der Vergangenheit stark gelitten hat.
  • Olympia-Gold könnte der endgültige Startschuss zur Jagd auf die Grand-Slam-Titel für den 24-Jährigen sein.

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Ungläubig sank Alexander "Sascha" Zverev auf die Knie. Wenige Momente zuvor hatte der gebürtige Hamburger den Russen Kharen Khachanov mit 6:3 und 6:1 geschlagen und damit Olympia-Gold gewonnen.

Es ist wohl der bislang grösste Erfolg in der Karriere des 24-Jährigen, der schon seit Jahren als Top-Spieler gilt, bislang aber bei den Grand-Slams noch nicht auftrumpfen konnte. "Das sind unbeschreibliche Gefühle. Ich habe für ganz Deutschland gespielt", erklärte ein sichtlich aufgewühlter Zverev im "ZDF" nach seinem Gold-Coup.

Von Beginn an war für den Deutschen bei Olympia alles anders. Gemeinsam mit den anderen deutschen Spielern wohnte er in einer Art WG im Olympischen Dorf und spürte dort den besonderen Geist von Olympischen Spielen, auch wenn sie in Tokio ohne Zuschauer stattfinden. "Olympia ist das grösste Sportereignis, das es auf der Welt gibt. Die Tennisspieler, die noch nie bei Olympia waren und sagen, Olympia ist nicht wichtig - die müssen einmal zu Olympia fahren, dann werden sie es anders sehen", meinte der Weltranglisten-Fünfte.

Zverev: "Spiele für alle, die hier im Dorf sind"

Auch sportlich lief es: Ohne Satzverlust marschierte Zverev bis ins Halbfinale. Dort wartete mit Novak Djokovic die wohl grösste Herausforderung überhaupt im Tennis. Doch der Deutsche verwies den serbischen Dominator in drei Sätzen, nach einer bemerkenswerten Aufholjagd, in die Schranken. "Ich weiss, dass ich nicht nur für mich selber oder meine Familie spiele, sondern für alle, die hier im Dorf sind", erklärte er die Bedeutung des Erfolgs über den Weltranglisten-Ersten.

Aber nicht nur im olympischen Dorf, sondern auch in der knapp 9.000 Kilometer entfernten Heimat hat Zverev in den vergangenen Tagen für viel positive Aufregung gesorgt, die nun mit der ersten deutschen Goldmedaille im Tennis-Einzel ihren Höhepunkt finden dürfte.

Denn in seiner Heimat haftet dem Deutschen mit Wahlheimat Monte Carlo ein schwieriges Image an. Fehltritte im Umgang mit der Corona-Pandemie oder Vorwürfe der häuslichen Gewalt durch seine frühere Freundin, die Zverev dementierte und ein gemeinsames Kind mit Ex-Freundin Brenda Patea, zu dem er aber keinen Bezug hat sind wohl drei grosse Ursachen für das schwierige Verhältnis zwischen Zverev und seiner deutschen Heimat.

Zverev muss Reife auch ausserhalb des Platzes nachweisen

Mit dem Olympia-Gold könnte er nun bei seinen Landsleuten sein Image etwas aufpolieren, auch wenn dafür Erfolge allein nicht reichen werden. Auch ausserhalb des Platzes gilt es für Zverev in Zukunft seine Reife nachzuweisen, will er zu Deutschlands beliebtesten Sportlern, wie Steffi Graf zu ihren aktiven Zeiten, zählen.

Dass ihm dieses Thema nicht unwichtig ist, unterstreicht eine Episode vom Turnier in Madrid früher in diesem Jahr. Dort wunderte sich Zverev nach seinem Turnier-Sieg über die ausbleibenden Fragen aus Deutschland im Rahmen einer virtuellen Pressekonferenz. "Wie Sie sehen, interessiert es die Deutschen wirklich nicht", erklärte er dazu und verliess die PK mit dem Siegerpokal in der Hand.

Seine Beliebtheitswerte in Deutschland könnten aber durchaus ansteigen, schliesslich ist der Hamburger der erste männliche DTB-Spieler, der bei Olympischen Spielen im Einzel triumphiert. Zuvor war dies nur Steffi Graf im Jahr 1988 gelungen. DTB-Legenden wie Boris Becker, Michael Stich oder Tommy Haas blieb eine Goldmedaille im Olympia-Einzel Zeit ihrer Karriere verwehrt. Auch Ikonen wie Roger Federer oder Novak Djokovic können einen solchen Erfolg nicht vorweisen.

Bruder Mischa erklärt Olympia-Erfolg

Doch warum trumpfte Zverev bei Olympia derart auf, während er bei Grand-Slam-Turnieren bislang nur eine Finalteilnahme aufweisen kann und noch auf den grossen Wurf wartet? "Ein Grand Slam spielt er für sich und wird nervös. Olympia spielt er für das Land und wird nicht nervös. Er wird grösser, er wird stärker, er wird zum Löwen", fand Zverevs älterer Bruder Mischa bei "Eurosport" eine mögliche Erklärung. Der 24 Jahre alte Zverev hat in den Tagen von Tokio eine Entschlossenheit und Überzeugung an den Tag gelegt, die bei ihm noch nicht in dieser Konstanz zu sehen war.

Dieses Tokio-Gold könnte Zverev nun also nicht nur in Sachen Image sondern auch sportlich einen enormen Push verleihen. "Olympia ist einer der schwersten Wettbewerbe, den man gewinnen kann, ich glaube, der schwerste", meinte er zur Bedeutung des olympischen Tennis-Turniers. Mit diesem Erfolg im Rücken, gepaart mit dem Schub für sein Selbstbewusstsein, ist dem Wahl-Monegassen nun bei den folgenden Aufgaben alles zuzutrauen. Bereits im vergangenen Jahr stand er bei den noch anstehenden US Open im Finale, unterlag dort aber Dominic Thiem. Diese Scharte könnte er nun auswetzen und damit binnen weniger Wochen zwei historische Momente erleben.

Olympia-Gold könnte also rückblickend der Startpunkt für Zverevs Jagd auf die Grand-Slam-Titel gewesen sein.

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