Er ist der schnellste Mann ohne Beine. Nun will der körperbehinderte Oscar Pistorius bei Olympia 2012 in London an den Start gehen. Damit wäre er der erste Prothesenläufer, dem dies jemals gelungen ist. Seine nicht ganz unumstrittene Geschichte.
Oscar Pistorius ist aber schon jetzt ein Held, ein Held für viele körperbehinderte Menschen, denen seine Geschichte Kraft gibt.
Ein Start mit Hindernissen
2004 gewann er zum ersten Mal bei den Paralympics in Athen. Bei den Sommer-Paralympics 2008 gewann er den 100-, 200- und 400-Meter-Lauf seiner Klasse. Inzwischen ist er so etwas wie eine Attraktion - und ein Vorbild für viele körperbehinderte Sportler.
Im vergangenen Jahr erreichte der Südafrikaner aus Pretoria als erster Mensch mit Behinderung das 400-Meter-Halbfinale bei den Leichtathletik-Weltmeisterschaften Nichtbehinderter im südkoreanischen Daegu.
Dass es dazu einmal kommen würde, schien 2007 noch völlig ausgeschlossen. Damals hatte der Leichtathletik-Weltverband IAAF einen Start bei den offiziellen Nichtbehinderten-Meisterschaften abgelehnt. Grundlage dafür bildete eine Studie des Kölner Sportwissenschaftlers Gert-Peter Brüggemann, der festgestellt hatte, dass ein Prothesenlauf mit einem Fusslauf nicht zu vergleichen sei.
Eine amerikanische Studie widersprach jedoch der Kölner Studie und Pistorius klagte. Der Sportgerichtshof CAS in Lausanne gab ihm im Mai 2008 schliesslich Recht und entschied, dass es sich bei den Prothesen nicht um verbotene Hilfsmittel handele, sondern dass diese mit natürlichen Beinen vergleichbar seien.
Pistorius war somit für die Olympischen Spiele 2008 in Peking startberechtigt, damals blieben dem Ausnahme-Leichtathleten jedoch nach der Entscheidung nur noch wenige Wochen Zeit, sich auf das Sportgrossereignis vorzubereiten. Sowohl für die 400-Meter-Strecke als auch für die Staffel verfehlte er damals die Norm.
Im vergangenen Jahr dann qualifizierte sich Oscar Pistorius mit einer Zeit von 45,07 Sekunden für die Leichtathletik-Weltmeisterschaften, scheiterte letzten Endes jedoch beim Einzug ins Finale.
Als Mitglied der Viermal-400-Meter-Staffel allerdings lief er im Halbfinale neuen südafrikanischen Landesrekord. Im Finale erzielte das südafrikanische Team dann, nun ohne Pistorius, den zweiten Platz. Weil er im Halbfinale teilgenommen hatte, erhielt jedoch auch Pistorius die Silbermedaille.
Ein umstrittener Ausnahme-Sportler
Sein Start bei der WM blieb weiterhin umstritten: Der Kölner Sportwissenschaftler Gert-Peter Brüggemann wiederholte seine ablehnende Haltung von 2007 kurz vor der WM erneut. Pistorius brauche etwa 80 Meter, um richtig in Schwung zu kommen. Bis dahin sei er langsamer als ein nicht behinderter Läufer, danach aber schneller.
Grund dafür ist, dass die elastischen Karbonbeine wie Federn arbeiten und so erhebliche Energiemengen speichern können. Dadurch sind sie einem menschlichen Bein mit natürlichem Sprunggelenk überlegen.
Brüggemann führte im Interview mit dem Internetdienst "Focus-Online" weiter aus: "Wir haben damals auch die Sauerstoffaufnahme nach dem Lauf gemessen - und die war deutlich niedriger als die der nicht behinderten Sportler. Das ist plausibel, denn Pistorius überbrückt das Sprunggelenk und verbraucht weniger Energie. Er ermüdet nicht und kann die Geschwindigkeit halten."
Der CAS hatte 2008 jedoch erneut dagegengehalten und auf Nachteile in anderen Aspekten des Laufs hingewiesen. So sei neben dem Start etwa auch das Kurvenverhalten bei einem Lauf mit Prothesen schwieriger.
Bei Pistorius' Prothesen mit Namen "Flex Foot Cheetah Modular III" handelt es sich übrigens um 41,1 Zentimeter lange, 512 Gramm schwere künstliche Verlängerungen aus dem Hightech-Werkstoff Carbon. "Cheetah" ist das englische Wort für Gepard, dem mit etwa 100 Stundenkilometern schnellsten Säugetier der Welt.
Olympia-Teilnahme noch unsicher
Bevor Oscar Pistorius im August in London tatsächlich starten kann, muss er bis zum 30. Juni noch einmal die Olympianorm von 45,30 Sekunden erreichen. Beim seinem letzten Wettbewerb in Eugene / Oregon am 4. Juni schaffte er nur 46,86 Sekunden.
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