- Die US-Turnerin Simone Biles zog sich vorübergehend von den Olympischen Spielen zurück, weil sie an den "Twisties" leidet.
- Dabei handelt es sich um Orientierungslosigkeit in der Luft, was für Turnerinnen und Turner verheerende Auswirkungen haben kann.
- Biles kehrte für den Wettkampf am Schwebebalken zurück und gewann Bronze.
Es gab doch noch ein Happy End für den US-Turn-Star
Der Grund für Biles' Rückzug war mental begründet. Die 24-Jährige leidet an den sogenannten "Twisties". Das Wort leitet sich ab vom englischen "twists", also den Rotationen um die Längsachse in der Luft, die Turnerinnen und Turner an den Geräten durchführen.
Andere Turner fühlen mit
Hat jemand die Twisties, verliert die- oder derjenige in der Luft die Orientierung und kann etwa eine Landung nicht mehr entsprechend planen. Im schlimmsten Fall führt dieses als "mentale Blockade" definierte Problem zu schweren Stürzen. "Es ist ehrlich gesagt angsteinflössend, wenn man etwas machen möchte, aber Körper und Geist nicht in Einklang sind", schrieb Biles in einer Instagram-Story vergangene Woche.
Andere Turnerinnen und Turner bestätigten, dass auch sie schon mit dem Problem zu kämpfen hatten. "Wenn du dich quasi in der Luft verlierst und nicht weisst, wo du bist, ist das brutal. Ich hatte das auch schon und, um sich davon zu erholen, dauert es normalerweise ein paar Tage, damit das Selbstvertrauen zurückkommt", sagte Dylan Schmidt, der in Tokio Bronze im Trampolinturnen gewann.
Debatte in USA entbrannt
Gerade in Biles' Heimatland entbrannte eine Debatte nach ihrem zwischenzeitlichen Rückzug. Manche warfen der Spitzenathletin mentale Schwäche vor – und das, obwohl derartige Probleme im Spitzensport an sich nicht ungewöhnlich sind. Golferinnen und Golfer etwa berichten schon seit Jahrzehnten von "Yips", also einem kurzen Einknicken beim Putten zum Beispiel.
Auch von Expertenseite wurde die Validität der Twisties bestätigt. "Die Balance während komplexer Bewegungen im Turnen benötigt eine Übereinstimmung zwischen der Erwartung des Gehirns hinsichtlich des sensorischen Inputs und dem echten Input", erklärt die Biomedizinerin Kathleen Cullen von der John Hopkins University.
Einfach ausgedrückt: Wenn sich der Körper in der Luft befindet, nimmt das Gehirn sensorische Informationen etwa über die Augen und den Gleichgewichtssinn auf. Die Informationen werden verarbeitet und das Gehirn macht sich ein Bild über die aktuelle Körperposition. Stimmt allerdings die Körperposition im Gehirn nicht mehr mit der realen Körperposition überein, verliert der Mensch die Kontrolle.
Bronze bedeutet Einstellung eines Langzeitrekords
In der ersten Woche der Spiele hatte Biles nur einen Sprung im Team-Finale unternommen und anschliessend ihren Rückzug erklärt. Sie zog sich später auch von den Einzelwettbewerben an mehreren Geräten zurück. Den Schwebebalken traute sich Biles zu, weil an diesem weniger Längsachsenrotationen vonnöten sind.
Sie verzichtete in ihrer Übung sogar auf jegliche Art von Schrauben, wodurch der Schwierigkeitsgrad sank. Allerdings überzeugte Biles durch eine äusserst präzise Ausführung. Die Bronzemedaille war ihre 32. bei Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften, womit sie mit der bisherigen Rekordhalterin Larissa Latynina gleichzog.
Verwendete Quellen:
- Reuters: Olympics Gymnastics - Biles seeks to conquer the terrifying "twisties"
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