New York (dpa) - Magnus Carlsen war die Erleichterung deutlich anzumerken. "Es war nicht schön, aber es ist genau das, was ich gebraucht habe", sagte der Norweger nach seinem ersten Sieg im Schach-Duell gegen Herausforderer Sergej Karjakin.
Die Weltmeisterschaft in New York ist wieder offen. Nach zehn Spielen steht es 5:5 zwischen dem Norweger und dem Russen.
Vor wenigen Tagen hatte das noch ganz anders ausgesehen. Als Carlsen dem Russen Karjakin im achten Spiel unterlag, verweigerte er dem norwegischen Fernsehen erst das tägliche Interview. Dann verlor er die Nerven, als er im Raum der Pressekonferenz auf seinen Gegner warten musste. Der Weltmeister rauschte entnervt davon. Vor zwei Wochen sagte er der "Süddeutschen Zeitung": "Gewinnen macht mir Spass." Zuletzt hatte er nur wenig Spass.
26 Jahre wird Carlsen am Mittwoch. Weltstar ist er jedoch schon seit vielen Jahren. Als er den Inder Viswanathan Anand vor drei Jahren vom Thron stiess, wurde er zu einem der jüngsten Schach-Weltmeister der Geschichte. Viele Beobachter sprachen von einer neuen Ära seines Sports. Die Jugendlichkeit gepaart mit seiner psychischen Stärke und der körperlichen Fitness sollten ihn auf Jahre hinweg unschlagbar machen. Carlsen drängt seine Gegner nach und nach in die Enge, fordert sie während der stundenlangen Matches aber auch körperlich.
Der 25-Jährige gilt als "Mozart des Schach", wird gefeiert wie ein Popstar und hat schon als Unterwäsche-Model gearbeitet. Bald hat er eine Gastrolle in der Fernsehserie "Die Simpsons", und gegen Bill Gates und Mark Zuckerberg hat er auch schon gespielt. Carlsen ist ein neuer Typus von Schach-Champion: lässig, cool, medienaffin. Es gibt sogar eine Schach-App für das Smartphone, die seinen Namen trägt. Die Niederlage im achten Spiel gegen Karjakin hat jedoch scheinbare Gewissheiten ins Wanken gebracht.
Denn anstelle des Norwegers ist es Karjakin - ebenfalls erst 25 -, der das Publikum in Manhattan mit seiner lockeren Art überrascht. Bei Carlsen machen Beobachter stattdessen ein Hadern und Zaudern aus. Wie sehr steht der Norweger unter Druck?
Zwei Spiele sind noch zu spielen, der Ausgang ist wieder völlig offen. Allein das ist schon eine kleine Sensation, galt Carlsen gegen Karjakin doch als Favorit. Am Samstag wird sich zeigen, ob er dieser Rolle doch noch gerecht werden kann. Montag ist dann das letzte normale Spiel. Sollte dann noch immer keine Entscheidung gefallen sein, kommt es am Mittwoch zum Tie-Break. An seinem 26. Geburtstag könnte die Entscheidung fallen, ob Carlsen auf dem Thron sitzen bleiben darf. © dpa
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