Alexander Zverev taumelt im Jahre 2019 teilweise von Niederlage zu Niederlage. Vor allem die Themen abseits des Tenniscourts machen ihm zu schaffen. Gelingt bei den French Open der Turnaround?
Eigentlich hatte der deutsche Tennis-Star
Er spielt momentan das Turnier in Genf, um vor dem Grand-Slam-Turnier in Paris frisches Selbstvertrauen zu tanken. Das Problem ist nämlich: An Selbstvertrauen hat er in den letzten Wochen ordentlich eingebüsst.
Der beste deutsche Tennisspieler steckt im Formtief. Bei den vorherigen acht Turnieren gelangen ihm nur ein einziges Mal zwei Siege am Stück. Er hatte acht der vorherigen 13 Spiele verloren - welch grausame Bilanz für einen Weltklasse-Spieler. In der Weltrangliste ging es um zwei Positionen auf Rang 5 hinab.
Grund für den Absturz sind wohl vor allem die Probleme abseits des Tennisplatzes. Der gebürtige Hamburger, der in den Jahren 2017 und 2018 insgesamt neun Turniere gewann und in diesem Jahr noch kein einziges, ist ein Spieler, der für Top-Leistungen einen freien Kopf benötigt.
"Ich habe letztes Jahr aus einem Grund so gut gespielt: Ich hatte nichts anderes zu tun ausser Tennis", sagte er einmal.
Zverev: Trennung von Manager und Freundin
Ganz anders verhält es sich im Jahre 2019. Da wäre zunächst einmal der Streit mit seinem Manager Patricio Apey. Zverev trennte sich von ihm, befindet sich seitdem in einem Rechtsstreit und muss seine Geschäfte neu ordnen.
"Die Geschichte mit meinem Manager kostet viel Kraft momentan. Ich bin deswegen die letzte Zeit fast täglich mehrere Stunden am Handy gewesen", verriet er Ende April gegenüber dem Tennis Magazin.
Fast zeitgleich ging die Beziehung zu seiner Freundin Olga Sharypova in die Brüche. Das Privatleben von Zverev geriet vermehrt in die Öffentlichkeit. Zuletzt wurde ihm von den Medien ein Techtelmechtel mit Top-Model
Damit nicht genug: Das gewohnte Umfeld, welches ihn auf der Tour zur Seite steht, brach ihm zuletzt ebenfalls weg. Sein Vater konnte ihn aus gesundheitlichen Gründen nicht begleiten.
Sein persönlicher Berater Ivan Lendl fehlte ebenfalls. Der Allergiker, der früher selber ein grosser Tennis-Star war, meidet den europäischen Frühling wegen der Pollen.
Zverev: Ich war komplett tot
Kurzum: Es gelingt Zverev nicht mehr, sich vor den Turnieren in Bestform zu bringen. Nach seiner Auftakt-Niederlage in Rom klagte er: "Ich bin auf den Platz gegangen und war vor dem Spiel schon komplett tot."
Die Kritik richtete sich auch gegen sein eigenes Team. "Wir waren so weit entfernt von aller Professionalität in dieser Woche. Darüber müssen wir reden", sagte er gegenüber dem Fernsehsender Sky.
Ein Freund des Tennisspielers sagte gegenüber tennisnet: "Er müsste den Laden jetzt mal komplett neu aufstellen, mit Leuten von aussen, die ihn gut beraten." Doch das ist eben leichter gesagt als getan.
Die Hoffnung richtet sich nun auf eine Leistungssteigerung bei den French Open. Dem Turnier also, bei dem Zverev vergangenes Jahr das Viertelfinale erreichte. Es war sein bislang bestes Ergebnis bei einem der vier grossen Grand-Slam-Turniere.
Um die Marke Alexander Zverev zu einem Premium-Produkt werden zu lassen, müsste er bei einem dieser Turniere für Furore sorgen. Der Grund dafür, dass Zverev zuletzt selbst als Dritter der Weltrangliste noch immer nicht allen Deutschen geläufig ist, dürfte auch darin liegen, dass er im Gegensatz zu Angelique Kerber nie eines der grossen Turniere gewann.
Die Fähigkeiten dazu hätte er wahrscheinlich. Zverev hat bereits bewiesen, dass er seine Stärken auf dem langsamen Sandbelag, wo die Ballwechsel oft sehr lange dauern, zur Geltung bringen kann. Vier Sandplatzturniere hat er in seiner Karriere bereits gewonnen.
Zverev ist enttäuscht und frustriert
Die grösste Herausforderung dürfte darin liegen, auch psychisch wieder zurück zur alten Stärke zu finden. Laut Paul Annacone, der bereits Superstars wie Pete Sampras und Roger Federer gecoacht hat, hat die Krise von Zverev zu 90 Prozent mentale Ursachen.
"Zverev ist enttäuscht, er ist frustriert, es gibt viel Negatives um ihn herum. Er muss den Glauben an sich selbst wieder herstellen und das tun, was ihn zu einem der besten fünf Spieler der Welt gemacht hat", sagt er gegenüber tennisnet.
Haas: Zverev "zerstört sich selbst"
Ex-Profi
"Er hat zu viele Fragezeichen im Kopf", analysiert Haas den Grund für den fehlenden Erfolg. Zudem könne der 22-Jährige noch variabler und unberechenbarer auf dem Platz werden, befand Haas. "Er kann noch aggressiver werden, schneller auf Angriff umschalten, auch mal selbst den Gewinnschlag suchen", sagte die einstige Nummer zwei der Weltrangliste.
Der Tennistrainer und -Experte Marco Kühn wiederum will festgestellt haben, dass Zverev manchmal zu schnell zu viel will. "Die derzeitige Phase seiner Entwicklung ist eine Lernperiode, die ihm zeigt, dass er ruhiger und geduldiger werden sollte", schreibt er in seiner Kolumne auf tennismagazin.de.
"Es lässt sich nicht alles sofort und direkt erreichen. Ein grosser Titel bei einem Grand Slam Turnier braucht Zeit und eine gewisse Erfahrung. Das konstante Abrufen absoluter Topleistungen ist keine Selbstverständlichkeit."
Diese Erfahrung macht Zverev nun zum ersten Mal in seiner Karriere.
Verwendete Quellen:
- Welt.de: "Ich habe keine Lust, Tennis zu spielen"
- tennismagazin.de: Zverev bei BMW Open: Ohne Vater, Freundin und Manager
- gala.de: Er räumt mit Gerüchten um Lena Gercke auf
- tennisnet.de: Paul Annacone - "Alexander Zverev muss den Glauben an sich wiederfinden"
- tennisnet.de: Alexander Zverev teilt verbal aus - Die Welt des Weltmeisters in Unordnung
- tennismagazin.de: Alexander Zverev: Charaktertest auf Sand
- atptour.com: Alexander Zverev
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