Angelique Kerber erlebt ein Jahr zum Vergessen. Ein Debakel jagt das nächste. Nun folgte das Erstrunden-Aus bei den US-Open. Der aktuelle Zustand der deutschen Nummer eins ist alarmierend. Tennis-Experten sind besorgt. Doch auf Kritik reagiert sie trotzig. Dabei ist ihr Problem offensichtlich.

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Von den ständigen Fragen nach einem neuen Trainer in die Enge getrieben, reagierte Angelique Kerber gereizt und trotzig. "Ich lasse mir von niemandem Druck machen", sagte Kerber am Montag nach ihrer Erstrunden-Pleite bei den US Open in New York. Das 5:7, 6:0, 4:6 gegen die Französin Kristina Mladenovic war der nächste Tiefschlag für die dreimalige Grand-Slam-Turnier-Siegerin in einem völlig verkorksten Jahr.

Nun werden die Kritiker immer lauter. Sie machen sich Sorgen um den deutschen Tennis-Star: Wie will Kerber den Weg aus der Krise finden? Und vor allem: mit wem?

Seit der Trennung von Rainer Schüttler im Anschluss an das frühe Aus als Titelverteidigerin in Wimbledon reiste Kerber weitgehend alleine durch die Tennis-Welt. Das Ergebnis: Auftakt-Aus in Montreal, Auftakt-Aus in Cincinnati - und nun das Auftakt-Aus bei den US Open. "Wenn jetzt nicht der Groschen gefallen ist, wann dann?", kritisierte Tennis-Legende Boris Becker als Experte bei Eurosport.

Rittner kritisiert: Kerber braucht Führung

Doch Kerber, derzeit an Position 14 der Weltrangliste, will von all dem - erst einmal - nichts wissen. Ihr erneutes Erstrunden-Aus habe am fehlenden Coaching gelegen? Keineswegs - und wenn doch, möchte sie sich darüber jetzt keine Gedanken machen, meinte die 31-Jährige.

Vielleicht hätte ja Ex-Coach Torben Beltz Lust auf eine erneute Zusammenarbeit? Darauf angesprochen, antwortete Kerber wortkarg: "Ich glaube, dass er momentan einen guten Job hat (...) und ich denke, es ist gut so, wie es momentan ist."

Während Kerber nach Antworten sucht, ist Barbara Rittner, viele Jahre eine enge Vertraute der Tennisspielerin, der Meinung, des Rätsels Lösung zu kennen. Die Ursache für die Krise liege im ausgedünnten Umfeld der deutschen Nummer eins.

"Mit einem Coach hätte sie die Partie nicht verloren", analysierte Rittner als Expertin bei Eurosport. Schon im Vorfeld hatte sie Kerber zu einem Nachfolger von Schüttler geraten. "So, wie ich Angie kenne, ist sie niemand, der eine längere Zeit alleine sein sollte. Sie ist auf jeden Fall jemand, der Führung braucht."

Erstrunden-Aus bei US-Open: Kerber beharrt auf Alleingang

Angesprochen auf die Kritik der langjährigen Fed-Cup-Teamchefin ging Kerber in die Offensive. "Ich sehe das nicht so. Ich bin erfahren genug und habe mich ja bewusst dazu entschieden", sagte Kerber. "Der Schlüssel, dass ich verloren habe, liegt nicht daran, dass ich keinen Coach habe."

Doch woran lag es dann, dass sie gegen die Nummer 54 der Weltranglisten verlor? "Ich glaube, dass das nicht mein bestes Match war, aber Mladenovic hat taktisch gut gespielt gegen mich", sagte Kerber. "Ich habe hier in den letzten Tagen eigentlich ganz gut trainiert. Ich habe mich so gut es geht vorbereitet."

Ohne es offenbar mitzubekommen, zeigte Kerber ihre Schwachstelle auf. Die Ursache ihrer Krise: der fehlende Trainer. Dennoch beharrte sie darauf, alleine ihr Ding durchziehen zu wollen.

Mladenovic profitiert von Trainer

Mit dieser Meinung stand die 31-Jährige in New York aber weitgehend alleine da. Denn es war offensichtlich, dass Mladenovic klar davon profitierte, in Sascha Bajin einen guten Trainer in ihrer Box auf der Tribüne zu haben.

Der gebürtige Münchner, der im vergangenen Jahr Naomi Osaka zum US-Open-Titel führte, hatte der Französin die passende Taktik gegen Kerber zurechtgelegt. Zudem bot er Mladenovic Halt, als diese von Rückenbeschwerden geplagt den zweiten Satz mit 0:6 abgab.

Becker: "Kerber wird nicht gut gecoacht - weil sie keinen hat"

Wenn Kerber in kritischen Phasen zu ihrem Team schaute, sah sie dort ihren Manager Aljoscha Thron, ihre Mutter Beata und einen Sparringspartner. "Sie wurde nicht gut gecoacht - weil sie keinen hat", scherzte Becker nach der Niederlage.

Doch dann wurde der dreimalige Wimbledonsieger wieder ernst. "Sportler leben ja manchmal in einer Seifenblase. Ich glaube, es wird Zeit, diese Seifenblase einmal aufzustechen."

Doch Kerber macht aktuell überhaupt nicht den Eindruck, als wolle sie auf die Kritiker hören. Ihr Verhalten ähnelte dem nach früheren Niederlagen: schnelle Flucht vom Platz, schnelle Pressekonferenz und dann abtauchen.

"Ich werde das jetzt nicht in den nächsten Tagen aus den Emotionen heraus entscheiden", sagte Kerber. "Ich möchte die richtige Entscheidung treffen." Doch welche das sein soll, weiss auch die Kielerin derzeit offensichtlich nicht. "Ich habe noch keine Ahnung, in welche Richtung es geht und wann eine Entscheidung fällt." (msc/dpa)

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