- Bei den anstehenden French Open stehen nur zwei deutsche Frauen direkt im Hauptfeld.
- Ex-Profi Alexander Waske sieht die Erklärung dafür in der Nachwuchsarbeit des deutschen Verbandes.
- Er fordert eine eingehende Analyse und sieht auch die Nachwuchstalente ein Stück weit in der Pflicht.
Die French Open (22. Mai bis 5. Juni) stehen vor der Tür und die deutschen Tennis-Damen stehen erneut vor einer schweren Aufgabe. Denn mit
Aber über die Weltrangliste schaffen aktuell nur die erfahrenen Petkovic (34) und
Daher wäre es eine "sehr positive Überraschung, wenn wir eine Spielerin in der zweiten Woche hätten", ordnet Waske die Zielsetzung für das zweite Grand-Slam-Turnier des Jahres ein, der zudem auf Niemeier hofft, "die auf Sand gut spielt".
Alexander Waske: "Andere Nationen haben uns den Rang deutlich abgelaufen"
Doch letztendlich hält die "Goldene Generation" um Petkovic und Kerber, zu der früher noch
"Ich glaube schon, dass uns andere Nationen den Rang deutlich abgelaufen haben. Kanada und Italien sind hier als Beispiel zu nennen. Die Kanadier hatten früher niemanden und sind jetzt in der Spitze vertreten und Italien hat jetzt eine breite Masse an jungen Spitzenspielerinnen und -spielern", sagt Waske zum internationalen Standing des deutschen Tennis-Sports.
Einerseits liegt dies an der finanziellen Limitierung, "weil es in Deutschland keine grossen Turniere gibt, die Geld in die Verbandskassen spülen". So gebe es in Frankreich in der höchsten Förderstufe 500.000 Euro im Jahr, wodurch die Top-Stars dort "aus dem Vollen schöpfen können, was ihr Team (Trainer, Physiotherapeut, Fitnesstrainer) angeht".
"Mehrere Trainer, die selten miteinander kommunizieren"
Andererseits macht Waske, der 2012 seine Karriere beendete, auch die Vorgehensweise im deutschen Verband bei der Nachwuchsarbeit mitverantwortlich. "In Deutschland wird bis zu einem Alter von etwa 16 Jahren einmal pro Woche im Bezirk trainiert, zweimal pro Woche im Verband und zweimal in der Woche beim Vereinstrainer. Der Spieler hat mehrere Trainer, die selten bis wenig miteinander kommunizieren", erklärt der 47-Jährige.
Er fordert: "Man sollte sich definitiv von den erfolgreichen Ländern die Modelle mal anschauen und analysieren, ob wir da noch wettbewerbsfähig sind." Denn mit Philipp Kohlschreiber und Florian Mayer gelang in den letzten 15 Jahren nur zwei Spielern der Sprung unter die Top 50 der Weltrangliste, die konstant mit dem Tennis-Verband zusammenarbeiteten. Alle weiteren deutschen Tennis-Stars entstanden hauptsächlich durch privates Engagement und Investment, was aber wiederum nicht jeder Nachwuchsspielerin zur Verfügung steht. Nach Informationen unserer Redaktion gibt es nur eine Förderung durch den Tennis-Verband bei einer regelmässigen Zusammenarbeit mit dem Verband. Geschieht dies nicht, ist man oft automatisch ein Feind des Verbandes.
Doch einem Insider zufolge sind die Leistungen der Talente in den Leistungszentren des deutschen Verbandes unterdurchschnittlich. Die Folge: Immer wenige deutsche Spielerinnen und auch Spieler stehen in einem Grand-Slam-Hauptfeld. Waren es vor wenigen Jahren noch regelmässig zehn oder mehr pro Hauptfeld, sind es in Paris, im schlimmsten Fall, gerade einmal zwei bei den Frauen.
Interesse an ganzen Spielen bei Talenten schwindet
Aber nicht nur die Strukturen im deutschen Tennis sind ein Problem bei der Entwicklung neuer Talente, auch die Ablenkungen ausserhalb des Platzes nehmen immer mehr zu.
"Das Handy wird leider viel zu selten für etwas Positives genutzt. Eine Sekunde nachdem manche Spieler vom Platz sind, haben sie das Handy in der Hand, dann ist das Training schon passé. Die Nachbereitung des Gelernten entfällt und die Automatismen in den Bewegungen stellen sich deutlich langsamer ein", bemängelt Waske. Der ehemalige Tennis-Profi betreibt im hessischen Offenbach eine private Tennis-Akademie für junge Talente. Für ihn gehe es beispielsweise "nicht darum, Social Media komplett zu verbieten", sondern der richtige Umgang damit müsse gezeigt werden.
Ausserdem beobachtet der 47-Jährige ein schwindendes Interesse bei jungen Talenten, auch einmal ein ganzes Tennis-Match zu schauen. Stattdessen schauen sich die jungen SpielerInnen "oftmals nur noch die Highlights an und versuchen dadurch beispielsweise jeden Ball durch die Beine zu spielen", meint Waske. "Aber im Tennis werden 70 Prozent aller Punkte durch Fehler gemacht."
"Talente müssen sich früh in den Filzball verlieben"
All dies sind keine leichten Voraussetzungen, um neue Talente anzuwerben, daher fordert Waske: "Der Tennissport muss schauen, wie sich die Talente früh in den Filzball verlieben." Denn glückt dann tatsächlich der Sprung auf die Profi-Touren ATP und WTA, geht es mit den enormen Kosten direkt weiter. Laut Waske kommen auf einen Spieler, der etwa 30 Turniere im Jahr spielt und dort zumeist betreut wird, Kosten in Höhe von mindestens 50–100.000 Euro zu, inklusive einiger Flüge und Hotelübernachtungen. Umso wichtiger ist es, am Anfang einer Karriere das Hauptfeld bei Grand Slams zu erreichen. Schliesslich gab es allein bei den French Open im vergangenen Jahr für das Erreichen der ersten Runde 60.000 Euro Preisgeld.
Deutschlands Tennis-Nachwuchs ist aber derzeit, bei Frauen und Männern, nicht konstant konkurrenzfähig. So bleibt in Paris wieder einmal nur die Hoffnung auf Kerber, Petkovic und eine mögliche Überraschung.
Verwendete Quellen:
- Gespräch mit Alexander Waske
- Website der French Open
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