Die French Open sind für Angelique Kerber vorbei, bevor sie so richtig begonnen haben. Geschwächt und verunsichert nach ihrer Verletzungspause verliert die Wimbledonsiegerin schon in Runde eins. Alexander Zverev dagegen schafft einen Schritt aus der Krise.

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Angelique Kerber wollte nach ihrer völlig verkorksten Sandplatz-Saison und dem Erstrunden-Scheitern bei den French Open Paris so schnell wie möglich verlassen, Alexander Zverev dagegen reiste als frisch gekürter Turniersieger in die französische Hauptstadt. "Ich bin froh, dass es vorbei ist. Jetzt freue ich mich auf die Zeit auf Rasen", sagte Kerber am Sonntag mit einer Mischung aus Sarkasmus und Traurigkeit. In nur 73 Minuten hatte die Wimbledonsiegerin 4:6, 2:6 gegen den russischen Teenager Anastassija Potapowa verloren. Die French Open sind für die 31 Jahre alte Kielerin vorbei, ehe sie so richtig begonnen haben.

Nach Kerber schied auch Vorjahres-Achtelfinalist Maximilan Marterer aus Nürnberg gegen den Griechen Stefanos Tsitsipas aus. Oscar Otte, Philipp Kohlschreiber und Laura Siegemund aus Metzingen erreichten dagegen die zweite Runde. Otte trifft dort nun auf den 20-maligen Grand-Slam-Champion Roger Federer, der bei seinem ersten French-Open-Start seit 2015 gegen den Italiener Lorenzo Sonego locker in drei Sätzen gewann. "Ich freue mich sehr darauf, das wird ein Wahnsinns-Match für mich. Unglaublich", sagte der 25 Jahre alte Otte.

Kerber lässt Knöchel-Ausrede nicht zählen

Selbst dieser denkbar kleinste Erfolg war Kerber in diesem Jahr nicht vergönnt. Mit eingefrorenem Lächeln sass die ganz in schwarz gekleidete Kielerin, kurz nach der Mittagszeit im Kellergeschoss des früheren Roland-Garros-Museums, das wegen der umfangreichen Umbauarbeiten derzeit als Medienzentrum dient. Immer wieder musste sie Fragen zu ihrem lädierten Knöchel beantworten oder zu ihrer "desaströsen" Sandplatz-Saison, wie es eine Reporterin formulierte.

Die Verletzung an ihrem rechten Knöchel wollte Kerber nicht als Ausrede oder Entschuldigung gelten lassen. Am 7. Mai hatte sie sich in Madrid vor ihrem Zweitrunden-Match im Training verletzt und für das anschliessende Turnier in Rom absagen müssen. Mehr als eine Woche habe sie nur auf der Couch gesessen, erzählte Kerber vor dem Turnier. "Vielleicht hätte sie gar nicht hier in Roland Garros antreten sollen, weil sie sich offensichtlich nicht 100-prozentig richtig bewegen konnte", sagte Eurosport-Experte Boris Becker.

Fluch von Paris

Zu Beginn des Jahresabschnittes mit den Turnieren auf Sand war Kerber von einer Grippe geplagt, sagte für den Fed Cup ab und schied auch beim Heimturnier in Stuttgart früh aus. Nur drei Matches auf Asche hatte Kerber vor den French Open bestritten. Auch für sie zu wenig.

"Ich hatte keine grossen Erwartungen. Ich bin froh, dass ich überhaupt hier spielen konnte", sagte Kerber nach ihrem fünften Erstrunden-Aus in Roland Garros. "Paris und ich, das ist eine Geschichte für sich", sagte sie. Eine Geschichte jedenfalls, die Kerber Geschichte verwehrt hat. Als erst siebte Spielerin in der Historie des Profi-Tennis und als zweite Deutsche nach Steffi Graf hätte sie den sogenannten Karriere-Grand-Slam feiern können. "Der Glaube ist natürlich immer noch da", sagte Kerber und konnte schon wieder ein kleines bisschen lächeln. "Nur in diesem Jahr wird es nichts mehr."

Zverev reist nach intensivem Turnier an

Wie weit es für Zverev gehen kann, wird sich zeigen. Nach Wochen der Selbstzweifel, Worten der Selbstkritik und einigen sportlichen Rückschlägen feierte der 22 Jahre alte Hamburger beim ATP-Turnier in Genf immerhin den ersten Titel seiner bislang schwierigen Saison.

"Das fühlt sich sehr gut an. Mit einem solchen Erfolg nach Paris, das ist sehr wichtig für mich", sagte Zverev nach dem 6:3, 3:6, 7:6 (10:8) am Samstag im Endspiel gegen den Chilenen Nicolas Jarry und drei Tage vor seinem Auftakt-Match gegen den Australier John Millman.

Denn die Art und Weise, wie Zverev sich seine Titel-Premiere 2019 erarbeitete, könnte ihm auch in Roland Garros helfen. Das Genf-Finale gegen Jarry begann um 15.40 Uhr, es endete um 21.15 Uhr. Erst nach zwei 90-minütigen Regenunterbrechungen, zwei abgewehrten Matchbällen und gefühlt 37 Debatten mit dem Schiedsrichter über Ballabdrücke und Linienberührungen durfte Zverev jubeln.

"Sascha Zverev musste sehr kämpfen, seine Form in dieser Saison zu finden. Gerade auf Sand, eigentlich sein stärkster Belag, hat er – um es einmal milde auszudrücken – unter aller Sau gespielt. Ich darf das sagen", sagte Boris Becker bei Eurosport. Bei den French Open trifft Zverev am Dienstag auf den Australier John Millman. "Ich hatte vier harte Matches und vier schöne Siege. Ich hoffe, dass sich das nun auf mein Selbstvertrauen auswirkt", sagte Zverev.  © dpa

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