In die zweite Amtszeit von Donald Trump fallen die Fussball-WM 2026 und die Olympischen Spiele 2028 in Los Angeles. Unter dem neuen und alten Präsidenten hat sich der Kulturkampf in den USA längst auf den Sport ausgeweitet. Das könnte sich auch auf die beiden Grossereignisse auswirken.

Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Christian Stüwe sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfliessen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Gianni Infantino darf sich nun offensichtlich zum engsten Kreis der Menschen zählen, die Donald Trump um sich schart. Bei der Amtseinführung des alten und neuen US-Präsidenten sass der ebenso gerissene wie geschäftstüchtige FIFA-Präsident jedenfalls ganz vorne im Washingtoner Kapitol, unweit von Trumps Familie und den Tech-Milliardären Elon Musk, Mark Zuckerberg und Jeff Bezos.

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Infantino bedankte sich in mehreren euphorischen Instagram-Posts bei Trump für die Einladung, er sprach von einer "grossartigen Freundschaft", die ihn mit dem 78-jährigen Staatsoberhaupt verbinde. Vor allem aber scheint der FIFA-Präsident ein grosses Geschäft zu wittern, schliesslich werden die USA im Sommer dieses Jahres die Klub-WM ausrichten und im nächsten Jahr dann gemeinsam mit Kanada und Mexiko die Fussball-Weltmeisterschaft.

Für Trump wiederum, in dessen Amtszeit auch noch die Olympischen Spiele 2028 in Los Angeles fallen, bieten die grössten Veranstaltungen des Sports eine gigantische Bühne. Weshalb der Politikwissenschaftler Dr. Hendrik W. Ohnesorge im Gespräch mit unserer Redaktion von einer "Symbiose" zwischen den beiden mächtigen Männern spricht.

Donald Trump nutzt den Sport für seinen Kulturkampf

"Trump nutzt den Sport als Arena, um auch dort den Kulturkampf auszutragen, den wir seit Jahren in den USA beobachten", erklärt USA-Experte Ohnesorge. Als sich der Football-Quarterback Colin Kaepernick von den San Francisco 49ers 2016 weigerte, während der Nationalhymne aufzustehen, um gegen Rassismus und Polizeigewalt gegen Afroamerikaner zu protestieren, und damit eine ganze Bewegung auslöste, wurde er von Trump übel beschimpft.

Auch Megan Rapinoe, die sich als langjährige Kapitänin der US-Fussballerinnen für die Rechte von LGBTQ+ und Transgender-Personen einsetzt, wurde zur Zielscheibe von Trumps Wutausbrüchen. Genauso wie die Basketball-Superstars LeBron James und Steph Curry und viele weitere Sportlerinnen und Sportler, die sich für Dinge einsetzen, die Trumps "Anti Woke"-Agenda widersprechen

"Kaum ein anderes Thema ist in den USA gesellschaftlich so präsent wie der Sport. Und Trump hat zu einer starken Politisierung und auch Polarisierung des Sports beigetragen. Er trägt seinen Führungs- und Politikstil in den Sport hinein", erklärt Ohnesorge. Dass der leidenschaftliche Golfspieler und Kampfsport-Fan auch die Fussball-WM und die Olympischen Spiele im eigenen Land für seine Zwecke nutzen wird, erscheint deshalb sehr wahrscheinlich.

Trump droht Mexiko und Kanada mit Strafzöllen

Spannend ist allein schon das Verhältnis zu Mexiko und Kanada, die gemeinsam mit den USA die WM 2026 austragen werden. In seiner ersten Amtszeit wollte Trump bekanntlich eine Mauer an der Grenze zu Mexiko bauen, um Migrantinnen und Migranten an der Einreise zu hindern.

Nun kündigte er an, den "Golf von Mexiko" in "Golf von Amerika" umbenennen zu wollen. Kanada stiess Trump gleichermassen vor den Kopf, als er darüber sprach, das Land in die USA eingemeinden zu wollen. Was die Beziehungen noch schwerer belasten könnte, sind die Strafzölle, mit denen der US-Präsident beiden Ländern droht.

"Die WM, die die drei Länder eigentlich verbinden sollte, könnte dadurch eine besondere Brisanz bekommen, dass Trump es sich mit den Nachbarn im Norden und Süden ein Stück weit verscherzt hat", sagt Ohnesorge.

Werden alle Fans in die USA einreisen dürfen?

Unklar ist auch, welche Konsequenzen Trumps Präsidentschaft für Fans haben wird, die zur Fussball-WM oder zu den Olympischen Spielen in die USA reisen wollen. Während seiner ersten Amtszeit verhängte Trump einen Einreisestopp vor allem für Menschen aus muslimisch geprägten Ländern, der unter der Präsidentschaft von Joe Biden wieder aufgehoben wurde.

Für seine zweite Amtszeit hat Trump angekündigt, die Einreisebestimmungen nun wieder verschärfen zu wollen. Sollte sich also beispielsweise der Iran erneut für die WM qualifizieren, könnte es zu Visa-Problemen für die Fans kommen, unter Umständen sogar für die Mannschaft selbst.

"Das könnte tatsächlich passieren. Auch im Sinne der Politisierung des Sports könnte Trump versuchen, die Situation auszunutzen und vielleicht Deals herauszuschlagen. Sein grosses Ziel ist es immer, das bestmögliche Ergebnis für sein Land und vielleicht auch für sich selbst herauszuholen. Ich könnte mir vorstellen, dass Trump diese Grossereignisse nutzen wird, um auch international zu politisieren", sagt Ohnesorge.

Trump könnte die WM nutzen, um das Image und Attraktivität der USA zu verbessern

Der Politikwissenschaftler hält aber auch eine positive Dimension der sportlichen Grossereignisse während Trumps Präsidentschaft für möglich. In seiner zweiten Amtszeit werde es Trump vor allem um sein Vermächtnis gehen, die WM und die Olympischen Spiele könnten dazu dienen, die "Soft Power", also das Image und die Attraktivität der USA, zu verbessern.

"Das IOC und die FIFA haben sich Vereinigung, Völkerverständigung und Pluralismus als Ziele gesetzt. Trump hat in seiner Rede zur Amtseinführung auch versprochen, ein 'Unifier' sein zu wollen, also ein Zusammenführer. Vielleicht können die Sportereignisse auch einen zusammenführenden Charakter haben", glaubt Hendrik W. Ohnesorge.

Inwieweit das gelingt, wird sich ab kommenden Sommer zeigen. Recht sicher ist nur: Wenn am 19. Juli 2026 die ganze Welt auf das New Yorker MetLife Stadium blickt, wo das WM-Finale stattfindet, wird Trump einen der besten Plätze haben. Direkt neben seinem guten Freund Gianni Infantino.

Über den Gesprächspartner

  • Dr. Hendrik W. Ohnesorge ist Geschäftsführer des Center for Global Studies und Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Internationale Beziehungen an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. In Forschung und Lehre konzentriert er sich insbesondere auf die Geschichte und Aussenpolitik sowie auf die Präsidentschaft der Vereinigten Staaten von Amerika.
  • Mehr Informationen unter: www.hendrik-ohnesorge.de.

Verwendete Quelle

  • Telefonisches Interview Dr. Hendrik W. Ohnesorge
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