Eine Olympiasiegerin präsentiert seit Jahresbeginn 2024 den Sport im "Mittagsmagazin" der ARD. Die einstige Bobpilotin Mariama Jamanka fand als TV-Expertin Spass an der Moderation und hofft nun unter anderem, in einer von Männern dominierten Sparte Inspiration für andere Frauen zu sein.
Mariama Jamanka hat die Seiten gewechselt und berichtet für das "Mittagsmagazin" der ARD seit Beginn des Jahres 2024 als ehemalige Leistungssportlerin über Sport. Ihre bedeutendsten Erfolge feierte
Frau Jamanka, fühlen Sie sich jetzt schon als Moderatorin oder noch als Sportlerin?
Mariama Jamanka: Da ich schon 2022 mit dem Leistungssport aufgehört habe, fühle ich mich inzwischen eher als Moderatorin.
Haben Sie sich das vorstellen können, war das ein Traum von Ihnen, das mal zu machen, oder ist das jetzt einfach passiert?
Es ist ein bisschen wie mit dem Bobfahren. Das ist tatsächlich kein Kindheitstraum gewesen. Ich habe nie gesagt, ich werde mal Olympiasiegerin oder ich werde mal Fernsehmoderatorin. Erst mit meinen ersten Einsätzen als Wintersport-Expertin im Ersten habe ich gemerkt, dass mir die Moderation Spass macht und ich mir durchaus vorstellen kann, das mal professionell zu machen.
Was ist für Sie die grösste Schwierigkeit, wenn Sie als Moderatorin auftreten? Sie kennen natürlich ihr Metier, aber Sie müssen sich nicht nur mit Bob beschäftigen.
Ich interessiere mich grundsätzlich für Sport, nicht nur für Bobfahren, auch für alle anderen Sportarten. Insofern bin ich inhaltlich gut gewappnet. An die Abläufe im Studio muss ich mich allerdings noch ein wenig gewöhnen. In einer Live-Sendung kommt es gelegentlich vor, dass Sachen spontan angepasst werden. Gerade am Anfang ist es spannend, aber stellenweise auch herausfordernd, sich auf solche Unwägbarkeiten einzustellen.
Was gefällt Ihnen besonders am neuen ARD-"Mittagsmagazin"?
Ich finde es toll, dass das "Mittagsmagazin" jetzt zwei Sportblöcke hat, und dass man neben dem klassischen Leistungssport auch andere Bereiche wie Breiten- und Vereinssport abbildet. Da gibt es einfach tolle Geschichten. Und ich finde es immer schön, wenn man Leuten so den Sport näherbringen kann. Auch als Sportlerin habe ich mich gefreut, wenn mediales Interesse da war.
Mariama Jamanka freut sich auf ein tolles Sportjahr 2024
Und wie dürfen Sie an den Themen mitarbeiten? Sie haben gerade beschrieben, was Ihnen da besonders Spass macht. Wie gross ist denn Ihr Einfluss auf so eine Sendung?
Natürlich ergeben sich viele Themen von selbst. Jetzt während der Handball-EM beschäftigen wir uns viel mit Handball. Und dann stehen im Sommer ja noch die Fussball-EM und die Olympischen Spiele in Paris an, über die wir selbstverständlich auch berichten werden. Was die anderen Bereiche angeht, da wird in grosser oder auch in kleiner Runde darüber gesprochen.
Das klingt nach einer, sagen wir mal, sehr kollegialen Zusammenarbeit. Richtige Reibungspunkte haben Sie noch nicht erleben müssen, dass Sie sich hinter den Kulissen in der Vorbereitung gezofft hätten?
Nein, überhaupt nicht. Das klingt jetzt vielleicht klischeehaft, aber es ist wirklich ein super Team. Natürlich wird auch mal um Themen und Ansätze gerungen. Diese inhaltliche Auseinandersetzung gehört aber ganz wesentlich zum Job dazu. Letztlich sind aber alle daran interessiert, dass wir eine Ausgabe produzieren, von der unser Publikum überzeugt ist. Und auch wir wollen am Ende sagen: "Das war eine gute Sendung."
Wenn Sie im Bob gesessen haben, dann hat ja sicher der Trainer nach dem Rennen gleich mal was zu Ihnen gesagt, wie es gelaufen ist. Man hat ja selber auch ein Gefühl. Wie ist es nach einer Sendung?
Wir haben nach den Sendungen Feedback- und Auswertungsrunden. Das gehört fest zum Arbeitstag.
Und es trifft sich dann auch meistens, Ihr Gefühl mit dem Gefühl der Kolleginnen und Kollegen?
Ja, schon. Manchmal ist eher das Problem, dass ich Sachen kritischer wahrnehme als alle anderen. Der Klassiker hier ist ein Versprecher, man denkt erstmal: "Oh Gott, das war jetzt furchtbar." Aber anderen fällt das häufig nicht mal wirklich auf.
Schauen Sie auf Kolleginnen und Kollegen von anderen Sendern? Jetzt sind es ja Kolleginnen und Kollegen für Sie. Schauen Sie jetzt auf sie anders als zuvor als Sportlerin? Schauen Sie sich was ab?
Ich achte natürlich jetzt auf ganz andere Dinge, wenn ich die Gelegenheit habe, Moderatorinnen und Moderatoren bei der Arbeit zuzusehen. Jeder und jede hat einen eigenen Stil, und es interessiert mich natürlich sehr, wie andere das machen.
Wie sieht denn Ihr Arbeitspensum in der Woche aus?
Manchmal sind die "Mima"-Beiträge schon mit Vorlauf da, manchmal noch nicht. Je nachdem, wie tagesaktuell sie sind. Ich versuche aber immer, vorzuarbeiten, um schon eine Idee für die Moderation zu haben. Aber viel passiert dann tatsächlich erst am Tag selbst, weil dann die meisten Beiträge entstehen. Besprochen werden die in der morgendlichen Redaktionssitzung.
Und es kommt die Nervosität. Oder erst später?
In der Maske fahre ich meistens wieder runter. Die wirkt wie eine kurze Pause. Vorher bin ich mit dem Schreiben beschäftigt. Dann kommen auch schon Stellproben. Die Nervosität kommt erst so richtig, wenn wir im Studio sind und darauf warten, dass es losgeht.
Ist diese Nervosität vergleichbar mit Ihrer Nervosität als Sportlerin?
Nein, das ist anders. Als Sportlerin braucht man ja auch Adrenalin. Das will ich bei der Moderation eher nicht haben, weil es kontraproduktiv ist. Aber ein gewisses Kribbeln ist natürlich schon da. Und es ist auch nicht weniger aufregend, es ist nur anders aufregend.
Ich kann mir auch vorstellen, dass das Kribbeln so ein bisschen da ist, weil Sie bei so einer Sendung auf Unvorhergesehenes reagieren müssen.
Ja, total. In so einer Live-Sendung kann viel passieren. Da ist das Bobfahren in grossen Teilen doch vorhersehbarer gewesen.
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Wenn Sie an Ihre Zukunft denken, ist die Moderation das, was Sie bis zur Rente machen wollen?
Im Moment ist es genau das, was ich machen möchte. Aber ich studiere auch noch Psychologie und möchte das Studium in jedem Fall zu Ende bringen. Da ich keinen Zehnjahresplan habe (lächelt), schaue ich, was mich in der Zukunft erwartet.
Als Sportlerin haben Sie ja grosse Erfahrungen mit Interviews. Denken Sie da manchmal dran? Haben Sie da ein anderes Gefühl, dass Sie Sportlerinnen und Sportler nicht solche Fragen stellen, die die als doof empfinden?
Ich glaube, dass ich als ehemalige Leistungssportlerin eine andere Sicht auf verschiedene Dinge habe, beziehungsweise, dass ich den Fokus manchmal ein klein wenig anders lege.
Wie schmal ist denn der Grat, am Ende den Zuschauer sogar zu überfordern, wenn man in ein Thema, in dem man sich auskennt, zu tief reingeht?
Es ist immer gut, wenn man Sachen auch aus eigener Erfahrung heraus beleuchten und vermitteln kann. Dabei muss man sich aber immer bewusst sein, dass man das für die Zuschauerinnen und Zuschauer macht, die wahrscheinlich noch nie in einem Bob gesessen haben. Das ist ein Lernprozess. Auch für mich.
Wie sehr interessiert Sie dann die Reaktion der Zuschauer?
Natürlich interessiert sie mich sehr. Ich freue mich immer über Feedback.
Merken Sie, dass Sie als Moderatorin irgendwie in eine Männerdomäne reingegangen sind?
Nein, den Eindruck habe ich nicht. Das liegt vielleicht auch daran, dass ich bei meinen ersten Einsätzen als Expertin Stephanie Müller-Spirra an der Seite hatte. Und ich sehe auch, dass es im öffentlich-rechtlichen Rundfunk viele Frauen im Sportbereich gibt. Aber klar, grundsätzlich ist der Sportjournalismus eher männerdominiert.
Sie könnten Inspiration sein für andere Frauen.
Das wäre schön. Ich hoffe, dass sich Frauen, wenn sie sich für solche Themen interessieren, diesen oder einen ähnlichen Weg beschreiten.
Kommen wir noch kurz zurück zum Bobfahren. Wir haben noch zwei Jahre bis zu den nächsten Winterspielen. Wie sehen Sie die Zukunft des deutschen Bobfahrens? Wer wird 2026 auftrumpfen?
Ich denke, wir werden in der Weltspitze bleiben. Die Teams, die jetzt vorne sind, sind auch die Teams, die 2026 noch vorne sein werden. Gerade im Frauenbereich. Laura Nolte, Kim Kalicki und jetzt auch Lisa Buckwitz (sie wurde als Anschieberin Jamankas mit ihr 2018 in Pyeongchang Olympiasiegerin im Zweierbob, Anmerk. d. Red.), die sind 2026 alle noch dabei. Die sind dann, glaube ich, Mitte 20. Das ist das beste Alter, und sie sind jetzt schon so erfolgreich.
Zur Person
- Die vorherige Leichtathletin Mariama Jamanka kommt im Alter von 23 Jahren als Anschieberin zum Bobsport und wird zwei Jahre später selbst zur Pilotin. In der Folge entwickelt sie sich zu einer der erfolgreichsten Athletinnen im Eiskanal. Jamanka feiert im Zweierbob sechs Weltcupsiege und kehrt zwischen 2017 und 2022 von Olympischen Spielen, Welt- und Europameisterschaften mit insgesamt sechs Goldmedaillen nach Hause zurück. 2018 wird sie Olympiasiegerin, 2022 tritt sie nach Silber bei den Spielen vom aktiven Sport zurück. Seit 2024 moderiert die vorherige TV-Expertin für den Sportblock im "Mittagsmagazin" der ARD, das der MDR produziert.
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