Anna Fenninger blickt auf ein dramatisches Jahr zurück: Der Streit zwischen dem Ski-Star und dem ÖSV beherrschte das Sommerloch. Nach der Versöhnung begann sie, sich mit einem eigenen Team auf das Sportliche zu konzentrieren. Und dann endete die Saison, bevor sie überhaupt begonnen hatte.
An einem der letzten Septembertage war sie plötzlich wieder da: In Wien stellte Anna Fenninger ihren neuen Sponsor vor, der ihr in den kommenden vier Jahren finanziell unter die Arme greifen wird.
Grosse Aufgaben standen auf Fenningers Agenda: Sie wollte zum dritten Mal in Folge den Gesamtweltcup gewinnen. In Abwesenheit der ein Jahr pausierenden Allround-Königin Tina Maze galt die 26-Jährige für die Saison 2015/2016 als die ganz grosse Favoritin. 2017 steht die WM in St. Moritz an, und Olympia 2018 in Pyeongchang ist das Fernziel.
Vor ein paar Monaten war daran nicht im Traum zu denken. Da stand die beste Skirennfahrerin der Welt vor dem möglichen Ende ihrer Karriere. Der Streit mit dem Österreichischen Skiverband war gerade eskaliert, Fenningers Laufbahn schien vor die Wand zu rasen.
"Dem Karriereende sehr nahe"
"Ich war dem Karriereende doch sehr nahe. Ich habe es mir mehrmals überlegt, ob es für mich auf diesem Weg überhaupt noch Sinn macht oder wie es überhaupt weitergehen soll", gestand Fenninger in einem Interview.
Der Streit mit ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel geriet zu einem Rosenkrieg. Beinahe hätten sich beide Parteien vor einem Gericht wiedergesehen. Es ging um Fenningers umstrittenen deutschen Manager Klaus Kärcher, um einen offenbar nicht abgesprochenen Sponsorentermin, um private E-Mails, die an die Öffentlichkeit gerieten, um lange aufgestaute Scharmützel und jede Menge verletzter Eitelkeiten. Erst als Rainer Salzgeber als Mediator vermittelte, wurden die Streitpunkte ad acta gelegt.
Dass - und wie - Fenninger eine 180-Grad-Wende hinlegte und auf die Forderungen des ÖSV einging, liess den Schluss zu, dass die Athletin dem Verband gegenüber fortan aus einer schwächeren Position agieren würde müssen. Eine ganze Weile sah es aber danach aus, als sei Fenninger immer noch so autark unterwegs wie in den Jahren davor.
Anna Fenninger schasst Manager
Anfang September trennte sich Fenninger nach wochenlangen Dementi doch von ihrem langjährigen Berater Kärcher. ÖSV-Chef Schröcksnadel bestreitet eine Einmischung des Verbands: "Sie wird wissen warum, es war alleine Annas Entscheidung. Das ist ihre Angelegenheit, wir haben nichts dazu getan." Das Verhältnis zum Präsidenten scheint auf einer rationalen Ebene intakt. Und vielleicht ist selbst nach den scharfen Auseinandersetzungen des Sommers, als Fenninger den damaligen Widersacher unter anderem als "Lügner" und frauenfeindlich bezeichnet hatte, sogar noch mehr zu erwarten.
Es wird gemunkelt, dass Schröcksnadel in naher Zukunft Fenninger beratend zur Seite stehen wird. Jedenfalls hat sie vom ÖSV mit Ursula Hoffmann eine Pressesprecherin zur Seite gestellt bekommen. Hoffmann betreut auch andere ÖSV-Fahrer, unter anderem Marcel Hirscher.
Zunächst wolle sie sich alleine um ihre Belange kümmern, beteuert Fenninger. Dafür lässt ihr der Verband die geforderten Freiheiten. Sie kann sich ihre Trainingsinhalte und -orte fast frei wählen, hat ein kleines Team gestellt bekommen, das sich ausschliesslich um sie kümmert. "Es ist genau so, wie ich es mir vorgestellt habe. Ich bin immer noch Teil der Mannschaft, aber auch so selbstständig, dass ich entscheiden kann, welches Training ich im Moment brauche", sagt sie.
Patellasehne macht Probleme
Fenningers Vorbereitung auf die am 24. Oktober in Sölden beginnende Saison verlief wie immer. Der ÖSV-Star war im Sommer in Neuseeland, trainierte hart. Bis sich das seit Jahren immer mal wieder schmerzende Knie meldete. Eine überlastete Patellasehne macht Fenninger in regelmässigen Abständen Ärger. Ablagerungen in der Kniescheibe sorgen für Schmerzen - und wie jüngst beim Gletschertraining in Tirol für einen Trainingsstopp.
Operation nach dramatischem Sturz
Und dann das plötzliche jähe Aus der Saison: Fenninger stürzt zwei Tage vor dem Saisonauftakt und verletzt sich schwer. Sie muss sofort operiert werden: "Es handelt sich um einen Riss des inneren Seitenbandes und des vorderen Kreuzbandes. Ausserdem hat sie sich im rechten Knie auch einen Riss der Patellasehne zugezogen, der ebenfalls operativ behandelt werden muss", sagte der behandelnde Arzt des Österreichischen Skiverbands (ÖSV), Christian Hoser.
Gut eine Woche später wird sie entlassen, die Saison fällt für Fenninger aber aus. Einziger kleiber Trost nach einem turbulenten Jahr: Bei der "Nacht des Sports" Ende Oktober wird sie zur Sportlerin des Jahres gewählt.
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