Der Slalom wird zur Machtdemonstration der Amerikanerin Mikaela Shiffrin, die nebenbei auch einen Uralt-Rekord knackte. Österreich geht leer aus und muss die Schweiz im Medaillenrennen wieder an sich vorbeiziehen lassen.
Wann ist ein Sieg verdient? Wenn er mit einer Hundertstel Vorsprung errungen wird? Oder mit einer Sekunde Vorsprung? Am Ende ist macht das keinen Unterschied, der Schnellste gewinnt und basta.
Was sich aber beim Slalom der Frauen in St. Moritz zugetragen hat, war schon sehr aussergewöhnlich - und sehr verdient für die strahlende Gewinnerin Mikaela Shiffrin.
Die Amerikanerin fuhr ihre Konkurrenz in beiden Läufen förmlich in Grund und Boden und holte sich nach 2013 in Schladming und 2015 in Beaver Creek zum dritten Mal in Folge Gold im Slalom der Frauen.
Unglaubliche 1,64 Sekunden hatte Shiffrin am Ende Vorsprung, das sind gleich mehrere Welten im Slalom. Eine derart famose Machtdemonstration hatte es schon lange nicht mehr gegeben, aber erst 21-Jährige US-Amerikanerin zeigte einmal mehr, wer die derzeit beste Technikerin der Welt ist.
Shiffrin knackt Uralt-Rekord
Seit Christl Cranz ist es keiner Läuferin mehr gelungen, dreimal in Folge den WM-Slalom zu gewinnen. Cranz schaffte dies vor 78 Jahren.
Shiffrin hat jetzt in den letzten rund fünf Jahren, seit ihrem ersten Weltcup-Erfolg in Are im Dezember 2012, unglaubliche 24 Slaloms gewonnen. Im Prinzip war vor dem Wettbewerb in St. Moritz schon klar, dass sich das US-Girl nur selbst schlagen könnte.
"Das war ein wirklich cooler Lauf. So Ski zu fahren, das gefällt mir", sagte Shiffrin nach ihrem Triumph. "So habe ich es trainiert - im Training klappt es. Im Rennen hat es aber nicht immer so geklappt, aber jetzt ist es endlich wieder aufgegangen. Ich habe nicht gedacht, was ich erreichen kann, ich habe ehrlich gesagt eher gedacht, wie ich es wegschmeissen kann."
Slowakinnen sind geschlagen
Die Konkurrenz jedenfalls streckte sich nach Kräften. Wendy Holdiner aus der Schweiz setzte zwei beherzte Läufe in den Schnee und wurde als "Best oft the Rest" die logische Silbermedaillengewinnerin.
Bronze ging etwas überraschend an Frida Hansdotter aus Schweden. Hansdotter lag nach dem ersten Lauf noch auf Rang fünf, profitierte aber vom Pech der beiden besser platzierten und höher gehandelten Slowakinnen.
Zunächst verspielte Petra Vlhova ihren minimalen Vorsprung von einer Hundertstel im letzten Streckenabschnitt und dann fädelte die drittplatzierte Veronica Velez Zuzulova bei der Einfahrt in den Steilhang ein.
Beinahe hätte es für Hansdotter sogar noch zu Silber gereicht, weil Holdiner in ihrem Lauf zwar deutliche schneller war, drei Tore vor dem Ziel aber nach eine Unkonzentriertheit beinahe noch stürzte und elf Hundertstel über die Linie rettete.
Holdiner: "Ein Wahnsinn"
"Es war einmal mehr ein Wahnsinn! So die WM zu beenden, zwei fantastische Wochen zu haben, ist ein Privileg. Ich habe den Druck gespürt, er war schon da. Ich hatte schon eine Medaille - aber trotzdem hat jeder erwartet, dass ich noch eine mache", sagte Holdiner, der die Anspannung besonders vor dem zweiten Lauf doch deutlich anzumerken war.
Nicht ganz so gut lief es unter anderem für die Österreicherinnen. Michael Kirchgasser wurde als beste Fahrerin des ÖSV Sechste, allerdings mit einem brutalen Rückstand von 2,22 Sekunden auf Überfahrerin Shiffrin.
Mit der Amerikanerin wird sich Kirchgasser in Zukunft nicht mehr rumschlagen müssen, der Slalom von St. Moritz war der letzte WM-Bewerb ihrer Karriere.
Letztes WM-Rennen von Kirchgasser
"Ich hätte mir nicht gedacht, dass ich doch so nervös werde. Ich habe probiert zu attackieren. Ein paar Wackler waren deshalb dabei. In Summe ist es aber die beste Saison-Platzierung bei der WM, da darf ich mich nicht beschweren", sagte die 31-Jährige.
"Die Nervosität war da, weil es das letzte WM-Rennen war. Es ist einfach schön, wenn man das, was man am meisten liebt, lange machen kann und so lange gut machen kann. Das habe ich mit jeder Faser gemacht. Es ist ja noch nicht ganz vorbei. Aber wenn man sagt, es ist das letzte WM-Rennen - dann ist das Ende nicht mehr weit ..."
Bernadette Schild landete auf Rang zehn, Katharina Truppe wurde bei ihrer ersten WM 19. Von den deutschen Fahrerinnen schaffte es es keine unter die Top 15. Marina Wallner (17.), Lena Dürr (18.) und Jessica Hilzinger (22.) hatten mit der Medaillenvergabe wie erwartet nichts zu tun.
Der DSV belibt damit auch vor dem abschliessenden Slalom der Herren am Sonntag ohne Edelmetall. Das gab es zuletzt vor 14 Jahren - auch in St. Moritz. Die Schweiz ist dagegen im Medaillenspiegel wieder an Österreich vorbeigezogen.
Beide Nationen stehen jetzt bei sieben Medaillen, die Schweiz hat aber bereits vier Goldene eingefahren - Österreich "nur" zwei. Das sind Probleme, von denen der Deutsche Ski-Verband nur träumen kann.
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