Weitenjagd und Weltrekord: Das erste offizielle Weltcup-Fliegen der Skispringerinnen verläuft spektakulär.
Blutige Nase und Tränen bei Weitenjägerin Silje Opseth, enttäuschte Miene bei Dreifach-Weltmeisterin Katharina Schmid: Das erste Skifliegen in der Weltcup-Geschichte der Frauen hat emotional und körperlich ordentlich Spuren hinterlassen.
Opseth erst mit Sturz und anschliessend mit Weltrekord
Im Mittelpunkt des Geschehens stand die Norwegerin Opseth, die im Probedurchgang nach 236,5 Metern kopfüber stürzte und danach schwer gezeichnet war. "Sie sah aus wie eine Boxerin nach einem Kampf", beschrieb Schmid, früher Althaus, ihre Kollegin ohne jede Übertreibung.
Doch die 24 Jahre alte Opseth liess sich in der Folge nicht entmutigen und sprang später im Finale ohne Sturz 230,5 Meter – diesmal zählte der Frauen-Weltrekord. "Mir bedeutet das die Welt. Das war mein Ziel für die Saison, an einem Tag wie heute so abzuliefern", sagte Opseth, die vor allem an der Nase und an der Stirn Schürfwunden davon trug.
Opseth nach ihrem Rekord: "Das war ein wilder Tag"
Erst kopfüber in den Schnee, dann verletzt zur weiteren Bestmarke: Für Opseth war es bei perfektem Wetter ein denkwürdiger Tag. "Ich fühle mich in Ordnung, ich habe keine schlimmeren Verletzungen. Das war ein wilder Tag. Das ist einfach atemberaubend", sagte die Norwegerin. "Heute bin ich sehr glücklich und sehr zufrieden, besonders nach dem Sturz im Probedurchgang." Beim Versuch auf 236,5 Meter sprach ZDF-Experte
Dass die Slowenin Nika Prevc (19 Jahre) und der Österreicher
Kraft hingegen flog im Männer-Wettbewerb in einem Durchgang 244 Meter weit und sicherte sich einen weiteren Einzelsieg. Nach 2016/17 und 2019/20 gewann der Österreicher bereits zum dritten Mal das Gelbe Trikot. Am Nachmittag belegte Kraft im zweiten Einzel hinter Landsmann Daniel Huber Rang zwei und sicherte sich damit auch noch den mit 40.000 Euro dotierten Gesamtsieg bei der Raw-Air-Tour. Andreas Wellinger belegte am Sonntag die Ränge sechs und neun.
Weiter keine 200 Meter für Schmid
Während sich Kraft ein weiteres grosses sportliches Ziel erfüllte, muss Deutschlands Top-Athletin Schmid weiter auf einen Lebenstraum warten. Ihre 195 Meter im zweiten Sprung reichten zwar für Tagesrang vier, doch mit den 200 Metern sollte es wie im Vorjahr nicht klappen.
"Ich bin zum ersten Mal wirklich ins Fliegen gekommen. Das hat sich wirklich nach Fliegen angefühlt. Die 200 Meter waren mir leider noch nicht vergönnt, aber jetzt habe ich endlich mal das Gefühl von Fliegen gehabt", sagte Schmid, die sich im Auslauf über die verpasste Marke ärgerte und mit den Fingern zeigte, wie wenig ihr dafür fehlte. Es ist bislang unklar, ob die 27-Jährige ihre Karriere über diesen Winter hinaus fortsetzt – erst in der nächsten Saison gäbe es wieder die Möglichkeit zu fliegen.
Zur Gleichberechtigung ist es noch ein weiter Weg
Das Wochenende von Vikersund zeigte aber auch, wie weit der Weg zur Gleichberechtigung noch ist. Während das Männer-Einzel vom 16. März nachgeholt wurde, wurde das abgesagte Frauen-Einzel ersatzlos gestrichen.
Aus Protest gegen diese Ungleichbehandlung verzichtet Opseth auf einen Start beim Weltcup-Finale in Planica. Auch Raw-Air-Siegerin Eirin Marie Kvandal wird nicht in Slowenien antreten. Während die Männer in Planica drei Wettbewerbe von der grossen Flugschanze bestreiten dürfen, fühlen sich die Frauen mit einem Springen von der kleinen Normalschanze abgespeist.
"Wir werden tatsächlich mit Füssen getreten, haben keinen grossen Wert", sagte Opseth der Tageszeitung "Dagbladet": "Die Jungs dürfen zum Skifliegen und machen das coolste Ding der Welt, und wir sind daneben auf der kleinsten Schanze. Ich muss echt sagen, das ist enttäuschend."
Bei der traditionellen Abschiedsparty der Saison werden im "Tal der Schanzen" Zehntausende Fans erwartet, die ihre Flieger feiern - am 21. März dürfen die Frauen dann nach der Qualifikation der Männer gefühlt im Rahmenprogramm antreten.
200-Meter-Flüge sind bei den Frauen noch eine Seltenheit
Im Jahr 2023 waren die Springerinnen überhaupt erstmals auf einer Flugschanze gestartet. Das Springen im März 2023 zählte allerdings nicht zum Weltcup. Sportlich ist trotz Ausreissern wie den Flügen von Opseth noch Luft nach oben: Nur sieben der 34 Versuche der Sportlerinnen gingen am 17. März auf oder über die 200-Meter-Marke. (dpa/sid/ms/hau)
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