- In den reichsten Ländern der Welt – darunter Finnland, Island, die Niederlande und Norwegen – wachsen Kinder in einer vergleichsweise gesunden Umgebung auf.
- Gleichzeitig trägt die Mehrheit dieser Länder unverhältnismässig zur weltweiten Umweltzerstörung bei und gefährdet damit die Gegenwart und Zukunft aller Kinder.
- Zu diesen Ergebnissen kommt die jüngste Report Card des UNICEF-Forschungszentrums Innocenti.
Der Bericht "Umgebung und Umwelt von Kindern" ("Places and Spaces. Environments and children’s well-being") zeigt: Wenn alle Menschen so viel konsumieren würden wie die Bevölkerung in den untersuchten OECD- und EU-Ländern, wären 3,3 Planeten wie die Erde notwendig. Würde jeder Mensch so viele Ressourcen wie die Menschen in Kanada, Luxemburg und den Vereinigten Staaten verbrauchen, wären mindestens fünf Erden erforderlich. Auch in Deutschland ist der Ressourcenverbrauch zu hoch: Für die Lebensweise der Deutschen würden im Weltmassstab 2,9 Erden benötigt.
Der aktuelle UNICEF-Report dokumentiert, wie gut es Ländern gelingt, eine gesunde, kindgerechte Umgebung für alle Mädchen und Jungen zu schaffen sowie für eine intakte Umwelt zu sorgen – sowohl innerhalb der Landesgrenzen als auch darüber hinaus. Dazu wurden vergleichbare Daten zur näheren und weiteren Umgebung von Kindern aus 39 Ländern der OECD und der Europäischen Union sowie Daten zum Beitrag dieser Länder zu Klimaveränderungen, zum Ressourcenverbrauch und zur Produktion von Elektroschrott ausgewertet.
Die Analyse macht deutlich, dass keines der Länder in allen untersuchten Bereichen durchgängig gute Umweltbedingungen für Kinder bietet. Spanien, Irland und Portugal stehen an der Spitze des internationalen Länderrankings. Im Vergleich bieten die drei Länder den dort lebenden Kindern eine gute Umgebung und tragen weniger zu globalen Umweltproblemen bei. Deutschland liegt in der Rangliste zu Umweltrisiken und globaler Verantwortung im oberen Drittel auf Platz 9.
Einige der reichsten Länder der Welt – darunter Australien, Belgien, Kanada und die Vereinigten Staaten – haben gemessen an den CO2-Emissionen, der Produktion von Elektroschrott und dem Gesamtressourcenverbrauch pro Kopf schwerwiegende und weitreichende Auswirkungen auf die globale Umwelt. Gleichzeitig liegen sie bei der Aufgabe, ihren Kindern eine gesunde Umgebung zu schaffen, am Ende des internationalen Vergleichs. Im Gegensatz dazu tragen die ärmeren OECD- und EU-Länder in Lateinamerika und Europa weniger zu globalen Umweltproblemen bei.
"Wir leben in vielen Bereichen auf Kosten der heutigen Kinder und zukünftiger Generationen"
"Die Mehrheit der reichen Länder schafft es nicht, innerhalb ihrer Grenzen eine gesunde Umgebung für alle Kinder zu schaffen und trägt darüber hinaus zur Zerstörung der Lebensräume von Kindern in anderen Teilen der Welt bei", sagt Gunilla Olsson, Direktorin des UNICEF-Forschungsinstitut Innocenti in Florenz. "In einigen Fällen stellen wir fest, dass Staaten, die im Land eine relativ gesunde Umgebung für Kinder bieten, gleichzeitig zu den grössten Produzenten von Schadstoffen gehören, die die Umwelt von Kindern in anderen Ländern zerstört."
Fakten aus dem UNICEF-Report:
- Mehr als 20 Millionen Kinder in den untersuchten OECD- und EU-Ländern haben eine erhöhte Bleikonzentration in ihrem Blut. Blei ist eines der gefährlichsten Umweltgifte.
- Finnland, Island und Norwegen bieten ihren Kindern zwar eine gesunde Umgebung, haben aber sehr hohe Treibhausgas-Emissionen, einen hohen Ressourcenverbrauch und produzieren viel Elektroschrott.
- In Island, Lettland, Portugal und England ergaben Haushaltsbefragungen, dass jedes fünfte Kind zu Hause Feuchtigkeit und Schimmel ausgesetzt ist; in Zypern, Ungarn und der Türkei ist es mehr als jedes vierte Kind.
- Viele Kinder atmen sowohl innerhalb als auch ausserhalb ihrer Wohnungen giftige Luft ein. In Mexiko ist die Zahl der durch Luftverschmutzung verlorenen gesunden Lebensjahre mit 3,7 Jahren pro tausend Kinder am höchsten, während sie in Finnland und Japan mit 0,2 Jahren am niedrigsten ist. Deutschland liegt im Vergleich der betrachteten Länder im Mittelfeld. Hier verlieren Kinder durch Luftverschmutzung statistisch gesehen durchschnittlich ein halbes gesundes Lebensjahr.
- In Belgien, der Tschechischen Republik, Israel, den Niederlanden, Polen und der Schweiz ist mehr als eins von zwölf Kindern einer hohen Pestizidbelastung ausgesetzt. Es gibt Hinweise darauf, dass sich Pestizide auf vielfältige Weise schädlich auf die Gesundheit von Kindern auswirken.
"Wir leben in vielen Bereichen auf Kosten der heutigen Kinder und zukünftiger Generationen. Die Ergebnisse des Berichts zeigen, dass auch in wohlhabenden Ländern Kinder unter Bedingungen aufwachsen, die krank machen, ihre Entwicklung beeinträchtigen und ihre Lebenschancen einschränken", so Christian Schneider, Geschäftsführer von UNICEF Deutschland. "Die Bundesregierung sollte hier aufholen und kann beispielsweise die aktuelle G7-Präsidentschaft nutzen, um entscheidende Fortschritte beim Schutz des Klimas und der Umwelt zu bewirken – für Kinder und Jugendliche in Deutschland und weltweit."
UNICEF fordert folgende Schritte zum Schutz und zur Verbesserung der Umwelt von Kindern:
- 1. Die Regierungen der untersuchten Länder müssen auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene Abfälle sowie Luft- und Wasserverschmutzung reduzieren und für Kinder qualitativ hochwertige Wohnungen und eine Umgebung schaffen, in denen sie sich gut entwickeln und ihr Potenzial entfalten können. Dies gilt besonders für benachteiligte Kinder, die oft höheren Umweltbelastungen ausgesetzt sind.
- 2. Die Regierungen und politische Entscheidungsträger und Entscheidungsträgerinnen der untersuchten Länder müssen dafür sorgen, dass die Bedürfnisse von Kindern in ihre Entscheidungsfindung einbezogen werden. Auf allen Ebenen, von den Eltern bis zu den Politikern und Politikerinnen, müssen Kinder gehört und bei der Gestaltung von Massnahmen, die sich auf künftige Generationen auswirken werden, berücksichtigt werden.
- 3. Die Regierungen der untersuchten Länder und Wirtschaftsunternehmen sollten sofort wirksame Massnahmen ergreifen, um die von ihnen eingegangenen Verpflichtungen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen bis 2050 einzuhalten. Die Anpassung an den Klimawandel sollte sowohl für Regierungen und die internationale Gemeinschaft hohe Priorität haben.
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