• Wahrscheinlich noch in diesem Jahr wird ein Zivilverfahren gegen Prinz Andrew wegen Missbrauchsvorwürfen in den USA beginnen.
  • Das britische Königshaus hat sich mehr und mehr von dem 61-Jährigen distanziert und Andrew quasi aus dem Königshaus entfernt.
  • Die Vorgänge rund um Andrew werden die britische Monarchie jedoch nicht zu Fall bringen, sagt ein Adelsexperte. "Denn die Säulen der Monarchie stehen."

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Dass das britische Königshaus in der nun fast 70 Jahre währenden Regentschaft von Queen Elizabeth II. skandalfrei gewesen wäre, wird wohl kaum jemand behaupten: die turbulente Ehe und Scheidung von Charles und Diana, Dianas Tod und der Umgang der Queen damit, die turbulente Ehe und Scheidung von Prinz Andrew und Fergie und zuletzt die Rassismusvorwürfe gegen einige Mitglieder des Königshauses von Harry und Meghan - um nur einige zu nennen.

Nun also wieder Andrew. Voraussichtlich im Herbst steht ein Zivilprozess an, bei dem es um eine Entschädigung für Virginia Giuffre geht, die sagt, sie sei als 17-Jährige zum Sex mit Andrew gezwungen worden. Die Vorwürfe stehen im Zusammenhang mit dem Fall Jeffrey Epstein, jenem US-Milliardär, der mit seiner Freundin Ghislaine Maxwell einen Ring zum sexuellen Missbrauch von Minderjährigen aufgebaut hatte.

Maxwell wurde Ende letzten Jahres dafür verurteilt, Epstein ist tot. Andrew war mit Epstein befreundet, betonte aber schon vor zwei Jahren, dass er diese "fehlgeleitete Verbindung" bereue und "tiefes Mitgefühl mit den Opfern" empfinde. Die Vorwürfe, die ihm von Giuffre gemacht werden, bestreitet er.

Jüngere Briten für ein Ende der Monarchie

Die Queen äusserte sich lange Zeit nicht zu den Vorwürfen gegen ihren zweitjüngsten Sohn. Je konkreter jedoch der Prozess gegen Maxwell in den USA wurde, desto grösser wurde auch der Druck, bis die Queen Andrew Anfang dieses Jahres sämtliche Militär-Dienstränge und Schirmherrschaften entzog - und den Titel "Seine Königliche Hoheit" (His Royal Highness, HRH). Offenbar soll er bald weitere Titel verlieren.

Diese Vorgänge bedeuten einen weiteren Imageschaden vor allem für Andrew selbst, aber auch für das britische Königshaus. In einer Umfrage von Mitte letzten Jahres sprachen sich vor allem viele jüngere Leute gegen die Monarchie aus. Vor zwei Jahren war das noch anders.

Hauptsache, die Queen, Charles und William funktionieren

Gerät die britische Monarchie ins Wanken? Der Adelsexperte Jürgen Worlitz glaubt das nicht. Zwar könne man im Königshaus über die Vorfälle "nicht glücklich sein, denn das Thema ist äusserst undelikat und peinlich". Aber: "Die Säulen der Monarchie - also die Queen, Prinz Charles und Prinz William - stehen. Niemand von ihnen ist davon direkt betroffen."

Das, so Worlitz, sei für die meisten Briten entscheidend, wenn es um das Königshaus gehe. "Sie interessiert vor allem das untadelige Lebenswerk der Queen. Sie wollen Leistung sehen und die Säulen der Monarchie bringen diese Leistung." Eine Leistung, die vor allem darin besteht, präsent zu sein und zu repräsentieren - bei Staatsfesten, Staatsbesuchen oder Wohltätigkeitsveranstaltungen.

Briten schätzen die Kontinuität der Monarchie

Die Queen habe immer noch rund 200 Termine pro Jahr, Charles mindestens doppelt so viele, die Royals insgesamt mehr als 1.000, sagt Worlitz. "Dass die Royals bei all diesen Terminen auftreten und sich zeigen, ist eine Kontinuität, die von den Briten sehr geschätzt wird."

Für diese Kontinuität ist auch die Frage der Thronfolge wichtig. Deswegen war der Ehestreit zwischen Charles und Diana so bedrohlich, weil es hier auch um die Nachfolge der Queen ging.

Das ist bei Andrew aber nicht der Fall, denn er steht relativ weit hinten in der Liste. Auf die Queen, mittlerweile 95 Jahre alt, würde ihr ältester Sohn, der 73 Jahre alte Charles, folgen. Nach Charles wäre sein ältester Sohn, Prinz William, an der Reihe, dann dessen drei Kinder, dann Prinz Harry und dessen zwei Kinder - und dann erst Andrew.

"Für William und Kate wird sich nicht viel ändern"

Dass der Druck auf William und Kate nun wächst, den Imageschaden auszubessern, denkt Adelsexperte Worlitz nicht. "Für die beiden wird sich nur ändern, dass ihr Arbeitspensum etwas höher wird, weil sie einige von Andrews Terminen wahrnehmen müssen." In Umfragen sind sie jedenfalls nach wie vor populär - der Absturz in der Beliebtheit scheint nur Andrew selbst zu treffen.

Er muss sich nun als Privatmann und nicht mehr als Royal dem Prozess stellen, in welcher Form auch immer. Nach Aussagen von Rechtsexperten wird er nicht dazu gezwungen werden können, vor Gericht zu erscheinen. Eine Rückkehr ins Königshaus schliesst Adelsexperte Worlitz für Andrew jedoch aus. "Das wäre nur möglich, wenn Virginia Giuffre plötzlich sagen würde: Ich habe das alles nur erfunden."

Verwendete Quellen:

  • Telefoninterview mit dem Adelsexperten Jürgen Worlitz (auch: Ko-Geschäftsführer einer Agentur, die Highschool-Aufenthalte in Neuseeland vermittelt http://nzee.de/)
  • Website des Duke of York: Statement der Queen, eigenes Statement zu Jeffrey Epstein
  • BBC-Liste der Thronfolge
  • Independent zu einer YouGov-Umfrage zur Monarchie
  • Yougov-Umfrage vom 4.Quartal 2021 zur Beliebtheit der einzelnen Royals
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