• Am vergangenen Wochenende liess sich Prinz Harry von einem Trauma-Experten tief in die Seele blicken – und die Welt schaute per Livestream zu.
  • In dem Gespräch wurden vier mentale Krankheiten bei dem 38-Jährigen diagnostiziert.
  • Adelsexperte Michael Begasse analysiert, warum Harry diesen öffentlichen Weg wählte.
Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Dennis Ebbecke sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfliessen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Nach der Veröffentlichung seiner Biografie "Spare" und mehreren brisanten TV-Interviews wird es um Prinz Harry weiterhin nicht ruhiger. Am vergangenen Samstag gewährte der Sohn des britischen Königs Charles III. in einem öffentlich geführten Arztgespräch Einblicke in seine Krankenakte.

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Vier Krankheiten diagnostiziert – und per Livestream in die Welt gesendet

Während eines 90-minütigen, kostenpflichtigen Livestreams – erreichbar über die offizielle Webseite von Harrys Memoiren – analysierte der umstrittene Trauma-Experte Dr. Gabor Maté die mentale Gesundheit des 38-Jährigen. Der kanadische Arzt diagnostizierte im Verlauf des Gesprächs bei dem Prinzen gleich vier ernstzunehmende Krankheiten: eine Depression, eine Angststörung, eine posttraumatische Belastungsstörung und das Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom (ADS).

Ein persönlicher, intimer Austausch zwischen Arzt und Patient vor den Augen und Ohren eines weltweiten Millionenpublikums: Das hat Seltenheitswert – und wirft Fragen auf. Wir haben den RTL-Adelsexperten Michael Begasse daher um eine Einschätzung dieses ungewöhnlichen Auftritts gebeten.

"Ich bin kein Arzt und daher steht mir keine Diagnose zu, aber ich frage mich, warum Harry mit seinen privaten Geschichten an die Öffentlichkeit gegangen ist. Muss das sein? Ich finde nein. Dass er ein Aufmerksamkeitsdefizit hat, weiss die Welt spätestens seit Januar, als sein Buch erschienen ist. Die begleitenden Interviews dazu haben diesen Eindruck noch verstärkt", sagt Begasse.

Doch mit welcher Motivation hat der Prinz den Trauma-Experten von der Schweigepflicht entbunden und sich vor der ganzen Welt tief in die Seele blicken lassen? In dem Interview betonte Harry, dass es ihm bei seinem Vorstoss nicht um Mitleid gehe und dass er sich selbst auch nicht als Opfer sehe. Vielmehr wolle er mit seinem Buch, das als Grundlage für das Gespräch diente, anderen Menschen die Augen öffnen und ihnen so ein besseres Leben ermöglichen.

Adelsexperte: "Harry merkt, wie seine Sympathiewerte sinken"

Aus Sicht von Begasse gibt es aber noch einen anderen Grund für die "Seelenbeichte" per Livestream: "Ich habe das Gefühl, dass Harry merkt, wie seine Sympathiewerte sinken. Er hat fast vier Millionen Exemplare seines Buches verkauft. Das ist ohne Zweifel ein grosser Erfolg – und er wird damit Millionen verdient haben. Aber: Meiner Einschätzung nach ist die Sympathie gesunken, das zeigen auch aktuelle Meinungsumfragen."

Steckt also ein gewisses Kalkül hinter dem jüngsten Auftritt des 38-Jährigen? Der langjährige TV-Journalist und Autor geht davon aus: "Dass Harry Probleme hat, ist doch nicht neu. Er hat sich das bereits von der Seele geschrieben. Ich habe den Eindruck, dass er nun ein bisschen auf die Tränendrüse drücken möchte – nach dem Motto: Ich hatte keine andere Chance, als dieses Buch zu veröffentlichen."

Archie und Lilibet Diana künftig Prinz und Prinzessin – Begasse überrascht

Das Verhältnis zwischen der in Kalifornien lebenden Sussex-Familie und der Royal Family in London gilt längst als unterkühlt. Dennoch hat Harry eine Einladung zur Krönung seines Vaters am 6. Mai erhalten. Noch ist offen, ob Meghan und er auch auf der finalen Gästeliste stehen werden – der Ball liegt jetzt bei dem Paar.

"Wenn Harry diese Einladung nicht annimmt und er als Herzog von Sussex seinem König somit nicht die Treue schwört, dann sollte er diesen Titel bitte zurückgeben. Die Krönung wird entscheiden, ob er würdig ist, den Titel eines Herzogs weiterzutragen", urteilt Begasse.

Der RTL-Experte ist allerdings überrascht, dass Harry und Meghan gerade bekannt gegeben haben, dass ihre Kinder Archie und Lilibet Diana künftig die Titel eines Prinzen und einer Prinzessin tragen werden: "Die Titel stehen den Kids definitiv zu, denn sie stammen in direkter Linie vom aktuellen König Charles III., ihrem Opa, ab. Und dass die Eltern darüber entscheiden, ist auch üblich. So haben etwa Prinz Edward und seine Frau Sophie ganz bewusst darauf verzichtet, um ihre beiden Kinder freier aufwachsen lassen zu können. Und genau an diesem Punkt wird Harry – mal wieder – unglaubwürdig. Er fordert alle Freiheiten für seine Familie, kettet sie mit den neuen royalen Titeln aber fest an die Monarchie."

Krönungs-Updates: Öl in Jerusalem abgefüllt – Japans Kaiser im Anflug?

Derweil laufen die Vorbereitungen auf den grossen Krönungstag in knapp zwei Monaten auf Hochtouren. Am vergangenen Wochenende wurde zum Beispiel in Jerusalem das Krönungsöl in Flaschen abgefüllt. Damit will man laut Begasse die Jahrhunderte lange Beziehung des Königshauses zur Bibel zum Ausdruck bringen.

Zudem hat sich inzwischen herauskristallisiert, dass es eine interessante Änderung im Protokoll geben soll. Der Adelsexperte gibt ein Update: "Es wird erwartet, dass auch andere Monarchinnen und Monarchen eingeladen werden, sogar von Naruhito, dem Kaiser von Japan, ist die Rede. Diese Form der Internationalisierung gab es noch nie, denn Krönungen galten bisher nur für das Vereinigte Königreich. Daher wurden in der Vergangenheit lediglich Würdenträger aus dem eigenen Land eingeladen."

Dass die Krönung des 74-jährigen Charles und der bisherigen Queen Consort Camilla (75) anders ablaufen wird als die von Elizabeth II. vor 70 Jahren steht ausser Frage. "Charles muss die Feierlichkeiten schlanker und kostengünstiger halten. Trotzdem wird die Zeremonie als glamouröses und einzigartiges Weltereignis in die Geschichte eingehen – und als Lehrbeispiel für alle Generationen, was es heisst, Traditionen zu befolgen und gleichzeitig in die Moderne zu führen", ist Begasse, der an diesen Tagen in London vor Ort sein wird, überzeugt.

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