Harry und Meghan haben dem britischen Königshaus mit ihrem jüngsten TV-Interview den nächsten in einer Reihe von Albträumen beschert. Ein Vorwurf, den die Exil-Royals im Gespräch mit Oprah Winfrey erheben, wiegt dabei besonders schwer: Rassismus. Demnach hat es vor der Geburt von Archie an offizieller Stelle Sorge um die Hautfarbe ihres Sohnes gegeben und in diesem Zusammenhang wurde wohl auch diskutiert, ob der Junge einen Prinzentitel bekommen wird.
Die Schilderungen von Harry und Meghan sind in ihrer Deutlichkeit unerwartet - so auskunftsfreudig kennt man britische Royals nicht, schon gar nicht, wenn es um Familienangelegenheiten geht. Ob die Vorwürfe, die das Paar in einem Interview mit Oprah Winfrey erhebt, nun stimmen oder nicht: Dass es rassistisches Denken innerhalb der Königsfamilie gibt, darf nicht nur angesichts der Kolonialgeschichte des Empires niemanden ernsthaft überraschen.
Harry und Meghan nennen keine Namen. Es ist somit unklar, gegen wen sich die Vorwürfe richten. Rassistische Kommentare zumindest eines Royals sind indes bestens dokumentiert:
Für Prinz Philip wären verbale Verfehlungen nicht neu
So "warnte" er in den 1980ern einen britischen Studenten in China: "Wenn Sie noch länger bleiben, kommen Sie mit Schlitzaugen nach Hause." 1999 fragte er den britischen Politiker Lord Taylor of Warwick, wohl wegen dessen Hautfarbe: "Aus welchem exotischen Teil der Welt kommen Sie?" Und bei einem Besuch bei Aborigines in Australien im Jahr 2002 fragte er: "Werfen Sie noch mit Speeren aufeinander?"
Rassistisches Denken nicht überwunden
Diese Beispiele liegen etliche Jahre zurück - doch Belege, dass sich Prinz Philips Ansichten seitdem verändert hätten, gibt es nicht. Und ohne ihn in Schutz nehmen zu wollen: Warum sollte ausgerechnet ein bald 100-Jähriger als erster uraltes Gedankengut über Bord werfen, wenn dies offenkundig bis heute nicht einmal allen Vertretern der britischen Presse und des britischen Unterhauses gelingt?
So verglich ein BBC-Moderator das Kind von Harry und Meghan noch vor der Geburt mit einem Affen. Und die nicht-weisse Labour-Abgeordnete Dawn Butler musste sich, wie sie 2008 publik machte, von einem Tory den Satz anhören: "Dieser Ort wird zugrunde gehen. Die lassen heutzutage ja jeden rein."
Es sind solche Beispiele, die zeigen: Rassistisches Denken ist bis in die obersten Schichten verbreitet und noch lange nicht überwunden. Immerhin: Nach Ausstrahlung des Interviews stellte
Interview stärkt Gegner der Monarchie in Grossbritannien
Dem BBC-Moderator wurde nach seinem rassistischen Affen-Vergleich, den er als "Scherz" herunterspielen wollte, übrigens gekündigt. Der königlichen Familie kann nicht so einfach gekündigt werden, doch auch in Grossbritannien hat die Monarchie viele Gegner. Nach diesem brisanten TV-Interview dürften noch ein paar hinzugekommen sein.
Will die Königsfamilie als Institution fortbestehen, sollte sie ihre innere Haltung fundamental verändern. Im Vorfeld der Ausstrahlung des Interviews war kolportiert worden, die Queen wolle "den Zirkus ignorieren". 2021 dürfte das im Umgang mit dem Vorwurf des Rassismus nicht ausreichen.
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.