Wenn King Charles III. im Deutschen Bundestag spricht, sind fast alle da. Der britische Monarch unterstreicht in seiner Rede die vielen Gemeinsamkeiten zwischen Deutschland und Grossbritannien. An einer Stelle wird er politisch – und tut damit etwas, was bei seiner Mutter, Queen Elizabeth II., wohl undenkbar gewesen wäre.
Vermutlich ist
Wenn der britische König in den Bundestag kommt, sind fast alle anwesend. Obwohl es zunächst nicht unbedingt danach aussieht. Etwa eine Stunde, bevor die Plenarsitzung an diesem Donnerstag für Charles' Rede unterbrochen wird, ist gut die Hälfte der Plätze belegt. Je näher 12 Uhr rückt, desto unruhiger wird es im Plenarsaal.
Die Besuchertribünen füllen sich immer mehr, überall klicken die Fotoapparate, werden die Fernsehkameras in Position gebracht. Dazwischen nehmen die Journalisten aus dem United Kingdom Platz und fachsimpeln über Charles' und Camillas Auslandsreise nach Berlin. Irgendwann muss Bundestagsvizepräsidentin Yvonne Magwas (CDU) sogar um Ruhe bitten. Der Deutsche Bundestag ist nicht das britische House of Commons.
Dann kommen nach und nach immer mehr Mitglieder des Bundestags.
Charles' spricht über den Krieg in der Ukraine – wäre bei der Queen undenkbar gewesen
Als König Charles III. mit
Das bedeutet auch, dass seine Mutter,
Er hält einen Grossteil der Rede auf Deutsch, grammatikalisch perfekt und mit nur minimalem Akzent. Dass er so hervorragend Deutsch spricht, hat er vermutlich seinem Vater, Prinz Philip, zu verdanken. Dieser entstammte dem deutsch-dänischen Adel und sprach ebenfalls perfekt Deutsch.
Vielleicht ist auch schon seine Herkunft ein Grund dafür, dass König Charles die Gemeinsamkeiten und die Verbundenheit zwischen Deutschland und Grossbritannien immer wieder hervorhebt und betont. Im Namen seiner "family" – das Wort spricht er konsequent auf Englisch aus – bedankt er sich für die aussergewöhnliche Anteilnahme nach dem Tod seiner Mutter. "Meine family und ich waren zutiefst berührt von den Reaktionen aus Deutschland."
In seiner Rede lässt es der Monarch auch nicht aus, über den Krieg in der Ukraine zu sprechen. Queen Elizabeth hätte sich wohl zu diesem Thema nicht geäussert; es ist durchaus ungewöhnlich, dass ein britischer König so politisch wird – und somit tut Charles etwas, was bei seiner Mutter undenkbar gewesen wäre. In den ersten Monaten seiner Regentschaft zeichnete sich bereits ab, dass Charles wohl nicht stets den Leitspruch der Queen übernehmen wird: "Never complain, never explain" ("Nie beschweren, nie erklären") wurde ihr zeitlebens zugeschrieben.
König Charles hingegen wird direkt und bescheinigt Deutschland und Grossbritannien eine "Führungsrolle bei der Unterstützung der Ukraine" im russischen Angriffskrieg und würdigt den "Entschluss Deutschlands, der Ukraine so grosse militärische Unterstützung zukommen zu lassen". Das sei "überaus mutig, wichtig und willkommen".
Standing Ovations nach der Rede
Der Krieg habe "unvorstellbares Leid über so viele unschuldige Menschen gebracht. Zahllose Leben werden zerstört und Freiheit und Menschenwürde brutal mit Füssen getreten". Charles unterstreicht: "Die Sicherheit Europas ist ebenso bedroht wie unsere demokratischen Werte. Aber wir können Mut schöpfen aus unserer Einigkeit zur Verteidigung der Ukraine, des Friedens und der Freiheit." Der Applaus nach diesem Satz dauert diesmal länger als sonst.
Überhaupt wird Charles' Rede immer wieder von Applaus unterbrochen – auch Queen Consort Camilla applaudiert – und von Gelächter, zum Beispiel, als er "Dinner for One" erwähnt. Der Sketch ist in Grossbritannien kaum bekannt und so hofft der König, dass dieser "kein korrektes Bild des modernen Grossbritanniens vermittelt". Am Ende der Rede, die etwa eine halbe Stunde dauert, gibt es Standing Ovations, ausnahmslos jeder im Plenarsaal steht auf.
Dann muss Charles direkt weiter. Er hat einen strengen Zeitplan auf seiner dreitägigen Deutschlandreise. Am Nachmittag besucht er unter anderem das Ökodorf Brodowin in Brandenburg, am Freitag geht es nach Hamburg. Dass Charles in seiner ersten Auslandsreise als König Deutschland besucht, hat Symbolcharakter. Bei seinem nächsten Staatsbesuch wird er dann auch offiziell zum König gekrönt sein.
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