Camilla spielt längst eine sehr wichtige Rolle im britischen Königshaus, wie die neue Dokumentation "Camilla - Geliebte. Gemahlin. Königin." von Julia Melchior zeigt. Im Interview mit spot on news zieht die Royal-Expertin Bilanz.

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Nach der Dokumentation "Charles III. - Britanniens neuer König" (2023, ZDF/ARD-Mediathek) hat sich Royal-Expertin Julia Melchior nun mit der Frau des Monarchen beschäftigt. Das Ergebnis, die Dokumentation "Camilla - Geliebte. Gemahlin. Königin.", wird am 12. Dezember um 20:15 Uhr bei Arte und am 22. Dezember um 23:45 Uhr im ZDF ausgestrahlt. Eindrucksvoll zeigt der Film Camillas (77) hollywoodreifen Wandel von der zutiefst verhassten Geliebten, die Prinzessin Diana (1961-1997) den Mann ausspannte, bis hin zur durchaus beliebten Königin an Charles' (76) Seite. Im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news fasst Julia Melchior unter anderem zusammen, welche bedeutungsvolle Rolle Camilla im vom Krebs überschatteten Jahr 2024 im Königshaus spielte.

Von der Geliebten zur Königin - kennen Sie eine vergleichbare Figur in der Geschichte, die einen derartigen Image-Wandel vollzogen hat wie Camilla?

Julia Melchoir: Eigentlich gibt es sowas wirklich nur in Hollywood-Filmen oder in Märchen. Camillas Geschichte ist einmalig, nicht nur in der Historie der britischen Monarchie, sondern in der Welt der europäischen Königshäuser. Die einstige Geliebte wurde feierlich zur Königin gekrönt. Und die Mehrheit der Briten hat das nicht nur akzeptiert, sondern auch befürwortet. Das hätte vor 20 Jahren keiner für möglich gehalten.

Wie haben sich Camillas Beliebtheitswerte im Laufe der Zeit verändert?

Melchior: Inzwischen haben immerhin schon mehr als 50 Prozent ein positives Bild von ihr. Damit rangiert sie auf den mittleren Plätzen. Die Skandale der 1990er-Jahre haben ihr Image geprägt. Das hängt ihr also immer noch nach. Das liegt unter anderem auch an der Serie "The Crown" und anderen aktuellen Publikationen. Jüngere Menschen, die das Drama um Diana, Charles und Camilla gar nicht miterlebt haben, erfahren so auch wieder davon.

Wie reagiert Camilla darauf?

Melchior: Sie ist resilient, lässt es sichtlich nicht an sich herankommen. Sie scheint eine Person zu sein, die trotz der turbulenten Vorgeschichte sehr in sich ruht und mit sich selbst und ihrer Rolle im Reinen ist. Sie buhlt nicht um Sympathien und versucht auch gar nicht erst, den Platz in den Herzen der Menschen einzunehmen, der früher Diana gehörte und jetzt Kate. Sie muss nicht die Nummer eins sein. Das ist das Bemerkenswerte an dieser Frau, die ihr Leben lang die Nebendarstellerin in diesem ganzen königlichen Spektakel war: erst als Geliebte, dann als Frau des Thronfolgers und schliesslich als Frau des Königs.

In Ihrem neuen Film "Camila - Geliebte. Gemahlin. Königin." wird am Rande thematisiert, dass Camillas erster Ehemann, Andrew Parker Bowles, vor ihr mit Charles' Schwester Prinzessin Anne liiert war?

Melchior: Ja, das ist auch kein Geheimnis, aber man muss schon ein bisschen suchen, um darauf zu stossen. Was ich im Laufe der Filmarbeiten gelernt habe: Andrew Parker Bowles muss ein sehr charismatischer Typ sein, der trotz allem bis heute mit der königlichen Familie befreundet ist, auch mit Charles und Anne. Ein ausgesprochen gutes Verhältnis hat er auch zu seiner Ex-Frau Camilla und den gemeinsamen Kindern. Schon Queen Mum war eng mit der Familie Parker Bowles befreundet. Es gibt eigentlich nur ein Problem: Andrew Parker Bowles konnte nicht treu sein - Camilla soll er schon in den 1970er-Jahren betrogen haben, obwohl sie sehr in ihn verliebt gewesen sein muss.

Aus Charles und Camilla wurde erst nichts, weil sie als nicht angemessen für den britischen Thronfolger galt. Wie stufen Sie das aus heutiger Sicht ein?

Melchior: Camilla kam aus gutem Hause, war aber ein bisschen älter als Charles und hatte ein Vorleben. Zwar steht nirgendwo geschrieben, dass der Thronfolger eine Jungfrau heiraten muss, aber das wurde erwartet. Charles war sehr jung, als er Camilla kennen und lieben lernte. Da hatte er wohl einfach noch nicht den Mumm, seine Familie mit Camilla zu konfrontieren. Er hat sich quasi kampflos den Erwartungen gefügt. Aber sie passte natürlich zu ihm. Sie gehörte auch von Anfang an zum engsten Kreis um Charles und zu der Gruppe von Leuten, die sich gegenseitig ein tiefes Vertrauen schenkte. Tatsächlich ist aus der Familie Shand, so ihr Mädchenname, oder Parker Bowles nie etwas nach aussen gedrungen.

Camilla galt zur Zeit des Rosenkriegs zwischen Charles und Diana lange als Gefahr für die Monarchie. In Herzogin Meghan sah man dagegen eine grosse Chance. In beiden Fällen hat es sich als das genaue Gegenteil herausgestellt. Wer behauptete denn solche Dinge - und lag dann jeweils so daneben?

Melchior: Die britische Boulevardpresse. Camilla wurde von ihr zum Buhmann gemacht. Und natürlich schlägt sich die öffentliche Meinung auf die Seite der Betrogenen, in diesem Fall Diana, die ohnehin die "Prinzessin der Herzen" war. Ich glaube nicht, dass jemand im Königshaus gesagt hat: Camilla ist eine Gefahr für uns. Die Schlammschlacht zwischen Diana und Charles - mit allem, was nach aussen gedrungen war, auch über Camilla -hatte die Monarchie gefährdet. Die ganze Situation war natürlich schon dramatisch.

Umgekehrt war Meghan in der öffentlichen Wahrnehmung eine Chance, weil man davon ausging, dass sie frischen Wind ins Königshaus bringt. Man hatte das Gefühl, dass Harry mit ihr an seiner Seite zu einem glücklicheren Mann geworden ist - der in seiner Rolle auch besser performen kann. Mit Harry und Meghan hätte man ganz andere gesellschaftliche Kreise erschliessen können, die sich vorher gar nicht so für die Monarchie interessierten.

Aber in beiden Fällen stellte sich eben das Gegenteil heraus, weil Camilla immer loyal gegenüber der Krone war. Das trifft auf Meghan nicht zu.

Wie hat Camilla sich in diesem dramatischen, vom Krebs überschatteten Jahr geschlagen, welche Bilanz würden Sie ziehen?

Melchior: Sie ist das geworden, was die Queen mal über ihren Ehemann Prinz Philip bei der goldenen Hochzeit gesagt hat. "Er ist meine Stärke und mein Halt." Und Camilla hat unter Beweis gestellt, dass sie genau das für Charles ist. Sie gibt ihm Kraft und ist aber auch zu einem unverzichtbaren Kapital für dieses Königshaus geworden.

Bemerkenswert ist übrigens auch, dass kaum ein Motiv so viel Spass macht wie Camilla. Sie stellt sich immer den Kameras. Das kenne ich von den anderen Royals nicht so. Die nicken oft nur freundlich für ein Foto, und gehen dann weiter. Königin Silvia ist auch wie Camilla, die kann das auch.

Ganz im Gegensatz zu früher, wo man ob der Fotos von Camilla aus der Ferne ja nicht immer verstehen konnte, warum Charles so verrückt nach ihr war...

Melchior: Das stimmt, da gab es eigentlich nie ein hübsches Bild von ihr. Sie wurde aber auch immer nur abgeschossen, es gab keine offiziellen Fotos. Natürlich hat sie heute eine Stylistin und wird immer gut zurechtgemacht. Aber sie hat auch eine unglaublich positive Ausstrahlung. (ili/spot)  © spot on news

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