"Buffy", die Kultserie der Neunzigerjahre kehrt zurück, mit Hauptdarstellerin Sarah Michelle Gellar. Eine gute Idee? Unser Autor hat sich noch einmal die ersten beiden Folgen der Serie angesehen. Und war überrascht, wie gut sich das Original gehalten hat.
Es dauert nur einen kurzen Moment, schon bin ich wieder zurück in den Neunzigern. Ein dunkler Highschool-Flur, ein junger Mann zieht ein Mädchen hinein, sie sträubt sich, er überzeugt sie, mit dieser arroganten, für diese Zeit typischen "Du willst es doch auch"-Manier, drängt sie in eine Ecke und – die Situation wendet sich, das Gesicht des Mädchens wird zur Fratze, sie ist ein Vampir und beisst ihn in den Hals.
Der Vorspann setzt ein, Wolfsheulen, Gitarren, alles wird schneller und schon ist man mittendrin in "Buffy – Im Bann der Dämonen", erste Folge, 1997. Und genau die schaue ich mir gerade an, 21 Jahre nach dem Ende der Serie. Warum? "Buffy" soll weitergehen, wieder mit Sarah Michelle Gellar in der Hauptrolle und weiteren Original-Mitgliedern des ursprünglichen Casts. Die Serie geniesst Kultstatus, doch ein Sequel ist ein riskantes Unterfangen.
Mit der Nostalgie ist es so eine Sache. Ein Beispiel: Vor ein paar Jahren in einem Hotelzimmer. Ich schalte den Fernseher ein, es ist mitten in der Nacht. Es läuft eine alte Folge von "Ein Colt für alle Fälle". Als die Serie 1983 mit Lee Majors im deutschen Fernsehen startete, war ich sechs Jahre alt.
Ich baute aus Lego den Pick-up-Truck des Stuntman nach und spielte den ganzen Tag damit. Eine Badewanne im Garten, wie im Vorspann, das war das coolste der Welt. In diesem Hotelzimmer in dieser Nacht ist davon nicht viel übrig geblieben. Die Serie ist langsam und dröge, nach ein paar Minuten schalte ich aus. Das Remake mit
Baggy-Hosen, Portemonnaie-Ketten und Mittelscheitelfrisuren
Bei "Buffy" ist das anders. Die Serie ist ungewöhnlich gut gealtert. Natürlich ist da diese süsse Neunzigerjahre-Nostalgie aus Baggy-Hosen, Portemonnaie-Ketten (ja, auch ich hatte eine!) und Mittelscheitelfrisuren (das nicht, sorry), aber das ist nicht alles. In der ersten Folge lernen wir die Hauptdarstellerin kennen. 16 Jahre alt, gerade aus Los Angeles nach Sunnydale, Kalifornien, gezogen, weil sie an ihrer alten Schule auf Vampirjagd die Turnhalle abgefackelt hat.
Ihre neuen Freunde sind das Inventar jeder Serie, die an einer amerikanischen Highschool spielt: die Streberin Willow (Alyson Hannigan, später bekannt als Lily in "How I Met Your Mother"), der Witzbold Xander (Nicholas Brandon) und die fiese Beliebtheitskönigin Cordelia (Charisma Carpenter).
Doch da ist mehr: Diese ungewöhnlich gute Chemie zwischen allen Beteiligten, der ironische Subtext (die Neunziger eben!), der Einfallsreichtum trotz geringen Budgets, das sich in Vampiren mit Gummimasken und einem Dämonenreich aus Pappmaché zeigt. Im Verlauf der Staffeln wird es Verweise auf Popkultur, den Zeitgeist, Feminismus, LGBTQ+ geben, alles Dinge, die noch heute wichtig sind. Perfekt also für eine Fortsetzung?
Joss Whedon ist wegen seines toxischen Verhaltens am Set nicht dabei
Das ist nicht ganz so einfach. Serienschöpfer Joss Whedon, der unter anderem auch den Sci-Fi-Fan-Favoriten "Firefly" erdachte, für "Toy Story" einen Oscar bekam und Marvel-Verfilmungen wie "The Avengers" drehte, ist nicht mehr dabei. 2021 beschuldigten ihn einige Schauspieler, darunter Charisma Carpenter aus "Buffy" und dem Spin-off "Angel", dass er bei seinen Produktionen eine toxische Stimmung verbreite, zu Wutausbrüchen und Sexismus neige. Seitdem hat er nicht mehr in Hollywood gearbeitet.
Die Regie des Piloten soll "Buffy"-Fan Chloé Zhao übernehmen, die für "Nomadland" 2021 einen Oscar erhielt. Sie hat auch
Denn diese Serie sei "für die Fans, die nie aufgehört hatten, danach zu fragen". Das Drehbuch des Piloten sollen die Schwestern Nora und Lilla Zuckerman ("Suits", "Fringe", "Poker Face") schreiben. Es wird davon ausgegangen, dass ein junger Cast im Mittelpunkt steht. Welche alten Charaktere zurückkehren, ist noch offen.
Endlich eine Frau als Heldin
Weiter geht es in Folge eins von "Buffy". Vampire überfallen die Stadt, dunkle Mächte drohen, wie immer in dieser Serie. Die Vampirjägerin will nichts davon wissen und greift dann doch zu Kruzifix und Pflock. Klar, die alten Kampfszenen können mit den rasanten aktuellen Choreografien der Gegenwart nicht mithalten, aber damals war Fernsehen eben nicht das neue Kino, sondern im besten Fall das Sprungbrett dorthin.
Gerade für Frauen war die Serie wichtig, zu diesem Zeitpunkt sind sie vor allem Kreisch-Sirenen, die den Serienkiller ankündigen, bevor sie dahingemeuchelt werden. In "Buffy" ist eine junge Frau die Heldin, sie stellt sich dem Bösen, kann Kickboxen, verliebt sich in einen Vampir und kämpft dazu noch mit all den Problemen, die auch ihren Zuschauerinnen und Zuschauern zu schaffen machen: übervorsichtige Eltern (in diesem Fall zurecht), Selbstzweifel, garstige Mitschüler.
Und natürlich Dämonen, die irgendwie auch immer für Teenager-Ängste stehen. Nach 45 Minuten endet die erste Folge mit einem monströsen Cliffhanger, ich schaue direkt noch die zweite. Es geht schliesslich um den Weltuntergang, wer will den schon verpassen?
Andere Neuauflagen scheiterten
Wann die Fortsetzung von "Buffy" startet, ist noch nicht klar. Erscheinen soll sie auf dem amerikanischen Streamingdienst Hulu, in Deutschland auf Disney+, wo auch die alten 145 Folgen der Serie verfügbar sind. Die Original-Serie liefert mit ihrem Ende eine perfekte Steilvorlage: Buffy gibt ihr Schicksal als Vampirjägerin auf und überträgt ihre Aufgabe an viele Mädchen weltweit.
Ob von da eine überzeugende Fortsetzung gelingen kann, ist fraglich. Viele Versuche, einen alten Cast mit einem neuen zusammenzubringen und dabei alte als auch neue Fans zufriedenzustellen, misslangen: "Die wilden Siebziger"/"Die wilden Neunziger”, "Roseanne"/"Die Connors”, "Star Trek: The Next Generation"/"Picard”. Der Serienmarkt heute ist ganz anders, die Konkurrenz riesig, die Sehgewohnheiten haben sich verändert.
Als "Buffy" startete, war die Serie ein Unikum im Fernsehen, das in diesem Genre keine grosse Konkurrenz hatte. Nachahmer wie "Charmed" und "Smallville" folgten, konnten aber nie die gleiche Qualität und Popularität erreichen. Selbst wenn es gelingt, die Essenz des Originals einzufangen und gleichzeitig neue Akzente zu setzen, konkurriert "Buffy" mit ähnlich gearteten Projekten wie "Wednesday" und "Stranger Things", die allerdings ohne emotionale Altlasten antreten. Doch das Schöne an Nostalgie ist: Es bleibt immer die Hoffnung, dass es noch einmal so werden könnte wie früher.
Das Ende von Folge zwei ist gekommen. Viele Vampire sind erledigt, Buffy und ihre Freunde haben die Welt gerettet, das erste von vielen Malen. Ob sie das unbedingt in einer neuen Serie tun müssen? Wahrscheinlich nicht, das Original ist immer noch sehenswert. Aber einen Versuch ist es wert. Oder wie heisst es ganz am Schluss von Folge zwei: "Der Spass fängt erst an." Hoffen wir, dass sie recht behalten.
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