Fast 30 Jahre hat es gedauert, bis Hape Kerkeling eingefleischten Fans des Films "Club Las Piranjas" ihren Wunsch nach einer Fortsetzung erfüllt hat. Am Mittwochabend liefen nun bei RTL die ersten beiden Folgen des zur Serie gewordenen Klassikers über die Reise- und Club-Urlaub-Branche. Doch statt Satire gibt es diesmal viel mehr Kerkeling.
Gehen wir mal ein paar Jahre zurück. Nach 1995. Die Ukraine wird in den Europarat aufgenommen, Microsofts Windows 95 erscheint und in den Kinos übernimmt zum ersten Mal
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In diesem "Zwischenjahr" zeigt das Erste Kerkelings Film "Club Las Piranjas" in Erstausstrahlung, eine satirische Komödie über die Welt der Pauschalreisen und Club-Urlaube. Denn 1995, das ist auch das Jahr, in dem Internet noch in den Kinderschuhen steckt und Reisen immer noch in einem Reisebüro gebucht werden. Gerne genommen: der All-Inclusive-Urlaub mit Schnitzel am Mittelmeer und Animationsprogramm im Hotel-Pool.
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"Club Las Piranjas" 2.0
Das ist auch die Welt von Edwin (Hape Kerkeling) und Biggi (
2023, also 28 Jahre später, öffnet der "Club Las Piranjas" wieder seine Türen für Besucher. Vieles ist gleich geblieben, doch noch mehr hat sich geändert. Zum Beispiel das Format. "Club Las Piranjas" ist als vierteilige Mini-Serie konzipiert, die bereits seit Oktober im Stream zu sehen ist, und nun am Mittwochabend mit ihren ersten beiden Teilen im Fernsehen. Allerdings nicht wie damals im Ersten, Kerkelings öffentlich-rechtliche Zeiten sind lange vorbei, sondern bei RTL.
Doch das sind nur die Rahmenbedingungen, wesentlich grösser sind die inhaltlichen Veränderungen. Denn Kerkelings Bedeutung ist seit 1995 nicht nur als öffentliche Person grösser geworden, sondern auch in seiner Rolle als Edwin. Anders als 1995 steht der nun im Mittelpunkt des Geschehens. 2023 meint es das Leben nicht gut mit ihm. Der Vermieter will ihn vor die Tür setzten, eine Freundin und Geschäftspartnerin will lieber die grosse Schlager-Karriere, als mit ihm ihre CDs auf Kaffeefahrten zu verscherbeln und sein einziger Besitz, ein alter Reisebus, kann vom TÜV keine Zukunft erwarten.
Edwin, der Hochzeitscrasher
Dort, am Tiefpunkt seines Lebens und, im wahrsten Sinne des Wortes, einen Schritt vom Abgrund entfernt, erhält er einen Anruf seiner ehemaligen Club-Chefin Renate Wenger (Judy Winter). Die liegt im Sterben und hat ein Anliegen. Sie habe damals, nach Edwins Abreise, den Club Las Piranjas dicht gemacht und auf Mauritius einen neuen eröffnet. Den leitet inzwischen der gemeinsame Sohn Björn (Ben Münchow) und Edwins Aufgabe ist es nun, dessen anstehende Hochzeit "mit einem Zimmermädchen" (Trang Le Hong) zu verhindern. Sollte ihm das gelingen, erbt er die Hälfte des Clubs.
Ein Angebot, das Edwin zu keinem günstigeren Zeitpunkt hätte gemacht werden können. "Die Sache hat nur einen Haken", beginnt Renate noch, doch dann ist sie dahin, mit der Zigarette noch im Mund. Also macht sich Edwin auf nach Mauritius, sein Erbe zu erkämpfen und nebenbei herauszufinden, was das wohl für ein Haken sein könnte, den Renate da fast noch erwähnt hat.
Noch am dortigen Flughafen lernt er Änne Burger (Cordula Stratmann) kennen. "Ich hab’ in Datteln ’ne Trinkhalle, seit 20 Jahren", stellt die sich vor und beginnt damit die Parade reichlich skurriler Charaktere. Diese Ansammlung von Unikaten, die sich Kerkeling und Doris Heinze, die wieder mit Kerkeling das Drehbuch verfasst hat, hier haben einfallen lassen, ist auch nötig. Denn mit der Konzentration auf Edwin und seine Erbschleicherei, kommt der Wiederauflage des "Club Las Piranjas" ein bisschen die Gesellschaftssatire abhanden.
Edwin fehlt "ein kompetenter Reiseleiter"
Stattdessen gibt es allerlei Nebenkriegsschauplätze, etwa als Edwin seinen Sohn mit allerlei Sabotage-Akten in die Bredouille bringt. Da gibt es wenig bis gar keine Doppeldeutigkeiten, Anspielungen oder Persiflagen, da steht der Klamauk im Vordergrund. Das macht aus dem neuen "Club Las Piranjas" eine Komödie statt einer Satire, denn auch längst nicht alle Charaktere funktionieren. Etwa wenn der Teenager-Gast ständig die CO2-Bilanz des Familienurlaubs kritisiert, als seien im Jahr 2023 alle Teenager bei "Fridays For Future" aktiv. Das ist dann ein bisschen arg platt.
Trotzdem gibt es Stellen, da funktioniert auch die Serie wie damals der Film, auch wenn sie dabei in der Vergangenheit kramt und einzelne Szenen von 1995 ins Jahr 2023 transportiert. Etwa, wenn der Busfahrer am Flughafen nicht wie einst eine Kassette mit der Club-Hymne in das olle Kassettendeck schiebt, zu der Kerkeling und Milster damals sangen, sondern nun einfach eine CD ins Entertainment-System des Busses schiebt. Das ist dann zwar alles moderner, aber nicht weniger unangenehm und Edwin meckert auf seinem Sitz: "Da fehlt ein kompetenter Reiseleiter."
Ein Satz, der ganz treffend den Unterschied zwischen dem Film und der Serie beschreibt, denn Kerkeling ist nicht mehr der Reiseleiter von einst. "Basierend auf Figuren des Films 'Club Las Piranjas'", heisst es dementsprechend gleich zu Beginn der Serie und in der Tat ist hier das Wort "basierend" das Entscheidende. Denn "Club Las Piranjas" von 2023 hat nur in den besonders guten Momenten, und die gibt es auch, noch etwas mit seinem Vorgänger aus dem Jahr 1995 zu tun. Das macht die Serie nicht besser oder schlechter, sondern einfach ganz anders. Das sollte man aber vorher wissen.
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