Ein mutmasslicher Suizid schockt Südkorea und sorgt für heftige Diskussionen: Wurde der bekannte Schauspieler Lee Sun Kyun von Polizei und Medien in den Tod getrieben?

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Nach dem mutmasslichen Suizid des aus der Oscar-gekrönten Gesellschaftssatire "Parasite" bekannten südkoreanischen Schauspielers Lee Sun Kyun geben einige Experten Polizei und Medien eine Mitschuld an dessen Tod. Der Kommunikationsexperte der Sogang-Universität in Seoul, Yu Hyun Jae, sprach von einem "gesellschaftlichen Mord". Mit ihrem Verhalten im Rahmen der Drogen-Ermittlungen gegen Lee seien Medien, Polizei, aber auch die Öffentlichkeit verantwortlich für dessen "immense Demütigung", erklärte er im Fernsehen.

Vor seinem Tod 19 Stunden verhört

Lee Sun Kyuns Leiche war am Mittwoch in seinem Auto entdeckt worden. Laut der Nachrichtenagentur Yonhap hinterliess der 48-jährige Star eine "Notiz, die sich wie ein Testament liest".

Lee war seit Oktober wegen des Verdachts auf Drogenkonsum im Visier der Polizei. Nach Angaben von Yonhap wurde er wenige Tage vor seinem Tod 19 Stunden lang verhört.

In Südkorea, in dem sehr strenge Anti-Drogen-Gesetze gelten, war der Imageschaden für Lee enorm. Medienberichten zufolge wurde der Schauspieler wegen der Vorwürfe aus Fernseh- und Werbeprojekten verbannt, ihm sollen demnach Einnahmen in Höhe von umgerechnet sieben Millionen Euro entgangen sein.

Auszüge aus privaten Telefongesprächen

Laut Experten kam die Berichterstattung der Sensationsmedien über den Fall einer Vorverurteilung des Schauspielers gleich. Der Polizei wurde vorgeworfen, die Berichterstattung durch durchgestochene vertrauliche Informationen - darunter Auszüge aus privaten Telefongesprächen - angeheizt zu haben.

Grundsätzlich habe es keinen zwingenden Grund gegeben, "den Namen des Verdächtigen" zu nennen, sagte der Korea-Experte der Universität Oslo, Vladimir Tikhonov, der Nachrichtenagentur AFP. In Südkorea, in dem die Einnahme von die Psyche beeinflussenden Substanzen deutlich weniger toleriert werde als in europäischen Ländern, sei es schon eine Strafe, in einem Drogenfall verdächtigt zu werden, sagte Tikhonov. Dem Betroffenen sei die "soziale Ächtung" sicher.

Der Chef der für die Ermittlungen zuständigen Polizisten, Kim Hui Jung, wies die Vorwürfe zurück, sie hätten Informationen durchsickern lassen. Die Ermittlungen seien strikt nach Vorschrift verlaufen.

Nach Angaben von Yonhap wurde Lee zwei Drogentests unterzogen, die negativ ausfielen. Demnach gab der Schauspieler an, bewusst "hereingelegt" worden zu sein. Eine Animierdame aus einer Nobelbar habe ihm in ihrer Wohnung Rauschmittel angeboten, er habe aber nicht gewusst, dass es sich um verbotene Substanzen gehandelt habe. Lee erstattete Anzeige gegen die Animierdame und eine weitere Person, weil sie Geld von ihm erpresst hätten.

Abschied bei privater Zeremonie

Am Freitag nahmen Lees Frau Jeon Hye Kin, ihre beiden gemeinsamen Söhne sowie mehrere seiner Kollegen in einer privaten Zeremonie in der Uniklinik von Seoul Abschied von dem Star, bevor seine Leiche aus der Leichenhalle der Klinik in ein Krematorium gebracht wurde.

An der Krankenhausfassade klebten unterdessen zahlreiche handgeschriebene Abschiedszettel von Fans: "Es tut uns leid, dass wir in der schweren Zeit für Dich nichts für Dich tun konnten", stand auf einer der Notizen. (afp/fab)

Hilfsangebote

  • Wenn Sie oder eine Ihnen nahestehende Person von Suizid-Gedanken betroffen sind, wenden Sie sich bitte an die Telefon-Seelsorge unter der Telefonnummer 0800/1110-111 (Deutschland), 142 (Österreich), 143 (Schweiz).
  • Anlaufstellen für verschiedene Krisensituationen im Überblick finden Sie hier.
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