Einmal Blödelbarde, immer Blödelbarde: Auch im Alter von 70 Jahren denkt Otto Waalkes nicht ans Aufhören. Im Interview zu seinem neuen Film "Der Grinch" offenbart Deutschlands berühmtester Ostfriese aber auch seine ernste Seite - manchmal zumindest.
Otto, Sie haben unter anderem ein Faultier synchronisiert, eine Heuschrecke, einen Papageien, die Ottifanten und auch der Grinch könnten als Tiere durchgehen. Ausserdem haben Sie zu Hause eine Goldene Henne, einen Bambi, einen Goldenen Elefanten, besonders gefällt mir der Göttinger Elch. Mit Tieren können Sie offenbar gut?
Auch die Ottifanten begleiten mich schon ewig. Mit elf oder zwölf Jahren habe ich mit ihnen angefangen.
Es ist Zufall, dass ich all diese animierten Tiere gesprochen habe. Das kam ganz unerwartet, ich bin schliesslich kein Synchronsprecher. Doch immer häufiger werde ich für solche Rollen engagiert.
Für mich ist das immer ein Experiment, auch jetzt beim "Grinch". Aufgrund des Erfolgs mit "Ice Age" (Anm. d. Red.: Otto spricht hier die Rolle des Faultiers Sid) hat mich der amerikanische Produzent des Films gefragt, ob ich nicht auch dieses grüne Männlein sprechen will.
Im englischen Original spricht
Das war schon eine eigene Liga, da kann ich nicht mitspielen. Cumberbatch klingt so kultiviert. Wie ein Oxford-Professor im Hauptseminar. Ich musste schon was Otto-Spezifisches einbauen, um damit konkurrieren zu können. Das ist mir, hoffe ich, gelungen.
Letztlich ist es eine Geschmacksfrage. Die Amerikaner haben auch meine Version akzeptiert, die waren ja im Studio live dabei.
Haben die Produzenten Ihnen Vorgaben gegeben?
Nein, gar nicht. Bei "Mulan" war es damals noch anders. Da habe ich den Satz "Er geht da lang" in verschiedenen Betonungen eingesprochen. Sie meinten immer: "Oh no, we don’t like it."
Dann habe ich es versucht mit: "Er geht da lang. Holleridi." Deren Reaktion darauf: "Yeah. That’s it." (lacht)
Und plötzlich steckte in "Mulan", dem Drachen, eine Prise von Otto, dem Komiker …
Genau, das wussten die ja nicht. Später, bei "Ice Age", sollte ich dann das Mammut sprechen. Deren Begründung: "The German guy has something to do with elephants."
Dann haben sie mir den Film geschickt und ich dachte mir: Was soll der Quatsch? Das Faultier passt doch viel besser. Die schnittige Physionomie, die tollpatschigen Bewegungen. Also habe ich Sid eingesprochen.
Der erste Film war vergleichsweise erfolgreich in Deutschland, in den USA weniger. Daraufhin wurde ich nach New York eingeflogen und alle anderen Synchronsprecher mussten die Rolle ähnlich wie ich interpretieren.
Der damalige Produzent kam nun wegen "Der Grinch" auf mich zu und meinte: "With you on board we can make it." Dann hat er mir ein paar Komplimente gemacht, und Komplimente überzeugen mich immer.
Den "Grinch" gibt es unter anderem schon als Realverfilmung – im Jahr 2000 mit
Ja, den mag ich. Er ist als Bewegungskomiker einzigartig. "Ace Ventura" zum Beispiel. Er ist in dem Film ganz allein für Komik verantwortlich, das Umfeld ist durchgehend seriös besetzt. Oder auch "Der Dummschwätzer". Da spielt er einen schlechten Vater, der trotzdem sympathisch bleibt, unfassbar gut.
Ich habe ihn mal kennengelernt und für die "Bunte" interviewt. Damals habe ich ihn gefragt, wie es möglich ist, 20 Millionen Dollar für nur eine Rolle zu bekommen. "Weil ich es verdiene", hat er mir entgegen geschrien (lacht).
Haben Sie sich an seiner Darstellung des Grinch orientiert?
Das wäre sehr schwierig, weil sie ihn ja real umgesetzt haben. Und Jim Carrey war dort kaum wiederzuerkennen. Der Film war auch sehr düster, der hat die kleinen Kinder fast abgeschreckt. Das muss nicht sein.
Jetzt wird die Geschichte anders umgesetzt. Herzlicher, witziger, charmanter. Der Grinch hat zwar etwas Boshaftes in sich, daneben aber auch eine gewisse Traurigkeit. Deswegen will man wissen, was mit ihm los ist. Was ihn dazu bewegt, so gemein zu sein. Das ist das Neue.
Wenn Sie im echten Leben einmal Grinch spielen dürften: Wem würden Sie gerne die Weihnachtsgeschenke wegnehmen?
(lacht) Meinen Verflossenen.... Nein, weiss ich nicht. Die sollen alles behalten. Auch meine Ex-Frauen. Die sollen glücklich sein. Das haben sie sich verdient, schon weil sie so lange mit mir zusammen waren.
Im Mai erschien Ihre Biografie "Kleinhirn an alle". Danach feierten Sie noch 70. Geburtstag, waren Wacken-Headliner, bekamen das Bundesverdienstkreuz, nun sprechen Sie den Grinch …
… einen bayerischen Kabarettpreis und den "Sondermann-Preis für Komische Kunst" habe ich neulich auch noch bekommen.
Sie sagen es. Da stellt sich doch die Frage: War die Biografie nicht ein wenig voreilig?
Ich hab den Verdacht, man spekuliert mit meinem baldigen Ableben. Aber den Gefallen kann ich niemandem tun, weil ich noch immer in Form bin. Es gibt noch einiges, das auf mich zukommt. Tourneen, Filmprojekte, Ausstellungen.
In einer aktualisierten Fassung ihrer Biografie: Was würden Sie gerne darin lesen?
Das weiss ich nicht, das kommt alles noch. Vielleicht über die Projekte, die ich jetzt angehe. Tops und Flops. Vielleicht eine neue Partnerschaft. Wer weiss, wo das alles hinführt? Solange ich lebe, kann ich das alles noch niederschreiben.
Was auch nicht im Buch steht: In Frankfurt hatte ich meine erste Museumsausstellung, aktuell in Hamburg im Museum für Kunst und Gewerbe. Dort mache ich Führungen mit Schulklassen im Alter von sechs oder sieben Jahren.
Die fragen mich: "Warum machst du da Ottifanten rein?" Ja, warum? Ich kann denen ja schlecht erzählen, dass es um Ironisierung und Irritation geht (lacht). Das kapieren die natürlich nicht. Dafür die passenden Worte zu finden, ist eine Herausforderung, die mir richtig Spass macht.
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