Lily Colins und weitere Darstellerin
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Wo fängt man bei der Fülle an Klischees, die der Netflix-Hit "Emily in Paris" bedient, nur an? Vielleicht am Anfang: Die US-Marketing-Expertin Emily (Lily Collins) landet in Paris – oder besser: in der malerischen Disney-Variante von Paris. Der Weg zu ihrer Wohnung führt sie natürlich vorbei an sämtlichen Sehenswürdigkeiten, vom Arc de Triomphe bis zum Eiffelturm. Letzteren kann man sowieso von fast überall sehen, klar.
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Gelbwesten, Obdachlose, Müll? Nix da! In Frankreich, da gibt's ausschliesslich pittoreske Gebäude, edle Restaurants, fancy Clubs, schöne, schlanke Menschen und Champagner im Park. Ein Bilderbuch-Frankreich eben, das mit seiner stets nach l'amour und Genuss duftenden Leichtigkeit die patente, aber noch etwas steife US-Amerikanerin Emily schier überwältigt.
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Emily wohnt in einem sogenannten "Chambre de Bonne", einem ehemaligen Dienstmädchenzimmer – angeblich. Diese winzigen, circa sechs bis zwölf Quadratmeter grossen Apartments gibt es im teuren Paris tatsächlich oft. Allein: Emilys Serienwohnung wirkt mindestens viermal so gross. Natürlich ist sie très charmant, mit Traum-Panoramablick aus dem Fenster.
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Ist im ersten Bild bereits etwas aufgefallen? Mais oui: die Baskenmütze – ein Must-have im modebewussten Frankreich, naturellement. Wer braucht schon französische Sprachkenntnisse, um sich wie eine echte Pariserin zu fühlen, wenn es Baskenmützen gibt? Emily besitzt sie in verschiedenen Farben – zum Beispiel in Rot, man ist schliesslich in der Stadt der Liebe.
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Und wenn sie da schon mal so nett in einem Café sitzt – macht man in Paris ja dauernd –, blicken wir auf die Kulinarik: Croissants sind, neben Baguettes, Käse und Wein, ein französisches Grundnahrungsmittel. Und sie schmecken für zusatzstoffverdorbene US-Gaumen göttlich, n'est-ce pas? Müssen sie auch, sind doch in Frankreich alle Gourmets.
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Und erst recht sind alle Verführerinnen und Verführer! Alle haben ständig Sex im Kopf. Hier darf man noch chauvinistisch flirten. Junge Männer stehen, Macron lässt grüssen, gern mal auf ältere Frauen, und die von all dem überforderte Emily wirkt ganz schön prüde, verknallt sich dann aber doch in ihren süssen Nachbarn (Lucas Bravo).
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Der ist nicht nur charmant und gutaussehend, sondern auch Koch von Beruf. Sein Arbeitsplatz: ein – natürlich bezauberndes – kleines Restaurant, das er später übernimmt. Er ist eben ein französischer Verführer, wie er im Buche steht. Nur leider auch liiert. Das mit der Treue nehmen die Französinnen und Franzosen ja aber eh nicht so genau, wie man weiss.
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"Tja Emily, Sie werden mit jedem Tag französischer!", "lobt" ihre Chefin (Philippine Leroy-Beaulieu) in Staffel zwei. Anlass dafür ist, dass sie von Emilys Affäre mit Koch Gabriel erfährt. Dann zieht sie genüsslich an ihrer Zigarette und schenkt sich noch etwas Wein nach – leben wie Göttin in Frankreich.
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Apropos Wein und Zigaretten: Laissez-faire wird in Frankreich grossgeschrieben. Arbeitsbeginn ist am späten Vormittag, die Mittagspausen sind lang und werden in süssen Strassencafés verbracht. Hier im Bild mit Emily: Camille (Camille Razat), die natürlich liebenswerte und natürlich schöne Partnerin des Schnuckel-Kochs.
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Die Franzosen wissen eben, das Leben zu geniessen. Sie laufen auch stets in glamourös-bunter Designermode herum. Blöd nur, dass sie trotzdem ständig schlecht gelaunt sind, ganz im Gegensatz zum erfrischend fröhlichen US-Sonnenschein Emily, die nebenbei noch als Influencerin Karriere macht.
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Die Klischees französischer und US-amerikanischer Kultur sind grotesk lustig – schwieriger wird es bei der Figur der Ukrainerin Petra (Daria Panchenko). Denn was tun Osteuropäerinnen in Paris so? Natürlich: klauen! Wegen eines Missverständnisses hält Petra Emily für eine Gleichgesinnte und zwingt sie zum "Gratis-Shoppen". Aua!
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Die Nebenrollen-Figur aus Staffel zwei sorgte für Ärger. Der damalige ukrainische Kulturminister Oleksandr Tkatschenko kritisierte die Darstellung öffentlich als "Karikatur einer Ukrainerin", als "inakzeptabel" und "beleidigend". Doch auch in Frankreich gab es Proteste gegen die Serie wegen des allzu klischeehaften Porträts der Grande Nation.
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Andere Französinnen und Franzosen nahmen es lockerer und nahmen die Serie als eine Art Werbespot für ihr Land wahr. Ähnlich sieht es "Emily"-Schöpfer Darren Star, der übrigens auch für die Kultserie "Sex And The City" verantwortlich war: "Die Show ist ein Liebesbrief an Paris durch die Augen dieses amerikanischen Mädchens, das noch nie dort war."
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"Das erste, was sie sieht, sind die Klischees, denn es ist aus ihrer Sicht", führte er im Interview mit dem "Hollywood Reporter" aus. "Es tut mir nicht leid, Paris durch eine glamouröse Linse zu betrachten." Glamourös wird es auch in der nun anstehenden vierten Staffel weitergehen. Allerdings nicht ausschliesslich in Paris ...
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Trotz aller Stereotype: Geniessen kann man "Emily in Paris" allemal. Die Serie ist ein knallbuntes Pop-Märchen. Wenig Tiefgang, Feierabend-Eskapismus de luxe. Ganz "französisch" gönnen sich Netflix-Kunden das – santé!