Nun ist es endlich so weit: Nach Jahren des Wartens schickt sich Dwayne Johnson an, als "Black Adam" die Kinowelt zu erobern. Doch der derzeit wohl grösste Hollywood-Star hat noch viel mehr vor. Er will die Übermacht von Marvel an den Kinokassen beenden und seine Version eines Superhelden-Filmimperiums an den Start bringen - sein neuer Film soll nur der erste Schritt sein. Doch hat sich der Ex-Wrestler hier verhoben?

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Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Doreen Hinrichs dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Um das Leinwanddebüt des DC-Antihelden "Black Adam" wurde seit 2006 gerungen. Damals war bekannt gegeben worden, dass Johnson die bunte Welt der Superhelden bereichern würde. Erste Pläne, ihn als Gegenspieler in "Shazam!" (2019) auftreten zu lassen, wurden bald verworfen – Johnson bestand darauf, dass seine Figur einen eigenen Film wert sei.

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Doch damit nicht genug: Der derzeit bestbezahlte Hollywood-Star wollte nicht nur eine weitere Comic-Verfilmung abliefern, sondern nichts weniger, als die gesamte DC-Welt auf den Kopf stellen. Ähnlich wie bei der Konkurrenz von Marvel und dessen Cinematic Universe (MCU) soll es nun endlich auch bei DC losgehen. Natürlich gab es auch hier grosse kommerzielle Kinoerfolge wie etwa "Aquaman", doch eine klare Linie, ein Konzept, wie man das Potenzial der eigenen Helden nutzen könnte, fehlte. Eines der grössten hausgemachten Probleme: Es gab niemanden mit der Vision eines so kreativen wie geschäftstüchtigen Masterminds, wie es Kevin Feige bei Marvel ist.

Diese Stelle will nun Johnson einnehmen. Ein gewagtes Ansinnen, doch der Ex-Wrestler ist eben auch ein gewiefter Geschäftsmann, der seinen Star-Appeal einzusetzen weiss. Sollte der Plan gelingen, steht ihm mit dem schier unerschöpflichen Pool an DC-Helden eine kaum versiegende Einnahmequelle zur Verfügung. Auf Twitter bezeichnete Johnson seinen Film in Anlehnung an die MCU-Strategie nun auch gleich als "Phase 1" des Storytellings "unseres DC Universe".

Doch so gross das Selbstbewusstsein auch ist: Marvel zu überholen oder auch nur annähernd gleichzuziehen, ist im Moment ein schlicht unerreichbares Ziel. Fast 30 Filme und zahlreiche Serien aus dem MCU sind nicht nur ein gewaltiger Output, auch kommerziell kann kaum jemand Captain America, Hulk & Co. das Wasser reichen. Daher würden sich Fans und Zuschauer schon über einen einigermassen unterhaltsamen Film aus dem Hause DC freuen. Doch selbst das ist leider nur mit Abstrichen gelungen.

"Black Adam": Worum geht’s eigentlich?

Die Menschen im Khandaq der Jetztzeit, einem fiktiven Land mit ägyptischen Anleihen, werden von ausländischen imperialistischen Kräften unterdrückt und ausgebeutet. Adrianna (Sarah Shahi) und ihr Bruder begeben sich auf die Suche nach einem Artefakt, das ihnen im Kampf gegen die Invasoren helfen soll.

Doch sie finden noch viel mehr: Adrianna weckt Teth-Adam (Dwayne Johnson), der in Khandaq vor 5.000 Jahren selbst ein Sklave und Kämpfer für die Freiheit war. Die ihm vom Zauberer Shazam verliehenen übermenschlichen Kräfte stiegen ihm damals jedoch zu Kopf – zur Strafe musste er seitdem in Gefangenschaft schmoren.

Diese lange Zeit im Helden-Knast hat ihn nicht gerade milder gestimmt, und so hat er nach seiner Befreiung leider keine grosse Lust, sich einer guten Sache zu verschreiben, sondern möchte einfach nur alles niedermetzeln. Lediglich Adrianna und vor allem ihr Sohn Amon (Bodhi Sabongui) können mildernd auf den Muskelprotz einwirken. Doch das reicht nicht – längst ist auch andernorts aufgefallen, dass eine neue finstere Kraft das Spielfeld übernommen hat.

Das ruft nun Amanda Waller (Viola Davis, zuletzt überragend in "The Woman King") auf den Plan. Man kennt sie und ihre Methoden von der "Suicide Squad": Superkräfte sind gerne gesehen, doch wer nicht spurt, wird mit aller Härte auf Linie gebracht.

Die Justice Society wirkt wie eine Kopie - und kann nicht mal was dafür

Und so schickt Waller die Justice Society of America (JSA) los, um Black Adam in seine Schranken zu weisen - und bäm! hat die Kinowelt auf einen Schlag vier weitere neue Superhelden. Carter Hall (Aldis Hodge) alias Hawkman, der das übertrieben schönste aller Helden-Outfits trägt. Maxine Hunkel (Quintessa Swindell) alias Cyclone, die als kunterbunter Wirbel den Wind kontrolliert. Albert Rothstein (Noah Centineo) wird per Knopfdruck zum riesigen Atom Smasher und dann ist da nicht zuletzt Kent Nelson (Pierce Brosnan), der als Zauberer Dr. Fate Raum und Zeit beherrscht.

Das Auftreten der Helden macht schnell den Fluch der viel zu späten Geburt deutlich: An den Vieren gibt es auf den ersten Blick absolut nichts auszusetzen. Kräfte, Kostüme, Sprüche, Besetzung – alles top! Nur kommen sie und ihre Fähigkeiten einem schon bekannt vor: Storm, Ant-Man oder Dr. Strange lassen grüssen. Angesichts der jahrelangen Arbeit an dem Film und der Neuausrichtung des DC-Universums hätte man durchaus erwarten können, dass ein paar Ideen und Filmminuten auch für die Storys der Nebencharaktere drin gewesen wären.

Aber dafür hat sich leider niemand Zeit genommen. Platz wäre wohl eh nicht - zu erdrückend ist die Präsenz von Black Adam, der über allem schwebt. Und das auch ganz bildlich, auf eine höchst irritierende Weise. Er hängt oft senkrecht in der Luft, und da sich auf Johnsons Haupt kein Härchen im Wind bewegt und grosses Mienenspiel auch nicht seine Sache ist, wirkt es, als würde an beliebigen Stellen im Film eine "The Rock"-Action-Figur ins Bild gehalten.

Auch sonst wirkt der Film in der Gesamtheit seltsam unausgegoren und kann sich nicht entscheiden, was genau er will. Johnson zufolge habe man auf die Fans gehört – leider aber anscheinend auf jeden einzelnen. Es allen recht machen zu wollen, kann nie gelingen, und am Ende passt wenig zusammen. Für Kids und Fans des "Jumanji"-Johnson ist alles zu brutal, für Erwachsene zu albern. Man könnte auch wunderbar eine Diskussion über Superhelden im Allgemeinen führen: Sind die vermeintlich strahlenden Helden wirklich gut? Was taugen sie in einer immer komplexer werdenden Welt, in der die Fronten überhaupt nicht gerade verlaufen?

Allein die Situation in Khandaq hat so viele Parallelen zur echten Welt und erinnert etwa an Afghanistan, dass es ein Film mit echtem Tiefgang hätte werden können. Hat man mehr Nachsicht mit einer Besatzungsmacht, wenn sie dem eigenen Wertekanon entspricht? Ist bei der Befreiung jedes Mittel erlaubt? Doch auch dieser Faden wird nicht zu Ende geführt, am Ende verkloppen die Bewohner alberne Gerippe und hüpfen auf der Strasse herum.

After-Credit-Scene verspricht etwas ganz Grosses

Und dennoch: Die zwei Stunden im Kino sind keineswegs eine komplette Verschwendung von Lebenszeit. Vielleicht schämt man sich hinterher ein wenig, so einfach gestrickt zu sein und sich von güldenen Helmen blenden zu lassen. Aber so viel schlechter als andere Filme seiner Art (und wie es manche andere Kritiken glauben machen wollen) ist "Black Adam" einfach nicht. Die Action passt, die Effekte sind teils grossartig und die JSA ist eine echte Bereicherung.

Und dann ist da ja noch diese After-Credit-Scene. Wahrscheinlich ist sie ohnehin für niemanden mehr eine Überraschung – verraten wird an dieser Stelle trotzdem nichts. Nur so viel: Das schönste Kinngrübchen seit Cary Grant zaubert nicht nur Herzchen in die Augen von Fan-Girls und -Boys, sondern lässt auch tatsächlich auf eine vielleicht gar nicht mal so düstere Zukunft des DC-Universums hoffen.

"Black Adam" mit Dwayne Johnson, Pierce Brosnan, Aldis Hodge, Quintessa Swindell, Noah Centineo uvm. startet am 20. Oktober in den Kinos.
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