Christopher Nolan hat sich mit Werken wie der "Batman"-Trilogie, "Interstellar" oder "Inception" seinen Status als Ausnahmeregisseur erarbeitet. Auch sein neuer Film "Oppenheimer", ein dreistündiges Epos über den titelgebenden "Vater der Atombombe", spielt in einer ganz eigenen Kategorie.

Ein Interview

Bildgewaltig erzählt Christopher Nolan die Geschichte des Physikers Robert Oppenheimer, der als Leiter des Manhattan-Projekts am Bau der von ihm erdachten Atombombe beteiligt war. Mit der Hilfe dieser neuartigen Massenvernichtungswaffe sollte der Zweite Weltkrieg beendet werden. Doch war der in Europa bereits vorbei - und so wurden zwei Bomben über den japanischen Städten Hiroshima und Nagasaki abgeworfen. Bis zu 300.000 Menschen verloren dabei und danach ihr Leben.

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Mit dem Bau der Atombombe begann ein Wettrüsten, das bis heute die Welt im Griff und das Potenzial hat, die gesamte Menschheit auszulöschen. Für den Physiker, der den Weltenbrand beenden wollte, eine schwer aufzulösende Entwicklung.

Für seinen Film hat Regisseur Christopher Nolan ein Star-Ensemble vereint, wie es selten zu finden ist: Der charismatische Cillian Murphy überzeugt in der Titelrolle. Emily Blunt als seine Frau spielt sich locker zur Oscar-Nominierung.

Matt Damon, Robert Downey Jr., Florence Pugh oder Josh Hartnett sind nur ein paar der grossen Namen in weiteren Rollen. Und selbst mit einem relativ kleinen Auftritt hinterlässt Oscar-Preisträger Rami Malek bleibenden Eindruck.

Auf eine Sache verzichtet Nolan aber: den Einsatz von CGI. Darüber und wie er das Beste aus seinen Stars herausholt, spricht er im Interview mit unserer Redaktion.

Herr Nolan, Ihr Film erzählt von einem Mann, dessen Erfindung den Lauf der Welt für immer verändert hat. Doch neben dem historischen Ereignis ist das Thema angesichts der derzeitigen Lage aktueller den je. Hat das die Arbeit am Film beeinflusst?

Christopher Nolan: Die Welt hat sich während des Schreibens des Drehbuchs, der Vorbereitung auf den Film und vor dem Kinostart natürlich verändert. Die Invasion der Ukraine geschah, als wir mit dem Filmdreh begannen. Wir haben nicht das Drehbuch geändert, aber die erschreckende Wirkung der Geschichte veränderte sich. Doch wir erzählen Oppenheimers Geschichte ohnehin aus seiner Sicht, gehen auf die Reise mit ihm, um zu verstehen, warum er Entscheidungen so getroffen hat, wie er es tat. Und nicht, um sie aus heutiger Sicht zu beurteilen.

Es erstaunt, dass Sie fast komplett ohne CGI gearbeitet haben, auch gerade bei Szenen wie dem Trinity-Test [dem ersten Atombombentest; Anm.d.Red.]. Das wirkt aus der Zeit gefallen. Machen Sie sich damit die Arbeit schwerer?

Als Filmemacher steht man immer im Austausch mit dem Umfeld. Und je mehr Computergrafik dort eingesetzt wird, desto mehr liegt mein Vorteil darin, andere Sachen auszuprobieren. Für die Zuschauer bleibt es so unvorhersehbar, denn sie sehen diese Art Tricks nicht so häufig. Vor 30 oder 40 Jahren war das noch anders. KI wird beim Filmemachen, vor allem bei den visuellen Effekten, seit Jahren eingesetzt. Das wird sich natürlich fortsetzen und noch mächtiger werden. Die Technologie bringt auch Gefahren des Missbrauchs mit sich. Viele Menschen fürchten das und haben durchaus recht damit. Aber in der Filmindustrie ist das ein mächtiges Werkzeug. Ich möchte mir aber die Freiheit erhalten, genau die Technik zu nutzen, die aus meiner Sicht am besten für das Erzählen einer Geschichte ist.

"Ich will in seinem Kopf sein. In seiner Welt, in den Räumen mit ihm, draussen in der Wüste - und dafür braucht man einfach analoge Techniken, um die Welt so zu sehen, wie er sie sieht."

Christopher Nolan darüber, warum "Oppenheimer" fast komplett ohne CGI auskommt

Und in diesem Fall – und das gilt für viele meiner Filme, aber für "Oppenheimer" ganz besonders, – will ich die Geschichte aus einer subjektiven Perspektive erzählen. Ich will in seinem Kopf sein. In seiner Welt, in den Räumen mit ihm, draussen in der Wüste - und dafür braucht man einfach analoge Techniken, um die Welt so zu sehen, wie er sie sieht. Und so kann ich den Schauspielerinnen und Schauspielern eine Realität erschaffen, in der sie sich bewegen. Sie mit rausnehmen zum Trinity-Test, zum Erbauen der Stadt, mit in den Bunker – aus meiner Sicht zahlen sich diese Methoden einfach am Ende für die Zuschauer aus.

Sie haben ein Ensemble renommiertester Stars versammelt: Cillian Murphy, Emily Blunt, Matt Damon … Viele liefern ihre vielleicht beste Leistung ab. Wie treiben Sie sie an?

Das Erste, was ich mache, wenn ich das Drehbuch schreibe: Ich denke noch nicht über die Schauspieler nach. Ich hatte Emily Blunt nicht vor Augen, als ich Kitty Oppenheimer schrieb. Fürs Drehbuch konzentriere ich mich auf die Figur. Wenn man sich beim Schreiben den Schauspieler oder die Schauspielerin vorstellt, beschreibt man etwas, das es schon gegeben hat. Aber ich will sie herausfordern beim Dreh, ihnen den Raum und die Zeit geben, die Figuren zu ergründen. Und diese brillanten Darsteller arbeiten dann einfach perfekt zusammen. In einem grossartigen Ensemble werden sie besser und besser. Ich versuche in dem Moment lediglich derjenige zu sein, den sie brauchen, um ihr Bestes zu geben.

"Oppenheimer" läuft seit dem 20. Juli 2023 in den deutschen Kinos.
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