Schauspieler Sebastian Ströbel hat sich in zehn Jahren "Bergretter" einiges abgeschaut von seiner Rolle Markus. Was genau und warum ihn die Ramsau manchmal an Hollywood erinnert, hat der 46-Jährige im Interview mit unserer Redaktion verraten.

Ein Interview

Als Markus Kofler rettet Schauspieler Sebastian Ströbel jede Woche Menschen aus brenzligen Situationen in der Ramsau in Österreich. Die Serie "Die Bergretter" gibt es noch ein bisschen länger, sie läuft seit 2009 im ZDF und startet nun in die 15. Staffel.

Herr Ströbel, Heidi Klum hat kürzlich in ihrer Instagram-Story Fragen ihrer Fans beantwortet. Eine Frage war: "Was ist deine Lieblingsserie?" Dreimal dürfen Sie raten, was sie geantwortet hat.

Sebastian Ströbel: Das muss natürlich "Bergretter" gewesen sein, das war jetzt nicht schwer. So ging es ja auch los: Tom Kaulitz hat im Podcast mit seinem Bruder Bill von seiner Liebe zu den "Bergrettern" erzählt und verraten, dass es auch Heidis Lieblingsserie ist. Irgendwann haben sie sich dann auch über mich geäussert, woraufhin ich über Instagram ein Grussvideo geschickt, die beiden markiert und sie eingeladen habe, in die Ramsau zu kommen und uns zu besuchen. Und tatsächlich hat sich Heidi dann über Instagram bei mir gemeldet und gefragt, ob sie auch mal mitspielen könnte. So kam eins zum anderen.

Wie ist es denn, so einen berühmten Fan zu haben?

Super! Aber ich mach' da ehrlich gesagt keinen Unterschied und freue mich über jeden Fan, den wir haben. Ob berühmt oder nicht, ob Celebrity oder nicht – das ist mir eigentlich ziemlich wumpe, weil ich von dem Produkt überzeugt bin und weiss, was für eine tolle Arbeit wir machen.

Ihr Kollege Robert Lohr, der in der Serie Michi spielt, hat im Interview mit unserer Redaktion erzählt, dass Heidi die "Bergretter"-Geschichten besser als Sie alle kennt.

Ja, das stimmt. Es gibt viele wandelnde Lexika, die sich wirklich sehr gut mit den Geschichten auskennen. Ich muss gestehen, wenn ich am Ende eines Jahres zurückblicke, muss ich immer schwer überlegen: "Was haben wir da nochmal gemacht?" Aber Heidi und Tom haben sich tatsächlich extrem gut ausgekannt.

Sebastian Ströbel, schauen Sie "Germany's Next Topmodel"?

Wie war es denn, mit Heidi Klum zu drehen?

Wunderbar. Hochprofessionell. Ehrlich gesagt hat mich das aber auch nicht überrascht, weil sie das, was sie von ihren Kandidatinnen erwartet, selbst vorgelebt hat: Sie war super vorbereitet, der Text hat gesessen, sie hat keine Extrawürste verlangt – Braten mit Sauerkraut und Knödeln wollte sie haben, das wären vielleicht die Extrawürste gewesen. Aber ansonsten war sie wirklich total easy, hat keine Mätzchen gemacht. Sie hat sich auch an den Felsen gehängt, obwohl sie Höhenangst hat.

Wie dramatisch wird's denn?

Es wird auf jeden Fall dramatisch. Wenn es bei uns nicht emotional-dramatisch wird, dann wird es natürlich actionreich-dramatisch. Heidi wollte auch gerettet werden und Action haben. Den Wunsch konnten wir ihr nicht abschlagen.

Dürfen Sie schon was von der Geschichte verraten?

Ich kann sagen, dass sie eine Eventmanagerin spielt. Es gibt auch eine Modenschau, also eine inhaltliche und biografische Verwebung. Dann kommt sie in Verstrickungen...

Sie haben vorhin Heidis Kandidatinnen erwähnt. Sie schauen also "Germany's Next Topmodel"?

Ich kenne das natürlich und bin auch schon mal hängen geblieben. Aber wegen meines Zeitplans komme ich eigentlich überhaupt nicht dazu, irgendetwas anzuschauen. Ich bin froh, wenn ich abends ein paar Seiten lesen kann und dann müde ins Bett falle, denn ich habe tatsächlich jede Woche ein recht zünftiges Programm. Deswegen sei es mir verziehen.

Ihre Kollegin Luise Bähr hat uns im Interview eine Geschichte erzählt, in der Sie beide nachts mal auf dem Berg festsassen und die echten Bergretter gebraucht haben.

Ja, Luise und ich sind nachts nach einer Leseprobe im Schneegestöber stecken geblieben, Blitzeis und Schnee haben uns überfallen. Wir sind den Hang mit dem Auto nicht mehr hochgekommen und mussten unseren Oberbergretter rufen. Der kam mit seinem Riesentraktor – und das war wie in so einem Film mit Ausserirdischen: Der Traktor kam mit eingeschaltetem Licht auf uns zu, blieb erst kurz vor uns stehen, die Scheinwerfer haben alles überstrahlt. Dann hat er uns den Berg hochgezogen. Das war sehr lustig.

Auch ein bisschen peinlich?

Überhaupt nicht, mir ist wenig peinlich. Ich kann Hilfe gut annehmen. Es wäre sicher peinlicher, im Gebirge bei Blitzeinschlag und Unwetter im Klettersteig unterwegs zu sein, ohne richtige Sicherung und dann die Bergrettung rufen zu müssen. Aber auch das kann passieren.

Haben Sie die echten Bergretter ansonsten schon mal gebraucht?

Nein, Gott sei Dank noch nicht. Ich hoffe auch nicht, dass ich sie je brauchen werde.

"Ramsau Hills – das ist schon ein bisschen Hollywood"

Kommt Ihnen Ihre Erfahrung bei den "Bergrettern" zugute, wenn Sie selbst in den Bergen unterwegs sind und sehen, dass jemand Hilfe braucht?

Ja, natürlich habe ich nach neun Jahren – nächstes Jahr ist mein zehntes Jahr – schon akkumulierte Erfahrungen gesammelt und mehr Knowledge und Wissen als andere Leute, die in den Bergen unterwegs sind. Natürlich macht das was mit einem, wenn man diese Rolle so lange spielt und so lange ausfüllt. Aber ich würde trotzdem jedem raten, lieber die echten Bergretter zu rufen – zum Retten gibt's die Profis. Aber die Leute freuen sich immer, wenn sie mich in den Bergen treffen und sagen dann "Gut, dann kann ja nichts mehr passieren, wenn du unterwegs bist". Das ist der Running Gag.

Erkennen Sie viele Leute?

Ja, Ramsau Hills – das ist schon ein bisschen Hollywood. Man kriegt den Hauch einer Ahnung, wie es ist, als Megastar aus den USA unterwegs zu sein. Die Ramsau ist natürlich unsere Kernbase. Mittlerweile geht glaube ich jede zweite oder dritte Urlaubsbuchung dort auf die "Bergretter" zurück. Und dann sorgt das natürlich für Aufsehen, wenn ich zu Fuss irgendwo langlaufe – was toll ist und mich sehr freut. Aber ich schaue auch, dass ich mal andere Wege gehe.

Abseits der normalen.

Genau, aber natürlich trotzdem auf den Wegen.

Die Dreharbeiten dauern ja immer relativ lang, von Februar bis September. Muss man dafür sehr fit sein?

Das ist für mich Grundvoraussetzung. Ich trainiere täglich, Krafttraining und Ausdauer, um Verletzungen vorzubeugen. Die Regenerationszeit wird immer länger. Was Profisportler in ihrer Jugend machen, lebe ich jetzt im Alter, das ist natürlich ein bisschen anachronistisch. Ich kann nicht mehr grossartig feiern gehen. Manchmal sagen Episodendarsteller abends "Komm, lass uns weggehen und einen steil machen". Da muss ich mich meistens spielverderberisch raushalten oder früher gehen, weil ich es aus professioneller Sicht einfach nicht machen kann. So gerne ich es würde, aber das rächt sich alles: Ich muss am Wochenende fit sein für die Familie und für die Reiserei. Ich reise jedes Wochenende bis zu insgesamt 20 Stunden, bin etwa anderthalb Tage zu Hause und dann geht's wieder zurück in die Ramsau. Und während der Woche sind dann die anstrengenden Dreharbeiten…

Generell braucht man ja eh immer länger, um sich zu regenerieren, je älter man wird...

Gut, ich habe damit natürlich kein Problem mit Mitte 20. (grinst)

Sie wohnen in Hamburg und pendeln in die Ramsau. Was ist in Hamburg besser als in der Ramsau?

Die Gastronomiemöglichkeiten sind um einiges besser. Und es gibt mehr Wasser. (lacht) Es gibt auch mehr Altstadt und insgesamt viele, viele schöne Sachen in Hamburg. Aber es gibt auch viele, viele schöne Sachen in der Ramsau. Und das Schönste ist, dass ich beides habe.

Die "Bergretter" gibt es schon sehr lange und sie sind sehr erfolgreich. Was ist das Erfolgsgeheimnis?

Eskapismus. Wir geben den Zuschauern für anderthalb Stunden die Möglichkeit, zu vergessen, was um sie herum ist. Vielleicht auch die ganzen Krisen, die wir momentan haben, die Probleme überall in der Welt, die Probleme in der Gesellschaft, das Gegeneinander, das gegenseitige Bashing und Besserwissen. Ausserdem geben wir den Zuschauern ein Gefühl von Loyalität und Zusammenhalt und erzählen dabei trotzdem auch wichtige Geschichten – bei uns geht es ums Sterben, ums Hassen, ums Lieben. Gleichzeitig unterhalten wir, sind "Tatort", "Alarm für Cobra 11" und Heimatfilm in einem. Diese Melange, dieses Spielen mit den Genres, gibt den Menschen die Möglichkeit zu träumen, wir sind eine sehr warme Serie. Vor dem Archaischen, dem Berg, und der gleichzeitigen Gefahr, das alles wieder zu verlieren, stillt es auch ein Grundbedürfnis der Zuschauer, darüber hinwegzusehen, wenn's mal schlecht ausgeht. Denn sie wissen, dass wir alles dafür tun, damit das Gute am Schluss siegt.

Jetzt startet die 15. Staffel. Worauf dürfen sich die Fans besonders freuen?

Man kann schwer etwas hervorheben, weil wir uns seit Jahren auf einem sehr hohen Niveau bewegen: was die Szenen angeht, was die Dramaturgie angeht, aber was vor allem auch die Action angeht. Wir schaffen es immer, das Niveau zu halten und die gewohnte Action und die tollen Naturaufnahmen bieten zu können. Gleichzeitig erzählen wir tolle Episoden und verflechten diese Melange aus allen Bestandteilen. Darauf dürfen sich die Fans auf jeden Fall freuen.

Was ist das Anstrengendste, das Herausforderndste an den Dreharbeiten?

Natürlich, immer draussen zu sein. Wir haben zu etwa 75 Prozent Aussendrehs, die fordern ihren Tribut, weil wir bei Wind und Wetter, Schnee und Regen draussen sind. Wir frieren zusammen, wir schleppen alles hoch. Der körperliche Aspekt, kombiniert mit der Konzentration, mit den Gefahren am Berg – wir müssen immer wach sein, immer aufeinander achten – macht es besonders, aber eben auch anstrengend.

Wann gehen die Dreharbeiten für die nächste Staffel wieder los?

Anfang Februar geht es wieder los.

Geht es dann direkt wieder auf den Gletscher?

Genau, wir fangen immer im Kaunertal auf dem Gletscher an.

Das klingt sehr kalt.

Das ist auch sehr kalt. Vor allem wenn die Sonne weg ist, wird's ultra-kalt. Wenn dann auch noch ein schöner Wind weht, wird es noch ultra-ultrarer kälter, das kann echt unangenehm sein. Ist man zudem noch nass, wird's noch kälterer, ultra-ultra-kälterer. (lacht) Danach braucht man erst mal zwei Tage, bis man seine Zehen wieder spürt. Aber wie heisst es so schön? Wo gehobelt wird, da fallen Späne.

Und das haben Sie dann jeden Tag, dass es so richtig schön kalt ist und nass ist und dunkel ist?

Ja, es gibt aber auch tolle Tage, an denen die Sonne die ganze Zeit runterbrennt und man fast im T-Shirt draussen sitzen kann. Der Berg ist nicht berechenbar, wir haben immer neue Herausforderungen und es ist nie so, wie es vorher war. Jedes Jahr anders. Dinge wiederholen sich, aber trotzdem anders.

Die Trennung von Ihrer Figur Markus und Katharina hat viele Fans geschockt. Wie ging es Ihnen selbst damit?

Ich bin Schauspieler und als Schauspieler suche ich Konflikte. Konflikte sind wie die Kohlenhydrate in der Ernährung: Sie bringen Feuer und erzeugen Wärme. Das macht Spass zu spielen und ich mag alles, was mit Konflikten zu tun hat. Wir dürfen dem Zuschauer nicht alles geben, was er will. In dem Moment, wo man alles bekommt, ist eine Geschichte auserzählt. Deswegen ist es spannend, mit den Erwartungen zu spielen. Es ist ein Ziehen, ein Strecken, ein Nachgeben – und dann gibt es wieder ein Zuckerchen. Das Leben ist nicht planbar und geht immer weiter – das ist das Spannende an den "Bergrettern" und das ist auch das Spannende für Markus in der neuen Staffel. Der Versuch, nach vorne zu blicken, einen Schlussstrich zu ziehen und sich auf neue Dinge einzulassen.

So unterscheidet sich Sebastian Ströbel von seiner Rolle Markus

Also gibt es kein Liebes-Comeback in der neuen Staffel?

Erst mal anschauen! Wir werden sehen, wie es weitergeht.

Gibt es Geschichten, die Sie mit Ihrer Figur gerne mal spielen würden?

Ich hätte grosse Lust, als Markus noch mal auf Reisen zu gehen – Nepal oder Südamerika oder Afrika fänd' ich wahnsinnig geil, das wäre ein Traum. Einfach mit der Rolle Markus mal ins Ausland zu gehen und da eine tolle Mission hinter mich zu bringen.

Gibt es auch etwas, was Ihnen an der Rolle nicht gefällt?

Ich bin sehr viel pragmatischer. Dieses Zweifeln und Zögern und Zaudern – zumindest im Privaten, im Beruflichen ja gar nicht – liebe ich sehr an ihm. Ich leide auch mit ihm, wenn es um das Hadern mit seiner Herkunft geht, bei der gleichzeitigen Unfähigkeit, sich zu gestatten, glücklich zu sein. Ich würde nicht sagen, dass ich das an ihm nicht mag. Aber da gibt es auf jeden Fall starke Defizite.

Wo gibt es Überschneidungen?

Ach, reichlich. Wenn man mit einer Rolle anfängt, guckt man erst mal im Kleiderschrank im Keller nach, was man hat und einer Figur mitgeben kann. Und irgendwann fängt die Figur an zu leben und man merkt "Hoppla, jetzt kommt alles auf einmal zurück, die Rolle macht was mit einem". Wir haben ja vorhin schon über das Retten in den Bergen gesprochen: Wenn man fast zehn Jahre lang jemanden spielt, der ständig hilft, hilft, hilft, völlig selbstlos ist, macht das natürlich was mit einem. Vermutlich bin ich mutiger geworden – gesellschaftlich, rhetorisch, mental. Den Altruismus, den Markus lebt, finde ich grossartig. Und auch die Energie, mit der er für jeden Menschen brennt, den er rettet, den er aus dem Feuer zieht, finde ich mega-cool. Damit kann ich mich zu 100 Prozent identifizieren und hoffe, dass ich noch viel von ihm lernen kann.

Das heisst, Sie werden bei den "Bergrettern" nicht so schnell aufhören?

Sagen wir es mal so: Mir macht es wahnsinnig Spass. Ich lebe immer im Hier und Jetzt, bin niemand, der in die Zukunft schaut oder nach hinten schaut. Ich bin dankbar für das, was ich erleben kann. Im Moment bin ich wahnsinnig glücklich und fühle mich meiner "Familie" unten in den Bergen sehr verbunden. Wir sind ein tolles Team, auch die Menschen hinter der Kamera zerreissen sich und schmeissen so viel Liebe und Energie rein. Das macht mich unglaublich dankbar und ich geniesse jeden Moment.

Sie haben vier Töchter. Wie finden die das, dass Sie bei den "Bergrettern" dabei sind?

Die finden das grossartig, sind mega-happy und freuen sich darüber. Es würde auch nicht anders gehen, denn wenn irgendjemand aus der Familie sagen würde "Schluss, das funktioniert nicht!", dann wäre das für mich der Punkt, einen Schlussstrich zu ziehen. Aber solange alle mitmachen, ist es ein Gewinn für alle.

Schauen Sie die "Bergretter" zusammen?

Komischerweise gar nicht. Das hat sich bis heute nicht ergeben. Aber meine Töchter schauen sich nichts von mir an – sie schauen natürlich mal rein und haben auch schon Folgen gesehen. Aber das Schöne ist, dass meine Kinder eigentlich gar keine Schnittmenge mit mir haben. Ich verstehe das total, wir sind uns eh schon so nah, da müssen sie sich nicht auch noch alles reinziehen, was der Papa beruflich macht. Genug der Eitelkeit! Und ich verstehe das nicht als Kritik an meinem Spiel. (lacht)

Schauen Sie sich die Folgen an, wenn sie ausgestrahlt werden?

Na klar, schon allein aus beruflicher Perspektive, um zu sehen, was man besser machen kann. Aber ich veranstalte keine Happenings mit anderen Leuten oder so, sondern mache das nur für mich. Ich bin da sehr eigen.

Weitere Projekte von Sebastian Ströbel:

  • Neben den "Bergrettern" hat Sebastian Ströbel eine Doku über eine Alpenüberquerung für "Terra X" gedreht. "Extreme der Berge" Teil 1 läuft am Mittwoch, 20. Dezember, um 22:15 Uhr im ZDF, der zweite Teil am Donnerstag, 21. Dezember, ebenfalls um 22:15 Uhr. Ausserdem wird Ströbel im ARD-Film "Die Beste kommt zum Schluss" zu sehen sein. Die Dreharbeiten wurden gerade erst beendet, einen Sendetermin gibt es noch nicht.
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