Nach dem Tod einer alleinerziehenden Mutter müssen die Kommissarinnen unter lauter skurrilen Gestalten allein ermitteln: Es ist erst der dritte Fall des neuen Bremer Trios und schon fehlt der dänische Kollege – ein schlechtes Zeichen?
Warum fehlt Mads Andersen?
Das Bremer "Tatort"-Team besteht eigentlich aus Linda Selb (
Nein, versichert Mark Lührs von Radio Bremen: Alle drei Darsteller seien "sehr begehrt und entsprechend auch bei anderen grossen Produktionen gefragt. Da ist es eingeplant, dass die Terminkalender der drei und der der Produktion nicht immer zueinander passen." In der Aufstellung des Bremer "Tatort" sei deshalb eine gestalterische Freiheit angelegt, die für alle drei Darsteller gelte: "Je nach Drehbuch und Dramaturgie kann der Film auch stärker werden, wenn zwei Ermittler die Story tragen."
Wer spielt den grotesken Nachbarn Gernot Schaballa?
Eine der eindrucksvollsten Figuren in "Liebeswut" ist Gernot Schaballa, den Darsteller Aljoscha Stadelmann als "riesenhaftes Baby, ein eisschleckendes sabberndes Monstrum" beschreibt, den er trotzdem "als sympathischste aller möglichen Realitäten" habe spielen wollen.
Schaballa könnte in seiner bizarren Überzeichnung auch auf einer Theaterbühne stehen, und tatsächlich kommt der aus vielen Fernsehrollen bekannte Stadelmann vom Theater: Geboren 1974 in Wupptertal, spielte er nach einer Schauspielausbildung in Hamburg unter anderem an Theatern in Basel, Frankfurt und Hannover. Er war festes Ensemblemitglied am Deutschen Schauspielhaus Hamburg und bis 2019 am Berliner Ensemble.
Fernsehzuschauer kennen ihn unter anderem aus der ARD-Krimireihe "Harter Brocken", in der er die Hauptrolle spielt, den im Harz ermittelnden Polizisten Frank Koops. Vor "Liebeswut" war er 2019 als Ehemann der Supermarktkassiererin Peggy im Kieler "Tatort: Borowski und das Glück der Anderen" zu sehen.
Wie geht es mit dem Bremer "Tatort" weiter?
Der Dreh für den nächsten Fall sei "für Sommer/Spätsommer in Bremerhaven in Planung", so Mark Lührs. Der Sendetermin dürfte damit im Jahr 2023 liegen. Dann seien wieder alle drei Darsteller beteiligt.
Vielleicht liegt in dem Konzept, nicht immer in voller Besetzung ermitteln zu lassen, ja sogar die Zukunft für andere "Tatort"-Teams: Meret Becker hat gerade ihren Ausstieg aus dem Berliner "Tatort" auch damit begründet, so eine Quasi-Festanstellung als regelmässige Ermittlerin sei zwar ein grosser Luxus, nehme aber trotz der wenigen Episoden pro Jahr eine erstaunliche Menge an Vorbereitungszeit und Kreativität in Anspruch, wenn man aktiv an der Rollengestaltung involviert sein wolle.
Wer ist die Regisseurin?
"Liebeswut" ist der dritte "Tatort" von Anne Zohra Berrached, 2017 wurde "Der Fall Holdt" mit Maria Furtwängler als Hannoveraner Kommissarin Charlotte Lindholm ausgestrahlt. Schon am 6. Juni läuft "Das kalte Haus", mit den Dresdener Ermittlerinnen Karin Gorniak (Karin Hanczewski) und Leonie Winkler (Cornelia Gröschel).
"Es ist mein dritter Tatort", so Anne Zohra Berrached über "Liebeswut", "und ich habe mir vorgenommen, kein Blatt vor den Mund zu nehmen, direkt, unmittelbar und laut, unsere Geschichte zu erzählen. Wie in allen meinen Filmen möchte ich tief in die Seele von Menschen schauen." Aber, so die Regisseurin, deren Spezialität eher dokumentarische Werke sind: "Anders als bei meinen bisherigen Filmen ist mir bei diesem der Realitätsanspruch egal."
Was hat Anne Zohra Berrached vorher gemacht?
Die Tochter eines aus Algerien stammenden Gastarbeiters kam 1982 in Erfurt auf die Welt. Die studierte Sozialpädagogin arbeitete erst als Theaterpädagogin in London. Bald merkte sie, dass sie lieber Filme drehen wollte, und landete in Berlin. "Irgendwann kam die Idee, einen Film zu machen über jemanden, den ich spannend fand", erzählte sie 2013 der Webseite "regenbogenfamilien-nrw.de". "Ich wusste überhaupt nicht, wie das geht." Sie fand einen Kameramann und einen Cutter und drehte 2009 ein Dokumentarfilm über ihre libanesischen Nachbarn, den der WDR kaufte und dank dem sie an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg aufgenommen wurde.
Dort entstand als Abschlussfilm der dokumentarische Spielfilm "Zwei Mütter", für den sie auf der Berlinale 2013 ausgezeichnet wurde. Er erzählt von den Schwierigkeiten zweier lesbischer Frauen auf dem Weg zu einem gemeinsamen Kind. 2021 feierte ihre internationale Koproduktion "Die Welt wird eine andere sein" auf der Berlinale Premiere. Das Beziehungsdrama über die zunehmende Fundamentalisierung eines islamischen Ehemannes lehnt an die Biographie eines der Piloten der Anschläge vom 11. September an.
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