Echte Ermittler betonen gerne, dass echte Ermittlungen ganz anders ablaufen als im "Tatort". Weil die Polizeiarbeit im echten Leben eben mühseliger, unspektakulärer, langwieriger und langweiliger sei. Ihnen wird die erste halbe Stunde von "Azra" gefallen.
Da wird der Bruder vom Chef eines georgischen Mafia-Clans erschossen. Hinterrücks, vor seinem eigenen Nachtclub.
Ähnliches verspricht auch Eva Brunner (Zeynep Buyrac) von der Abteilung Wirtschaftskriminalität. Eine Frau mit Aktentasche. Sie ist schon lange dran am Datviani-Clan, der mit hervorragenden Verbindungen in die höchsten Wirtschafts- und politischen Kreise ein raffiniertes Netz an Unternehmen und Unternehmungen gesponnen hat und elegant am Rande der Legalität entlang segelt: Es wird nicht nur mit Immobilien, sondern vor allem mit Menschen und Drogen gehandelt, aber nachweisen lässt sich nichts.
Die Ermittlungen gestalten sich anfangs eher schwierig
Doch man habe eine Verbindungsperson eingeschleust. Die könne Fellner und Eisner bei der Aufklärung des Mordes helfen, und das wiederum helfe der Abteilung Wirtschaftskriminalität. Unsere beiden Ermittler geben sich siegesgewiss. Das sehe ja nach einem leichten Spiel aus.
Doch dann vergehen die Tage und Wochen, und niemandem kann etwas nachgewiesen werden. Der Moritz und die
Die gefährliche Gratwanderung der Informantin
Aber jetzt rückt endlich Azra in den Mittelpunkt, die Informantin. Türsteherin bei den Datvianis, Ex-Junkie, Tochter zweier toter Junkies – und eine alte Bekannte von Moritz Eisner. Er war es, der sie ursprünglich von der Strasse geholt und angeworben hat. Eine junge, coole Kämpferin. Entschlossen, Gutes zu tun, einen Weg raus aus dem Milieu zu finden, aus dem sie kommt. Sie gehöre auf die Polizeischule, sagt Moritz Eisner mit Zuneigung und väterlichem Stolz. Da lacht Azra ihn aus. Polizistin werden, so weit geht die Ehrbarkeit dann doch nicht. Aber für die Polizei zu arbeiten, das schon.
Zwischen den Welten zu wandeln, eine gefährliche Gratwanderung, niemandem wirklich verantwortlich als sich selbst – das ist ganz nach Azras Geschmack. Mariam Hage spielt sie mit einem Understatement, das Lässigkeit und Unnahbarkeit ausstrahlt und perfekt zu der Rolle einer V-Frau passt. Jetzt geht der eigentliche Fall los. Jetzt wird es persönlich. Es wird emotional und aufregend. Beherrscht Azra die Gratwanderung?
Mit einem Trick der Ermittler und viel Mut Azras gelingt es, dass sie ganz dicht an Beka Datviani herankommt. Aber dann wird es brenzlig, und Azra soll abgezogen werden. Gegen ihren Willen. Aufgebracht will sie weitermachen, im Alleingang – fast allein. Denn Moritz Eisner lässt sich überreden zu einer leichtfertigen Kamikaze-Aktion. Weil er ihr vertraut, weil er das Feuer in ihren Augen sieht – und weil er ihren unbedingten Willen nachfühlt, die Datvianis endlich unschädlich zu machen. Und dann geht etwas schief, und Azra ist verschwunden.
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Der Spannnungsbogen überzeugt
Gekonnt zieht dieser "Tatort" (Regie Dominik Hartl nach einem Buch von Sarah Wassermair) die Spannung immer weiter an. Jetzt ist Azra vielleicht in Lebensgefahr, vielleicht schon tot – und es ist Moritz Eisners Schuld. Mit diesem Gewicht auf den Schultern, dieser Sorge in den übermüdeten Augen sehen wir einen verzweifelten Mann verbissen weiterarbeiten. Darsteller Harald Krassnitzer darf wieder einmal zeigen, wie viel in ihm steckt.
Und Bibi Fellner steht dem Kollegen natürlich ungefragt zur Seite. Wenn alle Nerven blank liegen, der Einsatz hoch ist, aber das Vertrauen und die Loyalität der beiden zueinander unerschütterlich, dann läuft der Wiener "Tatort" immer zur Hochform auf. "Azra" mit seinem überraschenden Ende ist da keine Ausnahme.
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