Kommissarin Lena Odenthal ist in Schwierigkeiten – und nicht nur sie: Im "Tatort: Dein gutes Recht" geht es um die Frage, wie weit man gehen darf, um sich zu wehren. Lohnt sich der Krimi aus Ludwigshafen?
Schwere Zeiten für Lena Odenthal (
Dem schmierigen Verfahrensleiter ist anzusehen, wie sehr er sich über die Gelegenheit freut, der bekanntermassen hitzköpfigen Kommissarin eins auszuwischen. Bernd Hölscher spielt ihn mit herrlich armseliger Selbstgefälligkeit. Der Speichel scheint dem Beamten geradezu im Mund zusammenzulaufen. Odenthal sei so gereizt gewesen an diesem Tag! Dazu die fiesen Vorwürfe in den sozialen Medien! Ihre Kollegin
Stück für Stück wird der letzte Fall der beiden Kommissarinnen in Rückblenden rekonstruiert. Es geht um den Mord an dem Juristen und Dozenten Jasper Ünel (Mohamed Achour), der in der Kanzlei seiner Frau Patricia Prinz (Sandra Borgmann) erschossen wurde. Patricia Prinz ist eine skrupellose Anwältin, die alle Spielräume des Rechtssystems im Interesse ihrer Mandanten auszunutzen weiss. Sie manipuliert elegant und agiert süffisant, weswegen sie sich einen guten Ruf besonders bei Arbeitgebern erarbeitet hat, wenn es darum geht, die Arbeitsrechtsklagen lästiger Angestellter abzuwimmeln.
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Ein verzweifelter Kampf ums Recht
Aktuell vertritt sie den Manager eines Callcenters, gegen den die junge Mutter Marie Polat (Emma Drogunova) wegen ihrer fristlosen Kündigung geklagt hat. Wegen der Kündigung droht Marie, das Sorgerecht für ihren Sohn zu verlieren, das sie sich mit ihrem Ex teilt. Gegen die smarte Anwältin scheint die verzweifelte Frau vor Gericht keine Chance zu haben – wie weit würde sie gehen, um ihr Recht zu verteidigen?
Zugleich erfahren die Kommissarinnen, dass Jasper Ünel in seinen Vorlesungen die Fälle seiner Frau als Beispiele für eine juristisch zwar einwandfreie, menschlich und moralisch aber fragwürdige Gesetzesinterpretation genutzt hat. In der Ehe der beiden scheint es gekriselt zu haben – auch Patricia Prinz wäre also eine Verdächtige.
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Schritt für Schritt kann sich das Publikum ein Bild machen und selbst entscheiden, was von den Vorwürfen zu halten ist. Szene für Szene bekommt man neue Informationen, die das Gesamtbild mal ergänzen, mal für eine überraschende Wendung sorgen, mal zuvor gesehenes in neuem Licht erscheinen lassen oder als Lüge offenbaren.
Die Erzählweise ist anspruchsvoll und erfordert volle Aufmerksamkeit, aber dank des klug konstruierten Drehbuchs von Regisseur Martin Eigler wird "Dein gutes Recht" zu einem spannenden Krimi, der sein im Titel angesprochenes Thema auf mehreren Ebenen hinterfragt.
Was ist dein gutes Recht? Natürlich darfst du dich gegen einen übergriffigen Chef wehren. Aber wie weit darf die Gegenwehr gehen? Und darfst du dich gegen einen untreuen Ehemann denn nicht wehren? Oder gegen eine skrupellose Ehefrau? Und was ist mit Diskriminierung bei Bewerbungsgesprächen? Wie weit müssen Lena Odenthal und Johanna Stern ruhebedürftigen Millennials entgegenkommen, die sich auf die frei gewordene Assistentinnenstelle von Frau Keller bewerben? Es geht nicht nur um den Mordfall, "Dein gutes Recht" behandelt die Spannungen, die zwischen individuellem Gerechtigkeitsempfinden und dem Rechtssystem entstehen, in den unterschiedlichsten Lebenslagen.
Frauenpower und solidarische Stärke
Und nicht zuletzt macht "Dein gutes Recht" als Frauenkrimi Spass: Er feiert das Vertrauen zwischen Freundinnen und Kolleginnen und eine Solidarität zwischen Frauen, die keineswegs blind und bedingungslos ist. Sie bezieht ihre Stärke aus kritischem Respekt und Vertrauen, aber auch aus dem albernen Machtgehabe des Gegenübers – vor allem charakterschwache Männer, die sich an nichts anderes klammern können als an einen grossen Schreibtisch.
"Dein gutes Recht" ist der 80. Kriminalfall für Lena Odenthal. Johanna Stern arbeitet seit zehn Jahren mit ihr. Die Meinungsverschiedenheiten und Generationenkonflikte, die am Anfang oft so penetrant hervorgehoben wurden, haben endlich nichts mehr von Zickenkrieg. Die beiden sind einfach nur zwei starke Frauen, die ein starkes Team bilden.
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